Merafe Resources Limited gibt mit großer Verspätung Ferro-Chrom-Referenzpreis für das 2. Quartal 2020 bekannt. Verfügbarkeit von Edelstahlschrott sehr beschränkt. Was passiert mit der Rohstoffnachfrage?

Schwarzer oder weißer Schwan, dass ist hier die Frage. Nassim Taleb hat da eine Meinung, wenn es um die Corona-Krise geht. Pandemiewarnungen verhallten ungehört. Vorbereitung und Weitsicht: Fehlanzeige.

Politische und öffentliche Debatten werden mehr und mehr zu dogmatischen Auseinandersetzungen unter der Gürtellinie. Wer sind die Guten und wer sind die Bösen? Das erweist der Sache einen Bärendienst.

Was hat argentinisches Rindfleisch mit indonesischen Nickelerzen zu tun? Marktinterventionen hüben und drüben. Nach Exportverbot, nun auch noch ein Mindestpreis. Was kommt als Nächstes? Immer ein Vorteil?

Edelstahlrohstoffe stabil bis aufwärts
Mit erheblicher Verzögerung gab der südafrikanische Chromproduzent Merafe Resources Limited am 22. April 2020 den europäischen Benchmarkpreis für Ferrochrom für das 2. Quartal 2020 bekannt. Die Referenz stieg von USD 1,01/lb (pound) im Vorquartal auf nunmehr USD 1,14/lb. Das entspricht einem Anstieg von 13 US-Dollar-Cents oder 12,9%. Trotz dieser Befestigung blieb die Verfügbarkeit von Edelstahlschrott niedrig, bei einem durchaus soliden Kaufinteresse der europäischen Abnehmer. Insofern waren Auswirkungen von Covid-19 bisher vornehmlich auf der Beschaffungsseite zu sehen. Logistische Gründe spielten in diesem Zusammenhang allenfalls eine untergeordnete Rolle.

Ob, wann und für wie lange die Absatzseite in Mitleidenschaft gezogen wird, hängt auch von der Geschwindigkeit der Öffnung und des Wiederanlaufens der globalen Volkswirtschaften ab. Auch geht es auf die Sommermonate zu, so dass, unabhängig von dem Pandemiegeschehen, immer auch eine gewisse vorübergehende saisonale Schwäche zu erwarten wäre. Die Londoner Nickel-Notierung zeigte sich in den letzten Wochen volatil, aber in einer recht engen Bandbreite. Der 3-Monats-Future handelte unaufgeregt zwischen USD 11.800,00/mt auf der Unterseite und bis zu USD 12.500,00/mt am oberen Rand des Preiskorridors. Aktuell steht der Preis für eine Tonne hochreines Börsennickel bei rund USD 12.200,00/mt. Im Angesicht des realwirtschaftlichen Umfelds und der Erfahrung aus einigermaßen vergleichbaren Phasen könnte man auch sagen, still ruht der See.

Wenig Substanz unter dem Gefieder
Apropos See, in einer vorhergehenden Ausgabe wurden Überlegungen angestellt, inwiefern es sich bei der Corona-Krise um einen sogenannten Schwarzen Schwan handelt. Vielleicht muss der Autor seine Auffassung hierzu revidieren, aber lesen Sie selbst und bilden sich ein Urteil. In einem Artikel der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) vom 26. April 2020 wird ausgeführt, dass es sich bei einem „Black Swan“ nach der Definition seines Erschaffers Nassim Taleb um Ereignisse in einer vernetzten Welt handelt, die praktisch unvorhersehbar sind, sich einer Planbarkeit weitestgehend entziehen und für die auch keine Erfahrungen bestehen. Auf Basis seiner eigenen Kriterien kommt Taleb daher zwangsläufig zu dem Schluss, dass die Corona-Pandemie gerade nicht zu dieser Beschreibung passt.

Im Gegenteil handele es sich um einen sogenannten Weißen Schwan, der in der einen oder anderen Form regelmäßig auftritt. Pandemien und Epidemien seien Ereignisse, die es seit tausenden von Jahren gäbe und die immer wieder eintreten würden und folglich auch keine neuen Erfahrungen seien. Selbst auf die Gefahr hin, dass die hier zuvor geäußerte Ansicht voller Scham revidiert werden muss, kann man der Einordnung von Herrn Taleb einiges abgewinnen. Denn außer dem Zeitpunkt des Eintretens war nichts unbekannt.

