LME-Nickelnotierung hat sich weiter befestigt. Rohstoffanalysten erweitern langsam wieder den Horizont über Covid-19 hinaus. Mittelfristprognosen werden auch weiterhin von der Elektromobilität beeinflusst.

Schrottverfügbarkeit unter Vorkrisenniveau bei respektabler Nachfrage. Corona bleibt eine Pandemie, die noch nicht abgeschlossen ist und deren dynamische Entwicklung und Folgen schwer zu greifen sind.

Medien fokussieren bei Skandalen auf einzelne Personen oder Institutionen. Selten gibt es aber nur einen „Schuldigen“. Eine Übersicht jüngerer und ältererer Beobachtungen. Medienkritik versus Kritik der Medien.

ISSF: Nickelschmelzproduktion im 1. Quartal um 5,8% gesunken. Ferrochrom Benchmark-Preis verspätet, aber unverändert in das Q3 2020. LME bemüht, die Transparenz der Lagerbestandsberichterstattung zu erhöhen.

Nickel robust bei zunehmender Volatilität
Der Anstieg der LME-Nickelnotierung hat sich in den vergangenen Wochen fortgesetzt. Mitte Juli wurde mit knapp über USD 13.700/mt ein neues Hoch erreicht. Im Juni lagen die Kurse noch bei unter USD 13.000/mt. Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch die Volatilität zuletzt, zum Beispiel aufgrund der stärkeren Spannungen zwischen den USA und China, wieder zugenommen hat. So endeten die Handelstage am 17. und 22. Juli klar im Minus und erreichten beinahe wieder USD 13.000/mt, um am 21. und 23. Juli die Verluste wieder vollständig auszugleichen. Zum Redaktionsschluss notierte der 3-Monats-Nickelfuture bei rund USD 13.500/mt.

In den einschlägigen Berichten der Rohstoffanalysten beschäftigt man sich aktuell wieder stärker mit den fundamentalen Perspektiven für die einzelnen Basismetalle. Da ist es nicht erstaunlich, dass bei Nickel auch das Thema Elektromobilität wieder in den Fokus kommt, welches die Nachfrageseite in den kommenden Jahren erheblich beeinflussen dürfte. Die Batterienachfrage und eine sich abzeichnende Konjunkturerholung – so gehen 42 von Reuters befragte Analysten im Mittel von einem Wachstum in China für 2020 von immerhin 2,2% aus – spiegeln sich daher auch in den Mittelfrist-Prognosen der Analysten wider. So erwartet die Commerzbank für das 1. Quartal 2021 einen Nickeldurchschnittskurs von USD 16.000/mt, für das Gesamtjahr sogar einen Wert von USD 17.100/mt. Aber selbst für 2020 ist eine Prognose von USD 13.300/mt, gemessen an dem wirtschaftlichen Umfeld noch robust, was im Übrigen auch durch die tatsächliche Kursentwicklung bestätigt wird.

Lockdown-Maßnahmen treiben Wirtschaftsentwicklung
Nach wie vor wird weltweit die allgemeine volkswirtschaftliche Entwicklung wesentlich auch von den Folgen der durch die Staaten zum Pandemieschutz eingeleiteten (und zum Teil schon wieder beendeten) Lockdown-Maßnahmen beeinflusst. Trotz massiver Unterstützungspakete von Regierungen und Zentralbanken ist es derzeit kaum absehbar, wie lange die Krise andauern wird. Denn es ist bei der dynamischen Entwicklung auch grundsätzlich nicht auszuschließen, dass es mit Beginn der Erkältungssaison zu einem erneuten Ansteigen der Infektionszahlen kommen wird. Und diese sind ja aktuell der Maßstab für Reaktionen durch die zuständigen Behörden.

Es wird daher vermutlich in der Praxis auch zu einem ziemlichen Durcheinander kommen, denn je nach Verlauf zeigen sich bei Covid-19 und anderen Erkältungskrankheiten mitunter ähnliche Symptome. Ohne entsprechend zuverlässige Schnelltests wird dann nicht klar sein, an was die jeweiligen Patienten erkrankt sind. Vor dem Hintergrund der zunehmend sichtbar werdenden, erheblichen wirtschaftlichen Kollateralschäden der Schutzmaßnahmen, scheint es aber ausgeschlossen, dass man dann vorsorglich alle Erkältungspatienten und deren Kontaktpersonen in kollektive Quarantäne schickt.

