Nach Seitwärtskanal, seit Anfang Juni wieder Aufwärtsbewegung bei Nickel. US-Dollar und Notenbank als Treiber. Fundamental gibt es wenig Phantasie. Nickeldurchschnitte entsprechend.

LME-Nickel-Lagerbestände reduzieren sich. Aber was heißt das schon. INSG berechnet kleines Marktdefizit für 2016. Versorgung per Saldo gesichert, einzelne Produkte knapp.

Die Käufer an der LME lassen auf sich warten. Noch offenbart Stahlschrottkontrakt neben geringer Liquidität nur unvollständige Marktabdeckung. Auch bei Nickel fehlen wesentliche Verbraucher.

Sieben der zehn größten Karbonstahlproduzenten kommen aus China. ArcelorMittal die Nummer 1. ThyssenKrupp und Tata wären gemeinsam auf Platz 4. Kulturelle Gemeinsamkeiten nötig?

Nach einer längeren Seitwärtsbewegung in der zweiten Maihälfte bei einem Niveau von rund USD 8.400,00/mt, konnten sich die Nickelnotierungen an der London Metal Exchange (LME) seit Anfang Juni wieder befestigen. Zeitweise handelten diese schon wieder oberhalb von USD 9.000,00/mt, aktuell ein wenig tiefer. Das entspricht zwar in absoluten Zahlen „nur“ USD 600,00/mt, doch bedeutet das immerhin ein relatives Plus von über 7% gegenüber Ende Mai. Bescheidenheit herrscht vor, wenn es um die Erholung der Nickelkurse geht. Wer nun denkt, hinter den Kursbewegungen würde irgendeine rohstoff-fundamentale Logik stecken, der sieht sich getäuscht. Zuletzt war es wohl eher die Entwicklung des US-Dollars, die die Preisrichtung bestimmte. Und zwar gemäß dem folgenden Zusammenhang: die amerikanische Notenbank dreht an der Zinsschraube, der US-Dollar befestigt sich gegenüber den anderen Währungen, die Rohstoffe, die üblicherweise in US-Dollar gehandelt werden, werden ausgedrückt in diesen anderen Währungen teurer und in der Folge fallen die Rohstoffpreise. Das war in etwa die Situation in der ersten Maihälfte.

Dann gab es schlechter als erwartete Wirtschaftsdaten aus den Vereinigten Staaten von Amerika. Es wurden deutlich weniger neue Stellen geschaffen, als erwartet. Die Notenbank und ihre Präsidentin Yellen werden unsicher und eine schnelle, weitere Zinserhöhung in Amerika wird zunehmend unwahrscheinlich. Der US-Dollar verliert also wieder gegenüber den anderen Währungen. Und die in US-Dollar quotierten Rohstoffe werden für das Ausland billiger. Folglich steigen die Rohstoffpreise wieder. Das ist in etwa die Situation seit Anfang Juni. Und über allem schweben Donald Trump, der Brexit, Präsident Erdogan und die Bedrohung durch den islamistischen Terror könnte man fast in einem Atemzug sagen.

Eine entsprechende Parabel bilden dann auch die verschiedenen, gleitenden Nickeldurchschnitte ab. Während die aktuellen Notierungen bei USD 8.900,00/mt liegen, liegt der 10-Tagesdurchschnitt bei USD 8.689,00/mt, der 20-Tagesdurchschnitt bei USD 8.594,00/mt und der 50-Tagesdurchschnitt bei USD 8.781,00/mt. Zwar haben die Nickellagerbestände an der LME weiter abgenommen und liegen jetzt bei 393.732 Tonnen, davon sind 30,36% cancelled warrants, aber wie schon in der letzten Ausgabe ausführlich besprochen bedeutet das letztlich wenig. Denn die Bestände an der Shanghai Futures Exchange (SHFE) nehmen weiter zu; auf der anderen Seite besteht bei den Warrant-(Lagerschein-)Besitzern der LME auf dem aktuellen Preisniveau wenig Interesse und/oder Veranlassung die verbrieften Nickelbestände zu verkaufen.

