Ist der Coronavirus ein Schwarzer Schwan? Belastbare Informationen sind Mangelware. Virologen kommen kaum zu Wort. Panikmachende Berichterstattung ist keine Hilfe. Märkte bisher weitgehend besonnen.
ISSF veröffentlicht Edelstahlschmelzproduktion für die ersten neun Monate in 2019. Diese spiegeln die schwache Stahlkonjunktur wider. Alle Regionen, mit der Ausnahme von China, kontrahieren.
China erkennt den volkswirtschaftlichen Nutzen von Metallschrott. Man spricht demnächst nicht mehr von Metallabfällen, sondern von „renewables“. Ein gutes Konzept, welches auch in Deutschland Tradition hat.
Nach 2010 überarbeitet die deutsche Bundesregierung ihre Rohstoffstrategie. E-Mobilität und Klimawandel machen eine Überarbeitung notwendig. Die Kreislaufwirtschaft ist ein zentrales Element und faire Märkte.

Corona lässt die Märkte (noch) kalt
Nun hat die Welt mit dem Coronavirus wieder einen sogenannten Schwarzen Schwan. Ein Begriff, der durch den Publizisten und Börsenhändler Nassim Nicholas Taleb geprägt wurde und der ein Ereignis beschreibt, welches selten ist, unerwartet eintritt und erhebliche Auswirkungen haben kann. War es zum Jahresbeginn vor dem Hintergrund der unsicheren Nachrichtenlage noch unklar, wie sich die Epidemie entwickeln würde, sprechen nun mehr und mehr die Fakten. Der vorstehende Halbsatz ist aber bei weitem nicht so selbstverständlich, waren doch Informationen aus dem Reich der Mitte, wie schon bei der SARS-Epidemie, nur sehr spärlich geflossen. Man wollte sich wohl vor der Weltöffentlichkeit und der eigenen Bevölkerung keine Blöße geben, die einen Schatten auf die Allmacht der Regierung und Partei in China hätte werfen können.

Diese Strategie blieb aber erfolglos, denn vor dem Hintergrund der alltäglichen Erfahrungen der chinesischen Bürger und im Zeitalter des Internets lassen sich die Dinge nicht mehr einfach so unter den Teppich kehren. War einer der Entdecker des neuen Virus Ende vergangenen Jahres erst von den Behörden zitiert und abgemahnt worden, da er sein Wissen öffentlich gemacht hatte, wurde der Arzt und Whistleblower Li Wenliang nun von der Regierung für seinen Mut geehrt. Leider ist dieser zuletzt selbst an einer Infektion mit dem Virus gestorben.

Waren die Börsenmärkte für Aktien und Rohstoffe bislang weitgehend besonnen geblieben und hatten sich nicht von der mitunter dramatisierenden Berichterstattung in den westlichen Medien anstecken lassen, wird es nun von den kommenden Tagen abhängen, ob der Virus doch einen nachhaltigeren Effekt auf die Entwicklung der chinesischen Volkswirtschaft und auch auf die Weltwirtschaft nehmen wird und damit zu einem ausgewachsenen schwarzen Schwan mutiert oder eher ein Schwanenküken bleibt.

Noch sind sich die Anleger dabei unsicher, denn nur ein rasches Absinken der Neuinfektionen oder die Herstellung eines wirksamen Impfstoffs, könnten als Zeichen dafür gewertet werden, dass das Schlimmste überstanden ist. Sicher wird das erste Quartal 2020 insbesondere in China ökonomische Spuren des Virus aufweisen. Über die globalen Lieferketten und die Reisefreudigkeit der Chinesen werden auch andere Nationen in größerem Maße betroffen sein. Andererseits könnte es dann aber in den Folgequartalen auch positive Nachholeffekte geben.

Die Nickelnotierung an der London Metal Exchange (LME) konnte in diesem Umfeld das Niveau von deutlich über USD 14.000/mt nicht halten und korrigierte bis auf ein Low von rund USD 12.500/mt, um sich in der Folge wieder Richtung USD 13.000/mt zu erholen. Aber auch die üblicherweise während des Chinesischen Neujahrsfest niedrigere Nachfrage nach Rohstoffen sowie die wieder deutlich angestiegenen LME-Nickellagerbestände sowie die hohen Edelstahllagerbestände in China werden ihren Anteil an der Preisentwicklung gehabt haben.