Sowohl hatte es Warnungen von Wissenschaftlern gegeben, auch lagen sogar Szenarien und Aktionspläne weitgehend unbeachtet in den Schubladen der Regierungen. Deswegen Schwan in weiß oder schwarz, hin oder her, die Regierungen, gerade der sogenannten hochentwickelten Länder haben sich ihr Gefieder mit allem bekleckert, nur eben nicht mit Ruhm oder Voraussicht. Und es ist nur eine Frage der Zeit, wann das Gefieder dieser Exponenten nicht nur gefleddert, sondern vielleicht auch gerupft wird.

Zielkonflikte bei der Krisenbewältigung
Die Investmentbank J.P.Morgan hat in seinem Metals Market Update vom 12. Mai 2020 eine interessante Feststellung gemacht, die man in dieser Klarheit bisher nicht häufig lesen konnte. Es heißt dort, dass politische Entscheider nicht nur mit einem Dilemma, sondern kurzfristig sogar mit einem Trilemma konfrontiert wären. In der Betriebswirtschaftslehre spricht man auch von einem magischen Dreieck, wenn es zum Beispiel um Geldanlagen geht. Bei den aktuell bezüglich Covid-19 vorherrschenden politischen Zielen, einer geringen Zahl von Infektionen und Todesfällen, einer möglichst starken kurzfristigen wirtschaftlichen Aktivität sowie Datenschutz und persönlicher Freiheit, müsste immer eines der Ziele geopfert werden, um die anderen Ziele zu erreichen, so die Autoren von J.P.Morgan.

Während einige asiatische Volkswirtschaften kurzfristig mit den ersten beiden Zielen erfolgreich waren, können und wollen andere Länder hier nicht folgen. Mittel- und langfristig sieht es noch einmal komplexer aus, da ein zu kurzer Lockdown, ebenso desaströs sein kann, wie ein zu langer Shutdown der Wirtschaft. Gerade auch die mit einer erneuten Verschlimmerung der Situation verbundene Angst und Perspektivlosigkeit kann die Nachfrage empfindlich treffen. Auch würden ein ständiges On und Off die Geschäftstätigkeit der Unternehmen zusätzlich erschweren und schädigen.

Vorschnelle Diffamierung ruiniert den Diskurs
Überhaupt hat man es anscheinend aktuell mit einer Vielzahl von Dreiklängen zu tun, zum Beispiel dem zuvor beschriebenen Trilemma und dem magischen Dreieck. Es waren zuletzt aber auch drei große Herausforderungen, die zu einer erheblichen Polarisierung der Gesellschaft geführt haben: Flüchtlinge, Klimawandel und nun Corona. Und diese Megathemen haben auch interessanterweise jeweils ein Gesicht: Angela Merkel, Greta Thunberg und das Virus (vielleicht auch die Virologen).

Dabei kommt es mitunter zu aggressiven Auseinandersetzungen um die Deutungshoheit und die Verteidigung der eigenen, als unverrückbar richtig wahrgenommenen Position. Dafür scheinen alle Mittel recht, sowohl die gesteuerte Kommunikation von Daten und Informationen auf der einen Seiten, wie Verschwörungstheorien aus mitunter dubiosen Quellen auf der anderen. Es geht um die scheinbar objektive Klärung der Frage, wer gut und wer böse ist.

Da werden schnell und gerne auch durchaus angesehene Persönlichkeiten nach vom Mainstream abweichenden Äußerungen durch die handelnde Politik und Leitmedien schnell zu Rassisten, Klima- oder Corona-Leugnern abgestempelt. Eine Beschäftigung mit den Aussagen und Argumenten im Detail findet in aller Regel nicht statt. Nach Auffassung des Tübinger Medienwissenschaftlers Bernhard Pörksen bei einem Interview im Deutschlandfunk, ist das aber ein großer Fehler der herrschenden politischen Klasse, der schon beim Thema der Migration zu erheblichen Schäden an der Debattenkultur geführt hat.

Natürlich gibt es rote Linien und groben Unfug, doch unabhängig von der eigenen Meinung, sollte der Austausch und die Reflexion über andere, angemessen vorgetragene Ansichten gerade in einer Demokratie ohne Stigmatisierung möglich sein. Der Fehler in der aktuellen Debatte läge darin, so Pörksen, dass die Regierung die Exit-Debatte zu lange unterdrückt hätte und die vorgenommene Abwägung zwischen Gesundheitsschutz und Kollateralschäden der Bevölkerung nicht hinreichend klar gemacht worden sei.