Auch die Stahl- und Edelstahlindustrie ist natürlich von den Folgen der Pandemie betroffen und auch wenn aus Asien erste Anzeichen der Erholung kommen, bleibt es eine Frage, ob sich in Europa, USA und anderswo eine Normalisierung in der gleichen Ausprägung und Zeit vollziehen wird. Die Verfügbarkeit von Edelstahlschrotten ist nach wie vor bescheiden, zuletzt mit einer leicht verbesserten Tendenz, aber die Nachfrage auch relativ hoch. Der Bedarf stellt sich also der üblicherweise schwächeren Sommermonate zum Trotz robust dar. Insgesamt liegen die Mengen aber immer noch unter den Vorkrisenniveaus.

Rüde Umgangsformen greifen um sich
In der Wahrnehmung des Autors wird nicht nur in den sozialen Foren des Internets die Kommunikation immer rüder, auch in den Medien beschränkt sich die Berichterstattung inzwischen nicht nur auf den Vortrag von Fakten, sondern es wird immer mehr Meinung gemacht und implizit oder unverhohlen kundgetan. Daher schwingen auch häufig erhebliche Emotionen mit, die sich natürlich auch auf die Leserinnen und Leser übertragen (sollen). Und so werden insbesondere Personen des öffentlichen Lebens regelrecht fertig gemacht, als wolle man ein Exempel statuieren.

Das heißt nicht, dass berechtigte Kritik zahnlos sein muss, im Gegenteil. Kritik kann gerne auch mit deftiger Sprache und klaren Worten geäußert werden, allerdings muss immer noch der Respekt vor dem menschlichen Gegenüber erkennbar bleiben. Mit anderen Worten, man kann und muss sich in der Sache auch respektvoll streiten. Ein krasses Beispiel ist der Unternehmer Tönnies, der durch Art und Auftreten sicher nicht auf Anhieb zu den sympathischsten Zeitgenossen gehört.

Dieser wurde ad hoc und quasi von allen Medien als der persönliche Verantwortliche für alle Missstände in Tierhaltung und Schlachthöfen identifiziert und gebrandmarkt. Auch wenn es vermutlich einiges am Geschäftsgebaren der Firma Tönnies zu kritisieren gibt, so liegt die Wurzel des Übels nicht unbedingt dort, sondern eigentlich bei den Konsumenten, Wählern und Politikern. Denn wie es scheint, will doch eine Mehrheit, die sich nun über die Zustände lautstark aufregt, vor allem eins: hygienisches und billiges Fleisch. Und dafür braucht man eben Schlachtfabriken, wie Tönnies und andere.

Wäre der ernsthafte Wille der Verbraucher wirklich vorhanden, etwas am Tierwohl und der Fleischqualität zu tun, dann läge der Anteil des Biofleischs als Alternative in Deutschland für Schweinefleisch nicht bei 1,4 Prozent, bei Geflügel bei 1,8 Prozent und bei Rind bei immer noch mageren 4,4 Prozent. Und das, obwohl es im Jahr 2000 den Rinderwahnsinn (BSE) gab, wie sich manche noch erinnern werden, und seinerzeit die deutsche Regierung eine „Agrarwende“ versprochen hatte.

Also geht es doch in den Medien und der Öffentlichkeit vor allem um eins: Jeder Skandal braucht einen Sündenbock. Bei der Love Parade-Katastrophe in Duisburg vor inzwischen zehn Jahren hatte man seinerzeit den fleischgewordenen Schuldigen in der Person des Oberbürgermeisters Sauerland schnell identifiziert, um ein weiteres Beispiel zu nennen. Die Hetze und Stigmatisierung der Medien gipfelte darin, dass die seinerzeitige Ministerpräsidentin Kraft Herrn Sauerland nicht einmal vor der Kamera die Hand geben wollte.

