Jahresbeginn läuft anders als erwartet. Handelskonflikt und Brexit nur Randnotizen. Alle Augen sind auf den Iran und den Irak gerichtet. Die Auseinandersetzung mit den USA eskaliert. USA liquidiert, Iran zentrifugiert.
Börsen bleiben bisher relativ besonnen. Märkte halten eine weitere Eskalation für unwahrscheinlich. Das billige Geld trägt seinen Teil bei. Nickelkurse erholt und relativ stabil. LME-Lagerbestände deutlich höher.
China’s Schrottverbrauch könnte auf 330 Millionen Tonnen steigen. Mehr Schrott in den Konvertern zur Steigerung der Produktion trotz Kapazitätsreduzierung. Klima- und Umweltschutz in aller Munde.
Indonesien will sich gegen EU-Beschwerde verteidigen. Ausfuhrverbot auf unraffinierte Erze soll Steigerung der heimischen Wertschöpfung dienen. Indonesien will auch Player bei der Batterieproduktion werden.
Das Jahr 2020 beginnt turbulent
Zum Jahresende 2019 konnte man unvorsichtigerweise schon denken, dass das große Störfeuer des sino-amerikanischen Handelskriegs endlich auf einem konstruktiven Weg hin zu einer Lösung sei und das neue Jahr 2020 insgesamt etwas mehr Konstanz aufweisen würde. Kaum gedacht oder geträumt, da wurde man auch schon eines Besseren belehrt.

Zunächst gab es zum Jahreswechsel Randale rund um die US-Botschaft in Bagdad im Irak, gefolgt von einer gezielten Tötungsaktion der USA des iranischen Generals Soleimani, dem Kommandeur der Quds-Brigaden, einer Unterabteilung der iranischen Revolutionsgarde, die Spezialeinsätze außerhalb des Iran durchführt. Als Rache des Irans folgte der Angriff auf zwei US-Militärstützpunkte im Irak. Nur so nebenbei wurde noch in Teheran ein Zivilflugzeug der ukrainischen Luftfahrtgesellschaft Ukraine International Airlines abgeschossen, mit 176 Menschen an Bord, vorwiegend iranische und kanadische Passagiere.

Nach langem Winden und Leugnen konnte die iranische Regierung nicht mehr, als den „versehentlichen“ Abschuss der Maschine durch die iranische Luftabwehr vor der inländischen und internationalen Öffentlichkeit zuzugeben. Ebenfalls bekamen die Sicherheitsberater des amerikanischen Präsidenten Trump, auf die genannten vier US-Botschaften als iranische Anschlagsziele und Begründung für die Tötung des Generals angesprochen, rote Köpfe beziehungsweise diesen waren keine konkreten Ziele bekannt.

Die amerikanische Regierung kündigte in der Zwischenzeit weitere Wirtschaftssanktionen gegen den Iran an, seinerseits erklärte die iranische Regierung, man fühle sich nun gar nicht mehr an den bereits einseitig durch die USA aufgekündigten Atomwaffensperrvertrag gebunden und werde nun Uran anreichern, was das Zeug hält, um möglichst schnell in den Besitz von Atomwaffen zu gelangen. Es sind also kaum vierzehn Tage im neuen Jahr 2020 vergangen und die Welt steht schon wieder Kopf.

Daher wird es auch in 2020 mit schöner Regelmäßigkeit wieder heißen: „Neues Spiel, neues Glück“. Jede Woche wird eine neue oder auch alte Sau durch das globale Dorf getrieben. Der Welt und seinen wesentlichen Repräsentanten ist die Berechenbarkeit völlig abhandengekommen. Und genau das ist Gift für jede langfristige Investition oder Planung und erklärt, warum die niedrigen Zinsen der Zentralbanken, anders als in der Vergangenheit, nur in kleinen Bereichen (Aktienmärkte, Immobilien, etc.) für Inflation sorgen, aber leider nicht die gewünschten starken Investitionen bei den Unternehmen hervorrufen. Vom Brexit spricht übrigens aktuell keiner mehr, obwohl dieser am 31. Januar 2020 ansteht. Selbst in Großbritannien debattiert man lieber über den Megxit, denn Meghan und Harry möchten künftig nur noch als Teilzeit-Herzogin und Teilzeit-Prinz tätig sein. Doch das ist dann wohl eher ein Fall für die Regenbogenpresse.

