London Metal Exchange (LME) weiterhin die Leitbörse für die Metalle. Aber die Shanghai Futures Exchange (SHFE) holt auf. Seit dem 27. März 2015 gibt es dort nun schon einen Nickelfuture.

Nickel konnte Kurse nach steilem Anstieg nicht halten. Gewinnmitnahmen bringen die Notierung zurück in Richtung 100-Tage-Durchschnitt. Fundamentaldaten kaum noch maßgeblich.

Exkurs: das Konjunkturwachstum in USA erscheint stets höher als das der EU. Das hat einen einfachen Grund, der allerdings optisch leicht zu Fehlinterpretationen führen kann.

Eine Studie von Oxford Economics belegt, dass es einen Strukturwechsel bei den Treibern der Rohstoffpreise gibt. Transparenz und Qualität der chinesischen Daten lassen zu wünschen übrig.

Auch wenn die London Metal Exchange (LME) inzwischen weltweit nicht mehr die einzige Warenterminbörse ist, an der man Nickel handeln kann, so ist diese sicher aktuell immer noch die Leitbörse für dieses Metall. Seit dem 27. März 2015 gibt es aber auch in China an der Shanghai Futures Exchange (SHFE) einen entsprechenden Nickelfuture. An dieser Börse scheint es teilweise etwas anders zuzugehen, als aus London gewohnt, aber dazu mehr bei anderer Gelegenheit. Die LME-Notierung für Nickel zeigte seit Mitte April eine insgesamt solide Aufwärtsbewegung, die die Preise zunächst über die psychologische Marke von USD 9.000,00/mt und dann weiter bis über den Widerstand von USD 9.400,00/mt führte. Im Hoch lagen die Kurse für eine kurze Zeit sogar über USD 9.600,00/mt, konnten aber dieses Niveau nicht halten. Insgesamt war diese Bewegung dann offensichtlich doch etwas zu schnell, denn es setzten Gewinnmitnahmen spekulativer Marktteilnehmer ein, die sich in der Intensität noch verbreiterten und eine durchaus deutliche Kurskorrektur einleiteten. Aktuell liegen die Notierungen in etwa auf dem 100-tägigen Durchschnitt von USD 8.600,00/mt.

Treiber hinter dem Kursanstieg war eine deutlich stärkere Kauf-/Long-Positionierung von vermutlich eher kurzfristigen Investoren, die für China nun kein „hard landing“ (rezessiver Wirtschaftseinbruch) mehr erwarten. Ebenso konnte der für viele überraschend schwächere US-Dollar sicher für einen Aufwärtsimpuls sorgen. Die Produktionsdisziplin der Nickelhersteller scheint hingegen trotz weiterhin niedriger Preise uneinheitlich. Während es auf der einen Seite Kürzungen gibt, versuchen vermutlich jene, mit den niedrigsten Kosten, den Markt weiter zu bereinigen. Wenn man etwa liest, dass Russland seine Nickelexporte im ersten Quartal um 2,7% im Jahresvergleich erhöht hat, gehört das ebenso in diese Kategorie von Nachrichten, wie die Meldung, dass die Produktion in der Ambatovy-Raffinerie in Madagaskar im ersten Quartal um 4% zurückgegangen ist.

Es gibt aber auch Aspekte auf der Makroseite, die zukünftig eine Rolle spielen könnten. Das Wachstum in den USA enttäuschte eher, ebenso tritt ein möglicher Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU), der sogenannte Brexit in den Focus.

An dieser Stelle ein kleiner Exkurs: der Autor hatte sich schon seit geraumer Zeit gefragt, warum die USA regelmäßig mit deutlich höheren Wachstumsraten aufwarten können als die EU und hatte das für sich auf den unerschütterlichen Optimismus der US-Amerikaner, deren Liebe zum Konsum oder auch simple Statistikfälschung zurückgeführt. Aber mitnichten, ein renommierter und ebenso qualifizierter deutscher Chefvolkswirt konnte helfen, die Augen zu öffnen. Es ist schlicht und einfach so, dass bei der Bekanntgabe des Quartalswachstums nach der Statistik der EU und auch Deutschlands, sich der angegebene Prozentsatz auf die Veränderung gegenüber dem Vorquartal bezieht, während bei der in den USA üblichen Form der Bekanntgabe durch die Statistikbehörde dieser Quartalswert erst einmal auf das Gesamtjahr, also multipliziert mit 4, hochgerechnet wird. Damit entspricht ein Quartalswachstum in USA von 2%, dem von 0,5% in der EU. Nicht ganz unerheblich sollte man meinen, aber auch überall bekannt? Was das aktuell und konkret für die Wachstumsdynamik in den USA heißt, wird nun sehr schnell klar, wenn man hört, dass der Zuwachs im ersten Quartal in den USA bei annualisierten 0,5% lag (also 0,125% gegenüber dem Vorquartal), während in Deutschland ein „ehrliches“ Quartalswachstum von 0,7% erreicht wurde.