Auch Wirecard ist ein solcher Fall. Nun sollen es die Wirtschaftsprüfer gewesen sein. Dabei hätten auch die Medien, Bankpartner und Investoren genauer hinschauen können, wie der Financial Times Journalist, der aber allein auf weiter Flur war. Diesem schenkte man offenbar allseits weniger Glauben als der Firma Wirecard, deren „seriösem“ Management und dem Geschäftsmodell. Alle wollten sich im Ruhm des Leuchtturms deutscher Digitalisierung sonnen, wurden aber leider von den gefälschten Tatsachen vorsätzlich geblendet.

Man würde sich gerade in diesen ohnehin schon aufgeladenen und aufgeregten Zeiten von den Medien mehr ausgewogene, faktenbasierte Unaufgeregtheit wünschen. Leider ist das Gegenteil der Fall. Es wird häufig immer neues Öl ins Feuer gegossen. Und Medien sollen und müssen kritisieren, aber dürfen auch respektvoll kritisiert werden. Da bricht keinem Journalisten ein Zacken aus der Krone.

Covid-19 in Q1 2020 in Asien schon sichtbar
Das International Stainless Steel Forum (ISSF) hat die Zahlen der Edelstahlproduktion (stainless steel meltshop production) für die ersten drei Monate des Jahres 2020 bekanntgegeben. Aufgrund der Covid-19-Pandemie, die spätestens seit Beginn des Jahres ausgehend von China, nicht nur das öffentliche und private Leben, sondern in ganz erheblichem Maße auch die Wirtschaftstätigkeit beeinflusst hat, war mit einem deutlichen Rückgang zu rechnen. Und dieser spiegelt sich auch in den offiziellen Zahlen wider. Weltweit ging im 1. Quartal 2020 die Edelstahlproduktion auf 11,7 Millionen Tonnen zurück, ein Rückgang gegenüber dem Vorquartal von 5,8% sowie 8,0% gegenüber dem 1. Quartal 2019. Bei dem Vergleich ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem 1. Quartal 2019 global um ein allgemein sehr starkes Quartal gehandelt hatte.

Im Detail wird der frühe Einfluss von Covid-19 in China und Asien deutlich. In China ging die Produktion gegenüber dem 4. Quartal 2019 mit 12% am deutlichsten zurück und auch im übrigen Asien (ohne China und Südkorea) betrug der Einbruch noch 6,8%. In Europa konnte die Produktion, beinahe überraschend, um 13,1% von 1,572 Millionen Tonnen im 4. Quartal auf 1,779 Millionen Tonnen im 1. Quartal 2020 zulegen. Eine Rolle spielen hier sicher auch die durch die Europäische Union gegenüber Edelstahlimporten aus China, Taiwan und Indonesien ergriffenen Antidumping- und Safeguard-Maßnahmen.

Auch die USA konnten um 9,1% zulegen, allerdings bei geringeren absoluten Zahlen von 574 Tausend Tonnen auf 627 Tausend Tonnen. Für das zweite Quartal ist aufgrund der sich zunehmend nach Europa sowie Nord- und Südamerika verlagernden Pandemie ein anderes Bild zu erwarten. Während sich der Rückgang in China und Asien abschwächen bzw. stabilisieren, vielleicht sogar revidieren sollte, ist für Europa und die USA, ganz anders als noch im 1. Quartal, mit Einbrüchen zu rechnen.

Ferrochrom Benchmark-Preis für das 3. Quartal unverändert
Wie schon im 2. Quartal 2020 konnten sich die Verhandlungsparteien für die Europäische Ferrochrom Benchmark nicht termingerecht auf den Referenzpreis für das 3. Quartal 2020 einigen. Sie benötigten aber dieses Mal nur ein paar Tage länger, um am 6. Juli 2020 einen sogenannten Rollover bekannt zu geben. Zuletzt musste sich die interessierte Öffentlichkeit noch 22 Tage nach Beginn des Quartals gedulden, bis ein Preis feststand. Rollover bedeutet, dass der Preis gegenüber dem Vorquartal mit USD 1,14 per lb unverändert blieb. Vom 1. zum 2. Quartal hatte es noch einen Anstieg von rund 12,9% gegeben.