Börsenmärkte (noch) relativ stabil
Bisher blieben die Börsenmärkte von den vorstehend beschriebenen Entwicklungen relativ unbeeinflusst. Zwar gab und gibt es kurzzeitige Reaktionen der Kurse auf die militärischen Ereignisse, aber am Ende kehren die Notierungen doch weitgehend wieder auf die vorherigen Stände zurück. Es heißt also „business as usual“, denn das billige und vor allem im Überfluss vorhandene Geld der Zentralbanken scheint jede kleine und mittelgrößere Krise zuzukleistern. Andererseits ist die ökonomische Bedeutung des Iran natürlich auch nicht mit einem Player wie China zu vergleichen und daher gibt es vielleicht bei der relativen Gleichgültigkeit auch eine gewisse Rationalität, was die weltwirtschaftlichen Folgen der Auseinandersetzung auf dem jetzigen Level angeht. Hoffentlich täuschen sich die Märkte nicht und es kommt doch zu einer weiteren Eskalation. Das wäre keinem zu wünschen.

Was konkret die Nickelkurse an der London Metal Exchange (LME) angeht, so konnten sich diese nach einer Bodenbildung Anfang Dezember bei ungefähr USD 13.000/mt erholen. Zwischenzeitlich handelte das Industriemetall um die Marke von USD 14.000/mt, zuletzt auf der Unterseite, was das technische Bild eingetrübt hat. Die Erholung begann schon bevor die Erwartungen an einen Deal (Teil 1) zwischen China und USA an Fahrt aufnahmen und obwohl es in der letzten Zeit zu recht regelmäßigen Zunahmen bei den LME-Nickellagerbeständen gekommen ist. So stehen diese im Augenblick wieder bei über 173.000 Tonnen, nach einem Tiefstand im November 2019 bei rund 64.000 Tonnen, also ein Anstieg von 170% in wenigen Wochen.

Ist der ominöse Käufer an den Markt zurückgekehrt und hat nun den Rückwärtsgang eingelegt (vgl. auch die Berichterstattung in vorhergehenden Ausgaben) oder gibt es andere Gründe? Mehr als deutlich wird wieder einmal, dass die Größe der LME-Bestände als Indikator für die Angebots- und Nachfragesituation wenig bis gar nicht geeignet ist. Entscheidend für die Preisentwicklung ist vielmehr der tatsächliche und erwartete Verbrauch. Bei den konkreten Bewegungen der LME-Lagermengen scheint es sich aber eher um ein Phänomen der Sichtbarkeit beziehungsweise Unsichtbarkeit zu handeln oder mit anderen Worten: das Material wurde nie verbraucht und war daher auch nie wirklich weg, auch wenn es in der Statistik vielleicht so ausgesehen hat.

Wenn man die Erwartung bezüglich der weiteren Preisentwicklung betrachtet, so kann man sagen, dass sich fundamental – also jenseits der kurzfristigen technischen Eintrübung – die Anzeichen auf eine Besserung, insbesondere auch bei der arg gebeutelten Industriekonjunktur, mehren. So wurde vor kurzem bekannt, dass die deutsche Industrieproduktion, und damit ein wichtiger Indikator in Europa, im November mit einem Plus von 1,1% den größten Zuwachs seit anderthalb Jahren verzeichnen konnte. Darüber hinaus wurde der vorherige Wachstumseinbruch um 1,7% im Oktober 2019 auf „nur“ 1% revidiert.

Sollten sich also die nicht minder zahlreichen Krisen nicht weiter verschärfen, von Lösungen möchte man hier gar nicht träumen, und nicht noch weitere neue Störungen aus der Twitterkiste hinzukommen, müsste sich eigentlich das Wirtschaftsgeschehen weiter erholen, mit einem gesunden Einfluss auf die Nachfrage nach Industrieprodukten und –rohstoffen sowie einer Stabilisierung der entsprechenden Preise. Vielleicht könnten sich die seit langem bestehenden Käufermärkte zur Abwechslung einmal wieder in Verkäufermärkte drehen. Die gesamte industrielle Wertschöpfungskette hätte das nach sehr mageren Jahren auch wirklich wieder einmal verdient.

China macht sich Gedanken über stärkere Schrottnutzung
Nach Aussagen der China Association of Metal Scrap Utilization (CAMU), so berichtet das Metal Bulletin, könnte China’s jährlicher Schrottverbrauch auf 330 Millionen Tonnen steigen und damit in etwa der Hälfte der chinesischen Stahlproduktion entsprechen. Auch wenn man mit Zahlen und Schätzungen (aus China) immer vorsichtig sein muss, so zeigt die Schätzung ganz deutlich, dass man sich in China immer mehr Gedanken über die stärkere Nutzung von Schrott als Rohstoff macht. Neben der Ökonomie geht es vor allem auch darum, die übermäßige Umweltverschmutzung in den Griff zu bekommen. Immerhin spart der Einsatz von einer Tonne Stahlschrott rund 1,6 Tonnen CO2. Laut CAMU soll der Schrott aktuell 20,1% des Inputmaterials der Stahlproduktion in China ausmachen.

