Eine Schockwelle geht um die Welt
Der Edelstahlmarkt befindet sich weiterhin, vielleicht passend zum Wetter der Jahreszeit, in einer Herbstdepression. Wobei der Terminus universell nicht richtig ist, denn auf der Südhalbkugel ist gegenwärtig schon Frühjahr. Global und vor allem in Europa wird die eher mäßige Dynamik der Wirtschaftsleistung wesentlich von den Dienstleistungen getrieben und weniger von der Industrie oder dem verarbeitenden Gewerbe. Und ganz bestimmt nicht von der Bauwirtschaft. Insofern wird wenig investiert, trotz langsam fallender Zinsen, denn die Unsicherheit ist hoch. Und der Bedarf nach entsprechenden Rohstoffen und Komponenten ist entsprechend gering.
Das ist kein Wunder in einer Phase der Kontraktion, verbunden mit geopolitischen und sonstigen Konflikten und einem Vertrauensverlust der Bevölkerung in die jeweiligen politischen Systeme. Bei den Demokratien in dieser Welt tritt das angesichts der Wahlergebnisse und Regierungskrisen offen zu Tage, während man in anderen Ordnungssystemen aber auch nicht gerade das Gefühl hat, die Menschen lägen sich im Überschwang großer Freude und Zufriedenheit ständig in den Armen.
Zuletzt wurde auch das Wahlergebnis in den USA intensiv diskutiert, aber wenig kontrovers, sondern wie in diesen Zeiten so häufig mit einer klaren Einordnung hinsichtlich Gut und Böse. Der Autor durfte in diesem Kontext zwei interessanten Vorträgen folgen. In diesen nahmen echte Kenner und Beobachter – und das ist hier bei weitem nicht ironisch gemeint – des Ex-Präsidenten und seiner damaligen Administration sowie des nun demokratisch erneut gewählten Präsidenten Donald Trump eine Einordnung des Ergebnisses vor.
Es ging konkret um Dinge wie die Ankündigung zu Beginn der Präsidentschaft erst einmal 4.000 Beamte in Washington in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen, einen möglichen Rachefeldzug gegen Justiz- und Sicherheitsbehörden sowie zukünftige Besetzungen und das zu erwartende Verhalten des Supreme Courts (höchstes Gericht der USA) bei strittigen Gesetzen und Handlungen, die gefürchtete Unberechenbarkeit Trumps sowie die Präferenz für Teams of Rivals (unterschiedlicher Denkschulen).
Klar ist, dass die erneute Präsidentschaft mit einem Paukenschlag beginnen könnte, denn im Unterschied zum ersten Mal verfügt der neue, alte Präsident über einen entsprechenden Apparat und auch entsprechende Regierungserfahrung. Weiterhin gibt es eine Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses (Parlaments), dem Senat und dem Repräsentantenhaus, welches die Verabschiedung von Gesetzen einfacher machen sollte. Natürlich durften in der Erörterung auch die angedrohten Zölle, der Handelskrieg mit China und weiteren Ländern und Regionen nicht fehlen. Es ging auch um die Notenbankpolitik und den Umgang mit derselben, die Haushaltspolitik und Budgetdefizite, die Außen- und Sicherheitspolitik und auch die Klimapolitik.
Per Saldo wurden schließlich die folgenden, zu erwartenden „Megatrends“, hinsichtlich der neuen Präsidentschaft, aber auch schon davor und auch danach, herausgearbeitet: 1. Ein zunehmender Protektionismus und eine Marginalisierung der Welthandelsorganisation (WTO), 2. Die Fixierung der USA auf China zu Lasten von Europa und anderen Regionen, 3. Die abnehmende Bereitschaft der Amerikaner für die Bündnispartner Lasten zu tragen und 4. Eine fortschreitende Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft.
Nach Abschluss der jeweiligen Vorträge war die Laune der Zuhörerinnen und Zuhörer mindestens nicht besser als vorher, da die neue Präsidentschaft insgesamt als nicht sehr positiv für die meisten anderen Länder und insbesondere Deutschland und die Europäische Union (EU) bewertet wurde. Aus diesem Grund wurde die Frage gestellt, ob es denn nicht bei den zahlreichen Herausforderungen doch irgendetwas Positives zu sagen gäbe, was zunächst mit Sprachlosigkeit und Schulterzucken des Referenten beantwortet wurde. In einem zweiten Anlauf versuchte man sich mit der „positiven“ Botschaft, bei den Zöllen würde es für Deutschland und die EU hinsichtlich der direkten Effekte schon nicht so schlimm kommen, weil das eine volkswirtschaftliche Analyse ergeben hatte. Und Präsident Trump sei vermutlich kein Kriegstreiber.