Wie es mit Corona weitergehen wird, bleibt abzuwarten, denn auch aus den meisten Informationen der westlichen Medien lässt sich nur wenig Nützliches zum Virus herausfinden. Leider kommen Mediziner und Virologen viel zu selten zu Wort. Unter denen scheint nämlich Übereinstimmung zu herrschen, dass das Virus eher harmloserer Natur ist, es sei denn man hat bereits Vorerkrankungen oder verfügt nur über ein schwaches Immunsystem. Von daher wäre es sicher interessant zu erfahren, was denn mit Li Wenliang in dieser Hinsicht gewesen ist. Ebenso liest man nichts Klares darüber, ob die Viruserkrankung bereits ansteckend ist, wenn sich noch keine Symptome zeigen.

Lieber berichten die Journalisten von Tag zu Tag darüber, wie sich die Zahl der registrierten Neuinfektionen, erhöht und über die Anzahl der Länder, die nun schon von dem Virus betroffen sind. Dabei reicht ein Fall aus, um den Länderzähler zu erhöhen. Wesentlich interessanter wäre es, einmal Überlegungen dazu anzustellen, wie hoch die eigentliche Zahl der Infektionen sein müsste, denn bei vielen Infizierten läuft die Erkrankung scheinbar relativ symptomfrei ab, was allerdings auch das Ansteckungsrisiko erhöht, da die Erkrankten nicht freiwillig das Bett hüten.

ISSF-Zahlen spiegeln Stahlkonjunktur wider
Die Veröffentlichung der Edelstahlschmelzproduktion durch das International Stainless Steel Forum (ISSF) für die ersten neun Monate des Jahres 2019 spricht klare Worte. Im Jahresvergleich mussten alle in der ISSF-Statistik abgebildeten Regionen einen Rückgang verzeichnen. So lag die Produktion in Europa um 7,2%, in USA um 7,5%, in Asien (ohne China und Südkorea) um 5,4% sowie bei den Sonstigen (Brasilien, Russland, Südafrika, Südkorea und Indonesien) um 3,1% niedriger als im gleichen Vorjahreszeitraum. Nur China machte eine Ausnahme. Der dortige Output lag um 11,7% höher, so dass per Saldo in der Welt immer noch ein Wachstum von 3,4% zu verzeichnen war. Die nachfrageinduzierten Rückgänge in der Produktion haben natürlich in den jeweiligen Märkten für eine geringere Rohstoffnachfrage mit entsprechendem Druck auf die Margen gesorgt.

Die noch ausstehenden Zahlen für das vierte Quartal 2019 sollten das Bild nicht wesentlich verändern, wobei dann vermutlich auch für China eine Abschwächung zu erwarten ist. Man braucht kein Magier oder Hellseher zu sein, um auch für das erste Quartal des Jahres 2020 eine eher zurückhaltende Erwartung zu haben, insbesondere nachdem das neu aufgetretene Coronavirus schon für die Stilllegung von Kapazitäten und Schließung von Fabriken gesorgt hat. Die Bildung der etwas ungewöhnlich scheinenden, regionalen Kategorien des ISSF ist schlicht und einfach darauf zurückzuführen, dass man erreichen möchte, dass aus den Zahlen einer einzelnen Region nicht auf die Produktion eines einzelnen Produzenten geschlossen werden kann.

Bei dem 1996 gegründeten ISSF hat sich Ende vergangenen Jahres im Übrigen eine wesentliche personelle Veränderung ergeben. Der bisherige Generalsekretär John Rowe ist aus seiner Funktion ausgeschieden. Das Amt wurde durch Tim Collins übernommen, der zuvor langjährig im Outokumpu Stainless-Konzern in den Bereichen Strategieentwicklung, Supply Chain Management, Verkauf und Marketing sowie Logistik tätig gewesen ist. Nach seinem Diplom in Metallurgie an der Universität von Sheffield begann seine Karriere bei der seinerzeit noch unabhängigen British Stainless Steel, bevor dann die Merger mit Avesta und später Outokumpu folgten.