Die chinesische Regierung hätte die Kapazität der Stahlproduktion und die Anzahl der Hochöfen reduziert, nun versuchten aber die Stahlproduzenten diese Reduzierungen zu umgehen, indem mehr Schrott in den Konvertern eingesetzt würde, um die Produktionsmengen so wieder zu erhöhen. In diesem Zusammenhang weist CAMU auch darauf hin, dass in 2019 in China mehr als 180 Unternehmen Genehmigungsanträge für die Aufbereitung von Schrott gestellt hätten, welche bei einem positiven Bescheid zusätzliche 40 bis 50 Millionen Tonnen an Schrottkapazität bringen würden.

Australiens Premierminister zeigt sich geläutert
In der letzten Ausgabe wurde über Forderungen des australischen Premierministers Scott Morrison berichtet, dass wirtschaftliche Interessen Vorrang vor der Umweltpolitik haben sollten. Die „selbstgefälligen und egoistischen Praktiken“ der Klimaschutz Protestierenden sah Morrison als Gefahr für den Lebensunterhalt seiner australischen Mitbürger.

Kaum zwei Monate später zeichnet sich die Kehrtwende ab. Es hat sich inzwischen wohl mehr als klar herausgestellt, dass die größte Bedrohung der Australier die verheerenden Buschbrände und nicht die Klimaaktivisten sind. In einem Interview mit dem Fernsehsender ABC reagierte Morrison nun auf Kritik im Hinblick auf sein Krisenmanagement und gab Fehler zu. Erstmals räumte er sogar ein, dass der Klimawandel Auswirkungen habe und für die Dürre verantwortlich sei. „Wir wollen die Emissionen reduzieren“, so Morrison, der bisher ein großer Förderer der Kohleindustrie war.

Indonesischer Präsident verteidigt seine Wirtschaftspolitik
Wie berichtet, reichte die Europäische Union (EU) Ende letzten Jahres bei der Welthandelsorganisation (WTO) eine Beschwerde gegen die indonesischen Exportbeschränkungen für unraffinierte Nickelerze ein. Die Europäische Kommission begründete die Beschwerde damit, dass die Beschränkungen seitens der größten Wirtschaft Südostasiens den Zugang der EU-Produzenten zu Rohstoffen ungerechtfertigterweise einschränken würden.

Daraufhin kündigte der indonesische Präsident Joko Widodo an, dass seine Politik zur Eindämmung der Exporte nicht rückgängig gemacht werden würde und Indonesien sich gegen die Beschwerde der EU bei der WTO verteidigen wird. Dabei wiederholte Widodo seine langjährige Position, dass sein Land weniger Rohstoffe und mehr verarbeitete Güter exportieren sollte, um mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze im Inland zu schaffen. Ziel soll es sein, eine integrierte Industrie zu schaffen, die die Nickelressourcen nutzt. Wenn nötig, würde sich Indonesien einer Anklage stellen, da das Exportverbot von nationalem Interesse ist, so Widodo.

Nur wenige Tage später zeigte sich in der offiziellen Exportstatistik, dass es den Exporteuren zunächst einmal gleichgültig ist, wo die Nickelerze verarbeitet werden. Im November 2019 betrugen die Exporte dieses Rohstoffs 2,7 Millionen Tonnen und damit 76% mehr als in der Vergleichsperiode im Vorjahr. Mit anderen Worten: es wird versucht, vor Beginn des verschärften Ausfuhrverbots, noch so viel unraffinierte Erze wie möglich, insbesondere nach China zu liefern.

Wie bereits mehrfach erörtert, soll Indonesien neben der Herstellung von Edelstahl, auch ein führender Zulieferer für die Automobilindustrie der Zukunft werden. Mit Hilfe des HPAL-Verfahrens (High Pressure Acid Leach), soll das für die Batterieproduktion wichtige Metall Nickelsulfat aus den Nickelerzen gewonnen werden.