Vielmehr wurden die erlassenen Maßnahmen als alternativlos angeordnet und nicht als vernünftiges Ergebnis einer eingehenden Analyse vertreten. Nun ist der Tübinger Wissenschaftler allerdings auch der Ansicht, dass die große Mehrheit der Bevölkerung mit der Politik der Regierung einverstanden sei, da diese, durch das Studium von seriösen Medien, die Hintergründe verstehen würde. Dem muss man aber wohl widersprechen, denn wie soll die Bevölkerung Dinge verstehen, bei der in der Natur der Sache liegend, weder die Politik und auch nicht die Wissenschaft einen Durchblick hatten. Gerade letztere Wissenschaft nimmt dieses unfehlbare Wissen auch ausdrücklich nicht für sich in Anspruch, auch wenn das in der Öffentlichkeit gerne einmal übersehen wird.

Und bei seriösen Medien fallen uns Schrotthändlern vor allem die ehrlichen Immobilienmakler ein. Es scheint doch eher, dass es bislang vor allem Angst und Unbehagen waren, die die Massen beisammen und auf Spur hielten. Deshalb wird es natürlich nun bei sinkender Anspannung und zunehmender Öffnung und vor allem mehr Daten und Fakten schwieriger ein gewisses Narrativ aufrecht zu erhalten. Das ist vermutlich auch der Grund, warum die Debatte mitunter in einer solch verbalen Brutalität geführt wird, da die Regierung diesen Umschwung, wohin er auch führen mag, fürchtet.

Kein Respekt vor dem Hüter der Verfassung
Und es wird nicht nur über Verschwörungstheoretiker, Esoteriker und Impfgegner sehr pauschal und rabiat hergefallen, selbst vor dem ehrwürdigen Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wird nicht zurückgeschreckt. Seit sich das höchste deutsche Gericht über die Ankaufspolitik der Europäischen Zentralbank in anderer Weise als der Europäische Gerichtshof geäußert hatte, reißt die Kritik aus berufenem und weniger berufenem Munde nicht ab. Nun sind wir also nicht Papst oder Weltmeister, sondern zur Abwechslung einmal Verfassungsrichter. So kritisierte beispielsweise der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber im Deutschlandfunk: „Die Richter hätten ohne ökonomischen Sachverstand ein gefährliches Urteil gesprochen,… .“ Außerdem wirft er dem BVerfG vor, es hätte Haltungsnoten für den EuGH abgeben müssen, und das sei inakzeptabel.

Nun muss man wissen, dass Herr Ferber an der TU München das Studium der Elektrotechnik als Diplom-Ingenieur abgeschlossen hat. Vermutlich hat er bei dem Urteil ein politisches oder allgemeines Empfinden. Aber damit empfiehlt er sich natürlich noch nicht als ausgesprochener Kenner dieser ökonomischen und juristischen Materie. Ein wenig mehr Respekt vor dem höchsten deutschen Gericht wäre daher angebracht, zumal das Urteil mit sieben zu eins Stimmen sehr klar erfolgte. Und auch sollte einem Elektrotechniker verständlich sein, dass für Deutschland als dem größten Anteilinhaber an der Europäischen Zentralbank bei einem Schuldenschnitt für gewisse Länder die Betroffenheit durchaus maximal sein könnte.

Da es hier um die ureigensten deutschen Vermögensinteressen geht und nicht um eine politische, europäische Vision, sollte durchaus eine Zuständigkeit beim nationalen BVerfG bestehen. Das schließt im Übrigen nicht aus, dass man bei entsprechenden Mehrheiten Gesetze und Aufgaben der Europäischen Zentralbank so anpassen kann, dass sich auch ein politisches Wunschdenken in den Gesetzen entsprechend wiederfindet. Dann wäre in einem Rechtsstaat auch anders zu urteilen. Aber manchen brennen vorher schon die Sicherungen durch.

Indonesien führt Mindestpreis für unraffinierte Nickelerze ein
Regelmäßig wird an dieser Stelle über das geplante Vorhaben der indonesischen Regierung berichtet, die einheimischen Nickelvorkommen in höherwertige Produkte wie Nickel Pig Iron (NPI), Autobatterien und Edelstahl umzuwandeln. Aus diesem Grund trat Anfang des Jahres 2019 erneut ein hartes Exportverbot für unraffinierte Nickelerze in Kraft. Da es im Inland aber offensichtlich noch nicht genug Abnehmer für die Nickelerze gibt, hat das Überangebot zu einem Preisverfall der Nickelerze geführt.