Zugegeben musste sich der Fragende und Autor dieser Publikation dann selbst prüfen, was er denn auf diese gemeine Frage geantwortet hätte. Und tatsächlich, es gibt doch etwas sehr Positives. Ohne massiven äußeren Druck, so zeigt es die Erfahrung, ändert sich in der Regel wenig und es geht meistens doch weiter wie bisher. Das ist so, weil es schlichtweg das Bequemste ist. Der Wohlstand lädt auch zu manchen Fehleinschätzungen und mitunter massiven Fehlentscheidungen ein, ganz nach dem Motto, nichts zu tun wäre besser gewesen, als auch noch aktiv einen Schaden anzurichten. Deutschland in den letzten zwanzig Jahren ist vermutlich ein Beispiel dafür.
Nun aber, mit einem entsprechend disruptiven und auch durchsetzungs- und konfliktbereiten Präsidenten Trump werden Institutionen, Politik und Bürger aus ihrer Komfortzone gescheucht und auf die Bewährungsprobe gestellt. Im besten Falle, und das ist eine berechtigte Hoffnung, besinnt man sich auf die ohne Zweifel vorhandenen Stärken und trifft nun unter dem bestehenden Druck endlich die dringend überfälligen Entscheidungen. Das wird nicht immer angenehm sein und auch zunächst mit Kosten und vielleicht auch Wohlstandverlusten verbunden sein. Letztendlich werden aber die betroffenen und handelnden Länder in eine bessere Zukunft geführt bzw. die notwendige Zukunftsfähigkeit endlich hergestellt.
Und dafür gibt es nicht nur einen richtigen Weg, sondern die Koexistenz alternativer, guter Wege. Dabei kann man auch, ohne die eigenen Interessen aus den Augen zu verlieren, mit einem Präsidenten Trump reden und „Deals machen“. Aber nur, wenn man (wirtschaftliche und strategische) Bedeutung, Argumente und Angebote hat, sich mit anderen zusammenschließt und vor allem vorbereitet ist. Denn Trump hat sich die letzten vier Jahre sehr detailliert auf seinen Sieg vorbereitet. Diesen Ruck, der nun durch die ganze Gesellschaft gehen muss, haben die letzten und gegenwärtigen Bundeskanzler oder Bundespräsidenten jedenfalls nicht hinbekommen. In diesem Sinne, Ärmel hochkrempeln und loslegen!
Der in diesem übergroßen Zusammenhang fast unbedeutende Nickelmarkt an der London Metal Exchange (LME) hält sich mit Notierungen um USD 16.000,00/mt wacker, was aber auch mit der Produktionskostenkurve und gewissen Angebotsverknappungen in Indonesien zu tun hat. Mitte November waren die Kurse auf ein Tief von um USD 15.500,00/mt gefallen. Trotz der Erholung blieben die Preise in einer gewissen Bandbreite ziemlich volatil .
EZB bezieht klare Stellung gegen Zölle und Handelsbarrieren
In einer Pressekonferenz bezüglich der Senkung der Leitzinsen am 17. Oktober 2024 betonten Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), und Vizepräsident Luis de Guindos die Bedeutung des freien Handels für die europäische Wirtschaft. Beide stellten klar, dass jede Verschärfung von Handelsbarrieren und Zöllen der EU-Wirtschaft schaden würde. Lagarde unterstrich, dass Handel – neben Konsum und Investitionen – ein zentraler Treiber der wirtschaftlichen Aktivität ist und dass jede Einschränkung oder Unsicherheit im Handel nachteilig für die offene europäische Wirtschaft wirkt. Zusätzliche Zölle oder andere Handelsbarrieren würden die Handelsmöglichkeiten der EU mit dem Rest der Welt einschränken.
Aktuelle Wirtschaftsdaten aus den USA, der Eurozone und Großbritannien deuten auf eine sich stabilisierende globale Konjunktur hin. In den USA stiegen die Einzelhandelsumsätze im September, und die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe ging zurück, was auch weiterhin die Hoffnung auf eine „weiche Landung“ der US-Wirtschaft unterstützt. Auch die Eurozone sendet positive Signale: Die Inflation ist auf den niedrigsten Stand seit 2021 gefallen, was der EZB mehr Spielraum für geldpolitische Maßnahmen lässt. In Großbritannien stärken sinkende Inflation und eine Rekordzahl neu geschaffener Arbeitsplätze die Stabilität der Wirtschaft weiter.