Bei dem Verfahren werden Nickelerze zerkleinert und mit Wasser zu einem Schlamm vermischt, der dann erhitzt wird. Anschließend wird der heiße Schlamm in eine Art riesigen Schnellkochtopf gepumpt, wo Säure hinzugefügt wird. Am Ende lässt sich das Nickelsulfat extrahieren, sodass ein Schlamm zurückbleibt. Derzeit werden in Indonesien mindestens fünf Anlagen gebaut, die mit dem HPAL-Verfahren Nickelsulfat herstellen können. Anfang Januar 2020 hat die indonesische Regierung Umweltverträglichkeitsstudien für Fabriken zur Herstellung von Nickelchemikalien in Batteriequalität in Morowali, Zentral-Sulawesi, genehmigt. Dies war eine Voraussetzung, um den Bau der Anlagen fortsetzen zu dürfen. Die Quelle Reuters bezieht sich dabei auf den indonesischen Minister für Meeres- und Investitionsangelegenheiten. Leider konnte der Minister nicht sagen, ob die Unternehmen auch die Genehmigung für die Entsorgung von Abfällen in den Ozean erhalten haben. Es bleibt zu hoffen, dass dies nicht geschehen ist.

Asiatischer Wettbewerb bedroht die europäische Stahlindustrie
In regelmäßigen Abständen widmet sich das Handelsblatt ausführlich der europäischen Stahlindustrie und blickt dabei gerne auf die ehemalige Industrie-Ikone ThyssenKrupp. Die Überschriften übertreffen sich in ihrer Dramaturgie und lauten „Der Einstieg in den Ausstieg“, „Das Ende eines Riesen“ oder „Das Jahrzehnt der Entscheidungen“ (08.10.2019, 11.10.2019 und 09.01.20).

In dem Bericht vom 09.01.2020 beschreibt der Autor die Herausforderungen der europäischen Stahlindustrie. Neben den höheren Kosten für Energie und Personal, sind die Wettbewerber in Russland und Indien oft rückwärtsintegriert und verfügen über eigene Rohstoffvorkommen, was die Stahlwerke gegen starke Rohstoffpreisschwankungen schützt und die Verfügbarkeit sicherstellt. Hinzu kommt, dass der weltweite Stahlmarkt stark fragmentiert ist und so ein struktureller Wandel hin zu grünem Stahl schwer anzustoßen ist. Die Investitionen in das Wasserstoff-Verfahren zur Stahlherstellung sind enorm und lassen sich nur bestreiten, wenn die europäische Politik die Rahmenbedingungen hierfür stellt. Weitere Belastungen entstehen für die europäischen Stahlhersteller durch den CO2-Handel. Für jede Tonne, die nicht über ein kostenloses CO2-Zertifkat abdeckt wird, müssen die europäischen Hersteller immer teurer werdende CO2-Zertifkate nachkaufen.

Der Autor nennt in dem Artikel valide Punkte. Leider wird nicht erwähnt, dass die europäischen Hersteller von Stahl und Edelstahl bereits einen großen Beitrag zur Einsparung von CO2 leisten. Der Einsatz von Schrotten im Rahmen der Produktion führt im Vergleich zu Primärrohstoffen bereits zu einer massiven CO2 Reduktion, auch und gerade im Vergleich zu den neuen asiatischen Wettbewerbern. Betrachtet man die gesamte Wertschöpfungskette, ist der europäische Stahl umweltschonender, da nicht wenige Wettbewerber in Asian überwiegend Primärrohstoffe verwenden. Die immer teurer werdenden CO2-Zertifkate sind eine steigende Belastung für die europäischen Hersteller. Würde man auch die Vorketten der Rohstoffe für die Stahlproduktion berücksichtigen, könnten die europäischen Stahlhersteller mit dem höheren Einsatz von Schrotten zumindest teilweise finanziell entlastet werden.

Konkret könnte die Einführung eines „Schrottbonus“ unter dem Strich die CO2-Emissionen reduzieren. Dies wurde bereits in einer wissenschaftlichen Studie von dem Fraunhofer Institut IMWS analysiert. Für weitere Details sowie den vollständigen Studienbericht sei auf den folgenden Link verwiesen: https://www.bdsv.org/unser-service/publikationen/studie-schrottbonus/

LME (London Metal Exchange)

LME Official Close (3 Monate)
14. Januar 2020
  Nickel (Ni) Kupfer (Cu) Aluminium (Al)  
Official Close 3 Mon.Ask 13.770,00 USD/mt 6.280,00 USD/mt 1.797,00 USD/mt  
LME Bestände in mt
  9. Dezember 2019 14. Januar 2020 Delta in mt Delta in %
Nickel (Ni) 69.276 177.600 + 108.324 + 156,37%
Kupfer (Cu) 190.825 128.100 – 62.725 – 32,87%
Aluminium (Al) 1.288.150 1.381.175 + 93.025 + 7,22%

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