Bei diesem Ergebnis kann man nur vermuten, dass sich letztendlich die Covid-19 bedingten Einflüsse auf der Angebots- und Nachfrageseite die Waage gehalten haben. Das Angebot an Chromerzen und raffinierten Chromprodukten in Südafrika wurde wesentlich durch die Lockdowns und andere Maßnahmen betroffen, andererseits gab es in Europa ebenfalls Einflüsse auf die Produktionstätigkeit und Nachfrage der Edelstahlproduzenten, die vermutlich eine Preisreduzierung gerechtfertigt hätte.

Insofern wird erneut deutlich und wie hier schon diskutiert, dass die Corona-bedingten Rückgänge in den Volumen (siehe hierzu auch die Produktionsstatistik der ISSF) nicht nur die Edelstahlproduktion betreffen, sondern ebenso ein Pendant auf der Rohstoffseite – seien es nun Primärrohstoffe oder Schrotte – finden, weshalb durch die Chromproduzenten etwaigen Preisreduzierungswünschen eine Absage erteilt wurde.

(LME-)Lagerbestände sollen transparenter werden
Derzeit gibt es, laut offizieller Angaben der LME-Website (https://www.lme.com/en-GB/Trading/Warehousing/LME-warehouse-network#tabIndex=0), über 550 von der LME akkreditierte Lagerhäuser. Denn LME-Kontrakte können mit physischen Beständen abgerechnet werden, die in diesen LME-zugelassenen Lagern aufbewahrt werden. Da jedoch die meisten Teilnehmer die LME nutzen, um sich gegen ungewünschte Preisbewegungen abzusichern oder als Investoren eine Spekulation einzugehen, führen weniger als 1% der Futures zu einer tatsächlichen Lieferung von Metall. Die überwiegende Mehrheit der LME-Kontrakte wird vor der Abrechnung „glattgestellt“. Jedoch spielt der kleine Anteil an physischen Lieferungen eine entscheidende Rolle bei der Schaffung von Preiskonvergenz.

Die LME veröffentlicht daher regelmäßig die Lagerbestände in den jeweiligen Lagerhäusern. Im Wesentlichen vermitteln die Bestände eine Vorstellung von Rohstoffnachfrage und -angebot. Niedrige Lagerbestände führen in der Regel zu volatileren Preisen und erhöhen das Risiko eines „Stockouts“. In der Vergangenheit gab es kontroverse Diskussionen, inwiefern der LME Lagerbestand repräsentativ für den Gesamtbestand eines Metalls ist, da es neben den LME-Lagern auch noch weitere Vorratshaltung gibt.

Beispielsweise wurden im 2. Halbjahr 2019 große Mengen an Nickelbeständen aus den LME-Lagerhäusern entnommen und anderweitig gelagert. Mit dieser Maßnahme wurde eine Knappheit des Nickels suggeriert und der Preis mutmaßlich in die Höhe getrieben. Das Nachrichtenportal Bloomberg berichtete kürzlich, dass die LME daher zur Erhöhung der Transparenz damit beginnen wird, nun auch private Bestände aus den wichtigsten Häfen zu veröffentlichen. Alle für die LME relevanten Metalle sollen erfasst werden. Dies wird auch interessant für Aluminium sein, da während Rezessionen häufig größere Lagerbestände dadurch entstehen, dass die Produzenten die Produktion nur langsam drosseln können.

LME (London Metal Exchange)

LME Official Close (3 Monate)
24. Juli 2020
  Nickel (Ni) Kupfer (Cu) Aluminium (Al)  
Official Close
3 Mon.Ask
13.465,00
USD/mt
6.389,50
USD/mt
1.692,00
USD/mt
 
LME Bestände in mt
  15. Juni 2020 24. Juli 2020 Delta in mt Delta in %
Nickel (Ni) 232.878 234.636 + 1.758 + 0,76%
Kupfer (Cu) 247.000 141.725 – 105.275 – 42,62%
Aluminium (Al) 1.577.000 1.649.275 + 72.275 + 4,58%

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