Nickelnotierung fester. Nach langer Zeit wieder Kurse über USD 10.000,00/mt. Trotz Brexit und Chinaschwäche. Fundamental überfällig, aber die Investoren setzen vor allem auf Liquidität.

Bad News ist also Good News. Die Zentralbanken sollen es richten. Geldpolitik soll Wirtschaft und Kreditvergabe stimulieren, doch letztlich riskiert die üppige Geldversorgung eine Blasenbildung.

Der Eisenschrottpreis fährt Achterbahn. Die Chromreferenz ex Südafrika ist für das 3. Quartal gestiegen. Molybdänoxid zuletzt wieder etwas schwächer.

Der Brexit ist rational kaum nachvollziehbar. Große Unsicherheit bezüglich der Folgen und des Vorgehens. Der Pfund-Kurs zeigt schon die Richtung an. Grosso modo gibt es fünf Alternativen.

Die Nickelnotierung an der London Metal Exchange (LME) hat seit der letzten Ausgabe über USD 1.000,00/mt zugelegt. Damit notiert Nickel nach langer Zeit (endlich) wieder fünfstellig. Zuletzt waren Anfang November 2015, also vor rund 8 Monaten, Kurse von über USD 10.000,00/mt gesehen worden. Unter fundamentalen Aspekten war eine entsprechende Positivkorrektur der lange zwischen USD 8.000,00/mt und USD 9.000,00/mt dümpelnden Preise längst überfällig, denn bei vielen Nichtbörsenqualitäten zeigte sich zuletzt eine deutliche Einengung des Angebots. Ebenso erlaubt die Kostenkurve für das Metall aktuell, trotz deutlicher Kostenentlastungen durch niedrigere Energiekosten und feste USD-Kurse, nach letzten Schätzungen von Macquarie nur 55% der Produzenten einen positiven Deckungsbeitrag. 45% legen nach wie vor bei jeder produzierten Tonne dazu. Zu Jahresbeginn waren gemäß denselben Autoren noch 65% defizitär. Das kratzte den LME-Nickelmarkt aber bislang offenkundig wenig; durch die Dominanz der Finanzmarktakteure an den Rohstoffmärkten sind andere Parameter bestimmend.

Good News is Bad News und Bad News is Good News kann es da verrückterweise nur heißen. Denn das, was die Kurse zum Steigen bringt, sind keine Fundamentaldaten. Fakten, wie die robuste Edelstahlnachfrage, die genannte geringe Verfügbarkeit von off-grade-Qualitäten, die Verlustsituation der Minen und Raffinerien oder selbst die erwartete Verschärfung der Minenpolitik auf den Philippinen nach dem Präsidentenwechsel, spielen kaum eine Rolle. Was hingegen die Spekulanten stimuliert, ist die Hoffnung, dass die üppige Geldversorgung durch die Zentralbanken, die schon bei vielen (Finanz-)Anlagen blasenhafte Spuren hinterlassen hat, noch möglichst lange fortgeführt wird. Daher sind schizophrener Weise Ereignisse wie die Volksabstimmung zum Brexit in Großbritannien zwar eigentlich ein volkswirtschaftliches Desaster, aber die Logik der Märkte ist heute eine andere.

Zwar gab und gibt es kurzfristig zunächst einen Schock und eine Negativbewegung, doch schon nach kurzer Zeit können sich die Investoren durch entsprechende Statements der Zentralbanken sicher sein, dass das Casino der lockeren Geldpolitik weitergeht, denn beinahe wie bei einem Naturgesetz wird jeder wirtschaftliche Negativeinfluss mit weiterem Geld, mit weiterer Liquidität zugekleistert. Und das sollte aus Sicht der Finanzanleger weiter steigende Kurse garantieren. Daher kann man bei den zuletzt gestiegenen Rohstoffnotierungen nur zur Vorsicht mahnen, denn große Nachhaltigkeit ist bisher noch nicht zu erkennen. Denn die globalen volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich durch den Brexit nicht unbedingt verbessert. Aber die Aktienmärkte stiegen wieder und auch die Erwartung geldpolitischer Maßnahmen in China, deren Hintergrund auch nicht gerade Anlass zu realwirtschaftlicher Freude ist, gab weiteren Auftrieb. Auch könnten die zuletzt gestiegenen Nickelpreise dazu führen, dass die defizitären Nickelproduzenten die eigentlich dringend notwendigen Produktionsanpassungen zunächst wieder zurückstellen, in der seit Mitte 2014 tragenden Hoffnung, die Nickelkurse würden sich spätestens im Folgequartal erholen und sich in neue Höhen katapultieren. „Pustekuchen!“ kann man da mit Blick auf die Vergangenheit nur sagen.