Die International Nickel Study Group (INSG) berechnet in ihrem Juni-Bulletin ein Angebotsdefizit per April 2016 bei Primärnickel von 7.100 Tonnen im laufenden Jahr. Das ist wohl zu wenig, um bei dem zuvor genannten Lagerbestand von knapp 400.000 Tonnen größere Versorgungsängste oder -phantasien aufkommen zu lassen. Es bleibt daher zu beobachten, wie sich diese Statistik im Jahresverlauf weiterentwickelt. Auch wenn in Summe wahrscheinlich kaum Engpässe bestehen, hört man allerdings durchaus von einer relativen Knappheit bestimmter Börsennickelprodukte. Das liegt auch daran, dass die sogenannten off-grade Nickelprodukte wie Edelstahlschrott, Ferronickel und Nickel-Pig-Iron auf dem niedrigen Nickelpreisniveau nur eingeschränkt verfügbar sind und zunehmend auf Börsenqualitäten ausgewichen werden muss.

Die Preise kratzt das aber auf der anderen Seite wenig, denn entweder sind diese Fakten noch nicht bei den potenziellen Käufern an der LME angelangt oder die Investoren haben sich auf dem Weg nach unten, derart die Finger verbrannt, dass erst einmal Interesse und Vertrauen zurückkehren müssen. Es fehlt vor allem, wie an dieser Stelle immer wieder artikuliert, ein stärkeres Engagement der Nickelverbraucher im weitesten Sinne, um zu einer vollständigen und repräsentativen Abbildung des fundamentalen Marktes zu kommen. Auch bei dem neuen LME-Stahlschrottkontrakt lässt sich das durchaus feststellen. Verkaufsinteresse zur Absicherung beziehungsweise Glättung der Preisvolatilität ist nach Bekunden von Brokern und Schrotthändlern durchaus vorhanden, doch fehlen die Karbonstahlwerke als Gegenposition und Käufer an der LME.

Allgemein ist die Liquidität noch sehr niedrig, doch das war auch anfänglich bei Einführung des LME-Nickel-Kontrakts der Fall. Gerade die letzten Bewegungen beim Stahlschrott (ferrous scrap) würden aber sehr für ein funktionierendes Absicherungsprodukt bei Stahlschrott sprechen. Lagen die Preise für Stahlschrott in Asien am Jahresanfang noch bei USD 180,00/mt, war bis Mitte April – insbesondere durch massive Transaktionen chinesischer Spekulanten im Eisenerz – ein Preisanstieg bis auf USD 300,00/mt und höher zu verzeichnen. Doch die Himmelfahrt und Euphorie war schnell wieder zu Ende, denn inzwischen hört man aus Fernost von wieder deutlich niedrigeren Preisen für den unlegierten Schrott.

Bei einer solchen Volatilität müssen die Unternehmen der Realwirtschaft neben möglichst niedrigen, marktnahen Beständen und einer hohen Umschlagsgeschwindigkeit auf Absicherungsinstrumente zurückgreifen, um nicht zum Spielball kurzfristiger spekulativer Interessen zu werden. Und die Prognose ist, dass uns diese Bewegungen in den nächsten Jahren weiter begleiten werden. Niedrigste Bestände auch bei den Verbrauchern befeuern allerdings diese hohe Volatilität noch, auch wenn diese teilweise zum Kennzahlenmanagement geboten sind. Denn kurzfristige Bedarfsspitzen schlagen so unmittelbar auf die Preise durch.

Ob die unlängst von einem ehemaligen Chairman der LME begonnene Diskussion um eine alternative Rohstoffhandelsplattform zur LME hier wirklich zielführend ist, darf bezweifelt werden. Denn die ohnehin schon geringe Liquidität auf noch mehr Börsenplätze zu verteilen, macht wohl einen funktionierenden und eng am fundamentalen Geschehen orientierten Markt nicht realistischer. Andererseits kann man den Ärger der Broker verstehen, dass der neue Eigentümer der LME nun versucht, einen vermutlich zu hohen Kaufpreis über immer neue und höhere Gebühren „zurückzuverdienen“. So geht es auch nicht. Die LME sollte sich in ihrem Marketing viel mehr darauf konzentrieren, wie die Produkte den Geschäftsmodellen und Bedürfnissen der (potenziellen) fundamentalen Marktteilnehmer optimal dienen können und in entsprechende Expertise und Kommunikation investieren. So holt man vielleicht doch noch die zögerlichen Verbraucher an die Börse und erhöht damit maßgeblich Qualität und Volumen.