Auf der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) warnte Lagarde zuletzt vor den Auswirkungen zunehmender Handelsbeschränkungen, die die Inflation verstärken und die globale Wirtschaft belasten könnten. Lagarde forderte internationale Zusammenarbeit, um wirtschaftliches Wachstum zu fördern und vor dem Abdriften in Protektionismus zu warnen, insbesondere da geopolitische Spannungen zunehmen.
Der jüngste Beschluss der EU-Kommission zu Zusatzzöllen auf die Einfuhr von Elektroautos aus China konterkariert die mahnenden Worte Lagardes. Obwohl Deutschland Anfang Oktober aus Sorge von einem großen Handelskonflikt gegen die Strafzölle votierte, stimmte aber eine ausreichend große Mehrheit anderer EU-Staaten dafür. Als Reaktion könnten im Umkehrschluss höhere Zölle bei der Einfuhr von Verbrennern mit großem Hubraum aus der EU in Richtung China folgen, wovon insbesondere deutsche Automobilhersteller und deren Zulieferer betroffen wären.
Abzuwarten bleibt außerdem, wie sich in diesem Zusammenhang die Neufassung der Abfallverbringungs¬ver-ordnung (AVVO) auf Exporte von Abfällen in Länder außerhalb der EU auswirkt. In unserer letzten Ausgabe berichteten wir bereits ausführlich darüber. Zwar stellt die Neuerung der AVVO kein explizites Exportverbot dar, jedoch würde der freie Handel dadurch indirekt behindert werden, was dann genau so schädlich wäre, wie explizite Handelsbarrieren, vor denen seitens der EZB gewarnt wird.
Nickelmarkt steht vor Herausforderungen durch sich ändernde EV-Batteriedynamik
Der Boom bei Elektrofahrzeugen (EV = electric vehicles) hat die Nachfrage nach Metallen wie Lithium, Nickel und Kobalt deutlich angekurbelt. Doch die jüngsten Trends auf dem EV-Markt haben die Preise und die Nachfrage nach diesen Metallen erheblich beeinflusst, insbesondere bei Nickel.
Die starken Preisanstiege dieser Metalle in den Jahren 2021 und 2022 in Verbindung mit einer schleppenden Nachfrageentwicklung haben zu einer Überproduktion und somit zu einem Angebotsüberschuss geführt. Trotz eines Anstiegs der globalen Verkäufe von Fahrzeugen mit alternativer Antriebstechnik um 20% im Jahr 2023 insgesamt, hat sich der Markt dramatisch hinsichtlich der verkauften Fahrzeugtypen verändert. Die Beliebtheit von reinen Elektrofahrzeugen (BEVs) hat aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Reichweite und der unzureichenden Ladeinfrastruktur abgenommen. Stattdessen haben Hybrid- und Plug-in-Hybridfahrzeuge (PHEVs), die eine Batterie mit einem Verbrennungsmotor kombinieren, an Popularität gewonnen. In den ersten acht Monaten des Jahres 2024 verlangsamte sich das Wachstum der BEV-Verkäufe auf 10% im Jahresvergleich, während die PHEV-Verkäufe um 46% zunahmen.
China, der größte Elektrofahrzeug-Markt, hat inzwischen die sogenannten EREVs, also „Extended-range Electric Vehicles” eingeführt, eine Art PHEV, das den Benzinmotor ausschließlich zum Aufladen der Batterie verwendet und somit eine Reichweite von über 1.000 Kilometern ermöglicht. EREVs machen nun 31% der Plug-in-Hybridverkäufe in China aus. Adamas Intelligence zufolge, sind vergleichbare Entwicklungen nun auch in Europa und den USA zu erwarten.
Der Übergang zu Hybriden hat den Bedarf an Lithium, Nickel und Kobalt in Batterien verringert, da die Batteriekapazität von PHEVs nur etwa ein Drittel der Kapazität von reinen Elektrofahrzeugen beträgt. Darüber hinaus sind Lithium-Eisenphosphat Akkumulatoren (LFP), die weder Nickel noch Kobalt erfordern, immer beliebter geworden. Der chinesische EV-Batterie Hersteller CATL stellte im April 2024 die neue LFP-Batterietechnologie vor, welche eine günstigere und umweltfreundlichere Alternative zu herkömmlichen Nickel-Mangan-Kobalt-Batterien darstellt.