Dem hat die Regierung nun entgegenwirkt. Zur Freude der Minenbetreiber gibt es seit Mitte Mai 2020 einen Mindestpreis für Nickelerze, der nur zu maximal 3% unterschritten werden darf (sogenannter Floor). Ein Sprecher des Ministeriums für Energie und Rohstoffe hat diese Maßnahme mit einem fairen Preis für die Minenbetreiber begründet. Der Referenzpreis wird monatlich ermittelt und orientiert sich an verschiedenen Weltmarktpreisen (u. a. unter Einbezug der LME). Die Praxis ist in Indonesien nicht neu. Für verschiedene Metallerze und Kohle wird ein solcher monatlicher Referenzpreis schon seit einiger Zeit ermittelt.

Um die Auswirkungen der Corona-Krise auf die indonesische Nickelindustrie abzufedern, schlug Ende April 2020 der Verband indonesischer Nickelbetreiber vor, das Exportverbot gänzlich aufzuheben. Schließlich werden mit den Erträgen aus dem Minengeschäft auch andere Aktivitäten quersubventioniert. Die Regierung lehnte den Vorschlag umgehend mit Verweis auf die Exportstatistik ab. Tatsächlich ist die NPI-Produktion, dem nächst höherwertigen Produkt aus Nickelerzen, im Q1 2020 um 62,6% gegenüber dem Vorjahresquartal angestiegen, so Macquarie Commodities Strategy. Während die Nickelerze bis letztes Jahr in China verarbeitet wurden, importiert nun China zunehmend NPI aus Indonesien.

An dieser Stelle darf auf eine Regelung in Argentinien verwiesen werden, als exemplarisches Beispiel dafür, dass staatliches Eingreifen in die Marktwirtschaft den einheimischen Unternehmen mitunter auch schaden kann. Im Jahr 2006 war Argentinien weltweit der drittgrößte Exporteur von Rindfleisch. Der Ruf des Fleisches war ausgezeichnet. Allerdings stiegen die weltweiten Rindfleischpreise so sehr in die Höhe, dass sich viele Argentinier kein Rindfleisch mehr leisten konnten. Daher erließ die Regierung im Jahr 2006 ein Exportverbot für Rindfleisch.

Kurzfristig wurde Rindfleisch aufgrund des Überangebots wieder erschwinglich. Zwischenzeitlich war es sogar günstiger als Brot. Dies führte zu einer Verarmung vieler Viehzüchter und Gauchos, die wiederum ihr Geschäft aufgaben. Der Angebotsüberhang reduzierte sich daraufhin. Wenige Jahre später stiegen die Rindfleischpreise wieder in die Höhe, mit dem Ergebnis, dass das Exportverbot langfristig nicht zu mehr Wohlstand der Argentinier geführt hat. Auch wenn nicht vollständig übertragbar, sieht man deutlich, dass Interventionen in die Märkte wohl überlegt werden müssen.

Kurzer Hinweis zur Homeoffice-Kultur
Videokonferenzen im Homeoffice mit Kind und Kegel können schön sein. Manch einer scheint sich auch mit dieser hoffentlich vorübergehenden Situation mehr als arrangiert zu haben. Doch sollten die Freunde des Homeoffice nicht vergessen, dass es ohne tatsächliche Umsätze in der realen Wirtschaft auch bald im Homeoffice nichts mehr zu arbeiten, verhandeln oder diskutieren gibt. Auch für intellektuelle Leistungen muss es einen Nachfrager geben. Eine rein virtuelle Wirtschaft ist nicht denkbar, es sei denn wir begreifen alles als ein großes Planspiel, bei dem wir unsere Einkommen als schuldenfinanzierte, staatliche Leistungen beziehen. Nicht wirklich ein Perpetuum mobile.

LME (London Metal Exchange)

LME Official Close (3 Monate)
14. Mai 2020
  Nickel (Ni) Kupfer (Cu) Aluminium (Al)  
Official Close
3 Mon.Ask
12.157,00
USD/mt
5.186,50
USD/mt
1.469,00
USD/mt
 
LME Bestände in mt
  16. April 2020 14. Mai 2020 Delta in mt Delta in %
Nickel (Ni) 230.064 233.604 + 3.540 + 1,54%
Kupfer (Cu) 260.825 282.675 + 21.850 + 8,38%
Aluminium (Al) 1.261.475 1.361.575 + 100.100 + 7,94%

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