Von letzten Roadshows der LME wird von Besuchern gerade das Gegenteil berichtet. Finanzversierte Juniorrepräsentanten haben sehr wenig Ahnung vom physischen Rohstoffgeschäft und hinterher gibt es nur noch mehr Fragen und doch keine Antworten. Und die emotionale Hürde zur Nutzung der LME ist nur wieder ein Stück höher geworden. Es ist äußerst bedauerlich, dass dem Rohstoffpreishedging auch in Unternehmer- und Unternehmenskreisen immer noch ein geradezu mysteriöser Ruf anhängt. Ursache ist häufig eine bestehende Unkenntnis sowie Berührungsängste. Dies ist gepaart mit bisher nur sehr wenigen Leuten oder Institutionen, die die Zusammenhänge allgemeinverständlich und praktisch erklären können und die zudem auch das entsprechende Vertrauen genießen. Gerade Banken, die hierzu eigentlich prädestiniert wären, fehlt mitunter aufgrund diverser Branchenskandale der Vergangenheit, dieser Zugang. Dabei ist ein angemessenes Hedging weder komplex, noch gefährlich oder teuer, sondern einfach, sicher und preiswert, wenn man einmal verstanden hat, wie es funktioniert.

Bezüglich Chrompreis verdichten sich die Gerüchte im Markt, dass es zu einem Anstieg für das 3. Quartal 2016 kommen könnte, nachdem der Benchmark-Preis zwischen den südafrikanischen Produzenten und europäischen Verbrauchern in den letzten beiden Quartalen um insgesamt 20 USD-cents per lb Chrom gefallen war. Vermutlich handelt es sich um mehr als ein Gerücht, da die von verschiedenen Preisdatenanbietern veröffentlichten Spotpreise höher liegen als der Benchmark-Preis. Diese Konstellation ist äußerst selten, da die vorgenannte Referenz in aller Regel höher liegt, als das aktuelle Marktgeschehen, mit anderen Worten: auf die Benchmark gibt es bei den effektiven Transaktionen noch einmal Abschläge.

Zuletzt wurde in diversen Medien die Liste der weltgrößten (Karbon-)Stahlproduzenten veröffentlicht. ArcelorMittal als Global Player mit Sitz in Luxemburg nimmt mit weit über 90 Millionen Tonnen, wie schon im Vorjahr, den 1. Platz ein und ist damit in der Top 10 das einzige Unternehmen, welches nicht aus Asien stammt. Man findet neben Nippon Steel & Sumitomo Metal Corporation aus Japan (Platz 3) und Posco aus Südkorea (Platz 4) noch sieben chinesische Firmen, wovon Hebei Iron & Steel Group Co Ltd (Platz 2) und Baosteel Group Corp (Platz 5) die größten Repräsentanten aus dem Reich der Mitte sind.

Nicht nur dieses Ranking zeigt, wie sich die Topographie der weltweiten Stahlproduktion in den letzten Jahren verändert hat. Als zweiter Europäer folgt ThyssenKrupp mit 17,2 Millionen Tonnen erst auf Platz 16 der Rangliste, aber immerhin drei Plätze höher als noch im Vorjahr. Nach den zuletzt bekanntgewordenen Plänen einer möglichen Transaktion zwischen ThyssenKrupp und der indischen Tata Steel Ltd könnte aber ein weiterer europäischer Player dauerhaft von der Liste verschwinden. Auch wenn beide Firmen mit T beginnen, wird die kulturelle Integration dieser beiden Firmen, so denn dieser Merger kommt, kein Frühsommerspaziergang werden.

LME (London Metal Exchange)

LME Official Close (3 Monate)
13. Juni 2016
Nickel (Ni) Kupfer (Cu) Aluminium (Al)
Official Close
3 Mon.Ask
8.875,00
USD/mt
4.528,00
USD/mt
1.582,00
USD/mt
LME Bestände in mt
17. Mai 2016 13. Juni 2016 Delta in mt Delta in %
Nickel (Ni) 405.858 393.732 – 12.126 – 2,99%
Kupfer (Cu) 156.750 207.625 + 50.875 + 32,46%
Aluminium (Al) 2.575.725 2.468.850 – 106.875 – 4,15%

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