Was konkret die Edelstahlkonjunktur und damit den größten Verbraucher von Primärnickel angeht, ist die Nachfrage offenbar robust. Insbesondere, nachdem bei dem geringen Rohstoffpreisniveau, alternative Nickelträger, wie Edelstahlschrott und andere Class B-Nickelqualitäten, vielleicht nicht mehr in gleicher Fülle verfügbar sind, wie noch in der ersten Hälfte des Vorjahres.

Doch inwieweit das heute hinsichtlich der Kursbewegung und Kursrichtung wirklich noch eine wesentliche Rolle spielt, ist sicher zu diskutieren. Es bleibt daher, wie es ist: die Vorhersage zukünftiger Rohstoffpreise gehört mit zu den schwierigsten Disziplinen der Wirtschaftsprognose.

So schreibt Dan Smith, Analyst bei Oxford Economics, in der neuen Ausgabe des Metal Bulletin Magazine in einem Artikel mit dem Titel „Ein neues Paradigma entsteht/A new paradigm emerges“, dass es erhebliche statistische Evidenz gibt, dass sich die strukturellen Treiber der Rohstoffmärkte geändert haben. Insofern nicht allzu weit entfernt von der eher indizienbezogenen Theorie, die hier schon seit geraumer Zeit vertreten und schließlich schon in der Oryx Stainless-Studie in 2011 wissenschaftlich bestätigt wurde. Für Öl und Kupfer zeigt sich bereits seit 2003 ein Strukturbruch, der sich im Zuge der Finanzkrise noch verstärkte. Und das dürfte für Nickel nicht wirklich verschieden sein. Insbesondere waren die Lagerbestände beziehungsweise deren Veränderung zuvor stets ein guter Indikator für zukünftige Preisbewegungen, so Smith. Nach hiesiger Auffassung stimmt diese Aussage zwar, allerdings mit der Einschränkung, dass die Lagerbestände vermutlich noch nie ein wirklich guter Indikator für bestehende Angebotsüberschüsse oder –defizite waren, sondern vielmehr sich die meisten Marktteilnehmer „brav“ an diesen vermuteten Kausalzusammenhang gehalten haben.

Das ist heute definitiv nicht mehr so. Zu divers sind heute die Marktakteure und sonstige makroökonomische und finanzielle Faktoren gewannen die Oberhand und Deutungshoheit. Der Dollar und die Entwicklung der Aktienbörsen haben damit heute einen stärkeren Einfluss als die Fundamentaldaten eines Metalls. Als wesentlich für diese Veränderung sehen die Analysten von Oxford Economics zwei Faktoren an: China und die Investoren.

Bezüglich China sind es vor allem die äußerst unzuverlässigen und zum Teil widersprüchlichen statistischen Daten, die keine verlässlichen Aussagen zum jeweiligen, wirklichen Einfluss China’s auf die Nachfrage zulassen. Deshalb müssen sich Investoren und Spekulanten, so die Autoren, notgedrungen auf andere, einfacher messbare und verständliche Variablen stützen.

Ferner meint Dan Smith, dass darüber hinaus der wesentlichste Einfluss von den Investoren selber kommt. Denn diesen fehlt es nicht selten an der tiefen Erfahrung bei Rohstoffinvestments, wenn man einmal Gold und Öl außen vor lässt. Auch wurden die Rohstoffe zu einer eigenen Anlageklasse neben den Aktien und Anleihen. Neue Produkte wie physische ETFs (Exchange-Traded Funds) und Indexzertifikate wurden geschaffen, um die Nachfrage aus dem Investorenbereich zu bedienen. Daraus entwickelte sich aus verschiedenen Gründen eine spekulative Blase, die mit der Abschwächung des chinesischen Wachstums zu einem jähen Ende kam, indem sich die Investoren mangels Rendite scharenweise wieder von den Rohstoffmärkten abwendeten und es so zu einer langjährigen Abwärtsspirale der Rohstoffpreise kam.