Griechische Behörden liquidieren den Nickelproduzenten LARCO
Der griechische Nickelproduzent LARCO, welcher sich nach einem Bericht von Fastmarkets MB (Metal Bulletin) schon seit 35 Jahren in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet, muss durch die griechischen Behörden liquidiert werden. Damit liquidiert sich der griechische Staat quasi selber, da sich das Unternehmen mehrheitlich in staatlicher Hand befindet. Die Schulden sind über die Jahre auf über 400 Millionen Euro angestiegen. Auch verfügt LARCO, wie der griechische Energieminister Hatzidakis zu berichten weiß, noch nicht einmal über eine angemessene Umweltgenehmigung.

Der Schritt kommt auch insofern nicht völlig überraschend, da die Europäische Kommission zu allem Überfluss Griechenland als 55%igen Eigentümer auch noch wegen der fehlgeschlagenen Eintreibung unzulässiger Beihilfen von rund 135 Millionen Euro vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt hat. Was sicher ist, ist, dass die Beträge wohl nicht weg, sicher aber in anderen Taschen sind. LARCO produziert im Jahr übrigens geschätzte 18.000 bis 20.000 Tonnen Ferronickel, die der Edelstahlproduktion verloren gehen, es sei denn es findet sich noch ein Investor, der das Unternehmen übernehmen möchte.

China erkennt volkswirtschaftlichen Wert von Metallschrottimporten
Wie bekannt hatte China, um dem Problem der Einfuhr von Abfällen aus Wohlstandsländern zur ungeordneten Sortierung und vor allem illegalen Entsorgung von Rückständen Herr zu werden, ein weitgehendes Einfuhrverbot auf sämtliche Abfälle erlassen, zu denen per Definition unglücklicherweise als Metallabfälle natürlich auch die Metallschrotte zählen. Schrotte waren daher nach China nur noch innerhalb eines Quotensystems zu importieren. Dass es sich aber bei sauberen Metallschrotten um wertvolle, wettbewerbsfähige und vor allem auch sehr nachhaltige Rohstoffe handelt, hatte man aber bei den chinesischen Behörden dann sehr bald doch erkannt, denn es wurde eine Regelung erlassen, die entsprechende Metallschrotte mit einem neuen Namen beziehungsweise einer neuen Klassifizierung versieht.

Diese Schrotte heißen demnach nicht mehr Schrotte, sondern „renewables“, also erneuerbare Rohstoffe und fallen damit nicht mehr unter das generelle Importverbot. Das neue Regelwerk soll im Juli 2020 in Kraft treten, so dass die Schrottimporte für die zweite Jahreshälfte wieder deutlich ansteigen dürften, mit einem entsprechend positiven Einfluss auf die Preisentwicklung für diese Sekundärrohstoffe in Asien. Auch wenn diese Umbenennung in China durchaus innovativ und sicher auch tauglich erscheint, ist diese bei weitem nichts Neues. In Deutschland bestand lange vor Einführung der europäischen Abfallrahmenrichtlinie, in deren Wirkungsbereich auch die Schrotte fallen, bereits eine Kategorie zwischen Produkt und Abfall, die sogenannten Wertstoffe.

Diese sind, wie das Wort schon zum Ausdruck bringt, wertvolle Rohstoffe, wie zum Beispiel die Schrotte und wurden ihrer Eigenart entsprechend sachgemäß betrachtet und reguliert. Wertstoffe mussten also nicht die häufig unangemessene und über das Ziel hinaus schießende Regulierung durch die Abfallgesetzgebung erleiden. Insofern war die Abfallrahmenrichtlinie der Europäischen Union (EU) ein regulatorischer Rückschritt. Erst viele Jahre später wurde dieser Fehler durch die EU korrigiert, indem man die Kategorie der Abfallende-Schrotte („end of waste“) einführte, nach welcher gewisse, saubere Schrotte nicht mehr als Abfälle, sondern als Produkte zu betrachten sind.

Nur hatten sich über die Jahre die Stahlrecyclingindustrie sowie die Stahlproduzenten als Schrottverbraucher mit dem Rahmen der Abfallgesetzgebung arrangiert, so dass bis heute die meisten Schrotte, selbst wenn diese den Abfallende-Kriterien entsprechen, dennoch der Einfachheit halber als Abfälle gehandelt und gehandhabt werden. Denn die EU-Administration hatte sich auch beim eigentlich gut gemeinten Abfallende nicht ausreichend abgestimmt, denn über die Produkteigenschaft unterliegen die Schrotte und Unternehmen somit auch der REACH-Chemikalien-Verordnung, welche für die betroffenen Unternehmen mit erheblichen Kosten verbunden sowie mangelnden Erfahrungen behaftet ist. Schrotte sind eben auch keine üblichen Produkte oder Chemikalien.