Man sollte daher aktuell besser auf Sicht fahren und eher den vorsichtigen Weg suchen, als in eine möglicherweise trügerische Euphorie zu verfallen. Das ist nicht leicht, denn fundamental stehen die Zeichen eigentlich eher auf Befestigung des Nickelpreises, aber leider fehlt aktuell noch die Relevanz der Daten, wie oben diskutiert. Von möglichen „Bullenfallen“ können auch die Stahlschrotthändler ein Lied singen. Denn lagen die durchschnittlichen Lagerverkaufspreise für Stahlschrott der Sorten 2/8 nach der BDSV (Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen)-Preiserhebung für März 2016 noch bei EUR 146,50/mt ab Station/Lager, schossen diese bis Mai rasant auf über EUR 230,00/mt,  um danach beinahe genauso extrem bis auf knapp unter EUR 170,00/mt zu korrigieren. Wohl dem, der hier konservatives Back-to-back-Geschäft betrieben hat.

Auch der für den Molybdäninhalt maßgebliche Preis für Molybdänoxid zeigte sich zuletzt wieder schwächer. Dafür konnte die Entwicklung des Chrompreises einen teilweisen Ausgleich schaffen. Der zwischen den südafrikanischen Produzenten und europäischen Verbrauchern für das 3. Quartal 2016 vereinbarte Referenzpreis für High-Carbon Charge Chrome stieg auf USD 0,98 per lb Chrom. Aus den vorstehenden Angaben ergibt sich auch deutlich, dass es sich bei dem Preis für Edelstahl(schrott) letztlich auch um eine Portfolio von Rohstoffpreisen handelt, welche miteinander in unterschiedlicher Weise korrelieren. Das Jahr 2015 stellte allerdings eine atypische Ausnahme dar und zeigt, dass historisch beobachtbare Korrelationen nicht in jeder Marktphase gleichermaßen stabil sind. In 2015 hatten sich alle für Edelstahl wesentlichen Rohstoffpreise, aber auch die der meisten anderen Commodities, unabhängig davon ob Energie, Metalle, Lebensmittel oder Mineralien, unisono deutlich nach unten bewegt. Nur der Kakaopreis war mit 12% Anstieg gegenüber dem Vorjahr eine der wenigen Ausnahmen. Gar nicht so unlogisch, wussten doch schon die Mayas und Azteken, dass Kakao und Schokolade die Nerven beruhigen.

Doch kommen wir noch einmal kurz auf den Brexit zurück, ein ganz und gar nicht rühmliches Kapitel der Mutter aller weltweiten Demokratien. Schon am 15.6.1215 wurde in England die Magna Charta unterzeichnet, die die Tradition des britischen Parlaments begründete, aber zuletzt hatte man sich wohl nicht mehr allzu sehr auf diese Verantwortung besonnen. Geradezu grotesk wirkt in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass die beiden Gesichter und Wortführer der Kampagne, Johnson und Farage, inzwischen das Weite gesucht haben. Nicht weniger eigen mutet die Tatsache an, dass man nun bei der Umsetzung des herbeigesehnten Austritts nun plötzlich auf die Bremse tritt und die Austrittsverhandlungen erst im Herbst, wenn nicht noch später beginnen möchte. Doch sollte man bei aller fortwährenden Emotionalität der Debatte einen Blick auf die erwarteten, wirtschaftlichen Folgen werfen. Hinsichtlich der Ökonomie geht das Research der französischen Großbank Société Générale (SG) von einem deutlichen Wachstumseinbruch aus.