Interessanterweise gab es immer kurzfristige Spekulanten in den Rohstoffmärkten, die zu einer Verstärkung von Bewegungen, aber auch für schnellere Anpassungen sorgten. Die erhebliche Verwerfung geht aber nach Ansicht der Analysten auf das Konto der längerfristigen Investoren und deren Investitions- zuletzt eher Desinvestitionsentscheidungen. Dennoch ist man für die Zukunft optimistisch und der Artikel endet insofern versöhnlich, dass zwar aktuell weiterhin die Finanzinvestoren den Markt fest im Griff haben, dass es aber nach wie vor im Hintergrund weiter die Fundamentaldaten gibt, die nicht vergeblich auf ein Comeback warten.

In die Kerbe der Datenqualität schlägt auch eine Veröffentlichung der Nachrichtenagentur Reuters vom Anfang des Monats. Es heißt dort, dass das staatliche chinesische Statistikbüro die Veröffentlichung von Produktionsdaten für einige Schlüsselrohstoffe (darunter zahlreiche Öl- und Metallprodukte) gestoppt hat, um den illegalen Verkauf von Daten durch Regierungsbedienstete zu verhindern. Damit werden weitere Zweifel an der Datentransparenz und -zuverlässigkeit der zweitgrößten Volkswirtschaft der Erde laut. Das Fehlen von Daten macht es für Ökonomen aber extrem schwierig, die Stärke der lokalen Nachfrage zu beurteilen. Diese ist aber entscheidend, um beispielsweise festzustellen, wie erfolgreich die Maßnahmen der Regierung sind, den Wachstumsrückgang aufzuhalten. Die Daten werden grundsätzlich über die Website des National Bureau of Statistics (NBS) veröffentlicht (www.stats.gov.cn/english/), doch scheint detaillierteres Datenmaterial auf anderen Wegen verteilt worden zu sein. Der Leiter des Statistikbüros musste bereits im Februar seinen Posten räumen, nachdem Ermittlungen eingeleitet worden waren. Die Marktanalyse befindet sich mit anderen Worten im Ausnahmezustand.

In einem Beitrag im deutschen Wirtschaftsmagazin Capital schreibt der Autor über das Klagen der Unternehmen ThyssenKrupp und Salzgitter über unfaire Konkurrenz aus China. Den Artikel überschreibt er äußerst medienwirksam und gezielt mit „Déjà-vu – Die Heulsusen der deutschen Industrie“. Unabhängig davon, dass es überall auch berechtigte Kritik geben darf und muss, sollte man aber in diesem Fall und allgemein vorsichtig sein und auch eine gewisse Differenziertheit an den Tag legen. Das gelingt dem Verfasser nicht, da es ihm offensichtlich eher an dem Effekt, als an einem Beitrag zur Analyse geschweige denn Verbesserung der Lage gelegen ist. Ihm fehlen auch elementare Kenntnisse von Stahlmarkt und -produktion, Außenwirtschaft sowie Umweltökonomik. Daher darf die Auseinandersetzung hier auch emotional und nicht faktenbezogen stattfinden.

Zum Beispiel könnte man ebenso polemisch argumentieren, dass viele Journalisten erstens alles wissen und zweitens auch noch besser. Oder sich fragen, was denn die Verlagsbranche ist, wenn die deutsche (europäische) Stahlindustrie die Heulsusen sind: etwa der Gutenberg‘sche Buchdruck also das Auslaufmodell der deutschen Industrie? Auch könnte man dann manche Tageszeitungsverlage als die Analphabeten der deutschen Wirtschaft bezeichnen, wenn man sich die grammatikalische Qualität der Artikel ansieht, vom Inhalt ganz zu schweigen. Da eine solche Art von Kritik aber zu nichts führt, da diese schlicht unfair ist, haben wir die vorstehenden Beispiele auch nur exemplarisch aufgeführt und um uns direkt davon zu distanzieren, in der Hoffnung zukünftig mehr Sachlichkeit, Expertise und Fokus festzustellen. Denn von dieser journalistischen Gattung gibt es zum Glück auch noch zahlreiche Vertreter.

LME (London Metal Exchange)

LME Official Close (3 Monate)
17. Mai 2016
Nickel (Ni) Kupfer (Cu) Aluminium (Al)
Official Close
3 Mon.Ask
8.695,00
USD/mt
4.629,00
USD/mt
1.543,00
USD/mt
LME Bestände in mt
18. April 2016 17. Mai 2016 Delta in mt Delta in %
Nickel (Ni) 423.690 405.858 – 17.832 – 4,21%
Kupfer (Cu) 147.275 156.750 + 9.475 + 6,43%
Aluminium (Al) 2.705.550 2.575.725 – 129.825 – 4,80%

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