Mit der zunehmenden Verbreitung der LFP-Technologie wurden die Nachfrageprognosen für Nickel und Kobalt nach unten korrigiert. Da Automobilhersteller wie Ford und General Motors Interesse an LFP-Batterien bekunden, sieht die Zukunft von Nickel im Elektrofahrzeug-Markt unsicher aus. Der Markt muss sich noch an diese sich entwickelnden Technologien und Verbraucherpräferenzen anpassen, die in der Lage sind, die Nachfrage nach Metallen in der EV-Industrie wesentlich in Struktur und Mengen zu verändern. Aber das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen, da sich auch die technologische Entwicklung weiter im Fluss befindet.
Indonesiens Nickelbilanz und Downstreaming-Bemühungen
Die Preise für Nickel-Roheisen (NPI) stiegen Ende Oktober merklich an, nachdem Indonesien Pläne zur entsprechenden Regulierung von Angebot und Nachfrage von NPI angekündigt hatte. Die indonesische Wirtschaft hat in der Vergangenheit in hohem Maße von der Produktion von NPI profitiert, will nun aber auch die Teilhabe an der Wertschöpfung der nachgelagerten Nickelprodukte wie Batterien und Edelstahl weiter ausbauen.
In einer Erklärung gegenüber Reuters und anderen Medien sagte der Bergbauminister Bahlil Lahadalia, dass „der Staat präsent sein muss, um [Anmerkung des Verfassers: ein Gleichgewicht von] Angebot und Nachfrage aufrechtzuerhalten. Wenn das Angebot groß und die Nachfrage klein ist, wird der Preis fallen“. Ohne einen konkreten Zielpreis zu nennen, sagte Bahlil im selben Interview, dass „die Preise und die Nachfrage der Hüttenwerke als Parameter für die Berechnung des Marktgleichgewichts herangezogen würden“.
Nach dem Amtsantritt des neuen Präsidenten Prabowo Subianto setzt Indonesien die Politik seines Vorgängers Joko Widodo fort, der das Land durch Erzausfuhrverbote und NPI-Investitionsanreize zu einem der wichtigsten, weltweiten Nickellieferanten machte. Diese Industrialisierung unterstützt Indonesiens Ziel, den Status einer entwickelten Nation zu erreichen.
Trotz (oder vielleicht sogar wegen) der wesentlichen Umweltfolgen hat die Nickelindustrie des Landes erhebliche Kostenvorteile gegenüber westlichen Minenunternehmen. Mit seinem SIMBARA-Überwachungssystem, über das wir in der August-Ausgabe berichteten, verstärkt das Land die Kontrolle und Aufsicht über diesen industriellen Sektor.
Auch nachgelagerte Investitionen werden angestrebt. Die südkoreanische Hyundai kündigte in diesem Sommer eine Batterieproduktion in Indonesien an, während China aber weiterhin eine dominierende Rolle spielt. Erst im Oktober gab die chinesische CNGR als weltführender Hersteller hochentwickelter Energiematerialien für Lithium-Ionen-Batterien, Pläne für eine 10 Milliarden Dollar teure Batteriefabrik bekannt. Indonesien nutzt seinen 280-Millionen-Einwohner-Markt aggressiv, um Investitionen anzuziehen und seine Position in der Wertschöpfungskette zu verbessern, wie das Verkaufsverbot für das iPhone 16 zeigt, dass gegen Apple wegen mangelnder inländischer Investitionen verhängt wurde.
Und damit endet die Berichterstattung für dieses Jahr. Auch im kommenden Jahr soll es natürlich weitergehen. Wir hoffen, Sie hatten Freude an der Lektüre. Über Feedback freuen wir uns jederzeit. Allen unseren Leserinnen und Lesern und deren Familien wünschen wir ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Jahreswechsel. Bleiben Sie gesund und uns gewogen.
LME (London Metal Exchange)
LME Official Close (3 Monate) | ||||
10. Dezember 2024 | ||||
Nickel (Ni) | Kupfer (Cu) | Aluminium (Al) | ||
Official Close 3 Mon.Ask |
15.825,00 USD/mt |
9.181,00 USD/mt |
2.587,00 USD/mt |
LME Bestände in mt | ||||
11. November 2024 | 10. Dezember 2024 | Delta in mt | Delta in % | |
Nickel (Ni) | 150.252 | 165.810 | + 15.558 | + 10,36% |
Kupfer (Cu) | 271.875 | 268.100 | – 3.775 | – 1,39% |
Aluminium (Al) | 729.325 | 679.600 | – 49.725 | – 6,82% |