Die hiesige Empfehlung wäre daher, den österreichischen Weg zu beschreiten und mit gesichtswahrendem Hinweis auf Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung der Volksabstimmung, eine Wiederholung der Wahl durchzuführen. Inzwischen sollte das Wahlvolk über die Folgen der Entscheidung ebenso hinreichend aufgeklärt sein, wie über die Substanz der Versprechen der Gegner der EU. Doch welche Alternativen bieten sich eigentlich neben einem, vermutlich sehr unwahrscheinlichen Verbleib? Wenn es nach den Volkswirten der Société Générale geht, gibt es fünf wesentliche Möglichkeiten:

Zunächst gäbe es die Lösung norwegischer Prägung, mit einer Mitgliedschaft im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) bei einem Zugang zum gemeinsamen Markt im Austausch für eine Unterwerfung unter die Standards und Regulierungen der EU, die Freizügigkeit von Personen sowie die Leistung einer Zahlung in den EU-Haushalt (der aktuelle Pro-Kopf-Beitrag Norwegens liegt bei 90% des EU-Nettobeitrags des Vereinigten Königreichs (UK). Allerdings ist dann keinerlei Mitspracherecht bei Entscheidungen der EU beinhaltet. Man kauft sich also quasi gewisse Vorteile, die der gemeinsame Markt der EU bietet. Man könnte auch den Weg der Schweiz wählen, die ähnlich wie Norwegen Zugang zum gemeinsamen Markt hat. Dies gilt vor allem für Güter und in eingeschränktem Umfang auch für Dienstleistungen, zum Beispiel Versicherungen. Sichergestellt wird dies durch eine Reihe von bilateralen Schlüsselabkommen, die praktisch auch die Unterwerfung unter EU-Regularien erfordern.

Letztlich sind also die vier elementaren Freiheiten der Verkehrsfreiheit für Menschen, Güter, Kapital und Dienstleistungen nicht trennbar. Ebenso wäre es denkbar, dass Großbritannien einen Beitritt in die Zollunion, wie die Türkei, anstrebt. Wiederum alternativ hierzu wäre die Verhandlung eines Freihandelsabkommens mit der EU. Schließlich könnte UK die neuen Beziehungen auch den Regeln der Welthandelsorganisation WTO unterwerfen einschließlich zahlreicher Zölle und nicht-tarifärer Handelshemmnisse, die im Übrigen nun auch mit dem Rest der Welt ausgehandelt werden müssten.

Über den ökonomischen Einfluss eines Austritts gehen die Schätzungen aktuell, kaum überraschend, noch weit auseinander. SG schätzt einen Einfluss von jährlich minus 0,5 – 1% über einen Zeitraum von 10 Jahren, die Britische Industrievereinigung geht von einer Wachstumseinbuße von 1,2 – 3,5% auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) bis 2030 aus. Die britische Regierung ist deutlich konservativer und erwartet ein 6%-Minus beim BIP bis 2030.

Die letzte Entwicklung des Wechselkurses des britischen Pfunds gegenüber dem Euro und dem US-Dollar zeigt in jedem Fall deutlich, dass die Märkte nicht gerade optimistisch bezüglich einer Zukunft von UK außerhalb der EU sind. Sicher ist es aber gegenwärtig noch zu früh, wirklich belastbare Aussagen zu den weiteren Aussichten zu machen. Sicher ist es aber auch, dass die mit einem Austritt verbundenen Verhandlungen langwierig sein werden und die diesbezügliche Unsicherheit Realgüter- und Finanzmärkte für Jahre beeinflussen wird.

Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern eine erholsame Urlaubszeit und einen schönen Sommer.

LME (London Metal Exchange)

LME Official Close (3 Monate)
11. Juli 2016
Nickel (Ni) Kupfer (Cu) Aluminium (Al)
Official Close
3 Mon.Ask
10.110,00
USD/mt
4.762,00
USD/mt
1.662,50
USD/mt
LME Bestände in mt
13. Juni 2016 11. Juli 2016 Delta in mt Delta in %
Nickel (Ni) 393.732 377.736 – 15.996 – 4,06%
Kupfer (Cu) 207.625 222.600 + 14.975 + 7,21%
Aluminium (Al) 2.468.850 2.344.175 – 124.675 – 5,05%

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