Die bundesdeutsche Regierung formuliert eine neue Rohstoffstrategie
Mitte Januar veröffentlichte das Bundeskabinett die neue Rohstoffstrategie der Bundesregierung. Diese wurde unter Federführung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, in enger Zusammenarbeit mit den übrigen Ressorts, erarbeitet. Die Strategie nennt 17 konkrete Maßnahmen, die eine sichere, verantwortungsvolle und nachhaltige Rohstoffversorgung für den Industrie- und Exportstandort Deutschland sicherstellen sollen. Im Jahr 2010 wurde erstmals eine solche Rohstoffstrategie von der Bundesregierung veröffentlicht.

Das „Update“ soll die deutsche Industrie auf die neuen Herausforderungen in diesem Bereich vorbereiten. Denn Veränderungen wie die E-Mobilität und der Klimawandel haben einen Einfluss auf den Rohstoffbedarf sowie auf die Bewertung einzelner Rohstoffe. Maßnahmen der ersten Rohstoffstrategie wurden teilweise beibehalten oder weiterentwickelt. Die neuen Maßnahmen zielen allesamt auf Probleme ab, die Branchenkennern nicht neu sind.

Hierzu zählen unter anderem eine verantwortungsvolle Rohstoffgewinnung im Hinblick auf das Einhalten von Umwelt- und Sozialstandards, das Einhalten einer Sorgfaltspflicht der Lieferkette, analog zu dem bestehenden Leitfaden der OECD, aber auch die Aufstellung und Absicherung von fairen Rahmenbedingungen für Unternehmen im weltweiten Wettbewerb um die Rohstoffe (sog. level playing field). Darüber hinaus soll die Kreislaufwirtschaft gefördert werden. Die Bundesregierung möchte mit Forschungs- und Entwicklungsprojekten die Aufbereitungstechnik und Metallurgie fördern. Dies gilt insbesondere auch für Rohstoffe, welche in Zukunftstechnologien eingesetzt werden.

Führungswechsel – die LME bekommt eine Chairwoman
Die neue Vorsitzende des Boards der LME, Frau Gay Huey Evans, OBE (Officer of the Order of the British Empire), hat dem Nachrichtenportal Fastmarkets MB ein Interview über die aktuellen Herausforderungen der Börse gegeben. Die erfahrene Finanzexpertin übernahm Anfang Dezember die Position von Sir Brian Bender, welcher für fast zehn Jahre die Position des LME Chairman innehatte. In dem Interview ging sie auch auf die Zukunft des traditionellen Parketthandels ein, welcher zweimal börsentäglich stattfindet.

Auch heute sitzen die Händler noch in einem Ring aus roten Ledersofas, nach der mehr als einhundert Jahre alten Tradition und verhandeln per Zuruf oder durch Handzeichen die Rohstoffpreise. Aufgrund der Tatsache, dass heutzutage viele Marktteilnehmer nur Dreimonatskontrakte als Hedging-Instrument abschließen, sah die LME die Möglichkeit, diesen traditionellen Handel durch neue digitale Verfahren zu ersetzen.

Anfang Februar, keine zwei Monate später, entschied sich die LME dazu, den traditionellen Parketthandel im Ring beizubehalten. Denn für die Industrie ist die Preisfindung, die im Ring stattfindet, wichtig, da viele physische Verträge auf der offiziellen Schlussnotierung des Tages basieren, die dort festgelegt wird. Damit ist die LME eine der wenigen Börsen auf der Welt, welche noch über einen traditionellen Parketthandel verfügt.

 

LME (London Metal Exchange)

LME Official Close (3 Monate)
11. Februar 2020
  Nickel (Ni) Kupfer (Cu) Aluminium (Al)  
Official Close
3 Mon.Ask
13.150,00
USD/mt
5.714,00
USD/mt
1.717,00
USD/mt
 
LME Bestände in mt
  14. Januar 2020 11. Februar 2020 Delta in mt Delta in %
Nickel (Ni) 177.600 208.722 + 31.122 + 17,52%
Kupfer (Cu) 128.100 170.000 + 41.900 + 32,71%
Aluminium (Al) 1.381.175 1.239.800 – 141.375 – 10,24%

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