USA, vom Streiter für den Freihandel zur Gallionsfigur des Protektionismus. Das lässt auch die Rohstoffmärkte nicht kalt. Aluminium, Kupfer und Nickel fallen zunächst. Erholung folgt.
Goldman Sachs hält Einfluss des Handelskriegs auf Rohstoffmärkte mit wenigen Ausnahmen für übertrieben und empfiehlt Rohstoffe zum Kauf. Der US-Senat wird zunehmend nervös.
Der Kolumnist des Metal Bulletin kritisiert Aufweichung von Dodd-Frank Act in den USA und insbesondere der Volcker Rule. Manche Banken bereiten sich schon darauf vor. Traurig.
Nachhaltigkeit bewegt Aktienkurse und zwar nach oben, wie nach unten. Ohne Compliance geht es nicht. Die Londoner Metallbörse kündigt für Januar 2019 zahlreiche neue Kontrakte an.
Die „neue“ und gleichsam einmal auf den Kopf gestellte, US-amerikanische Handelsdoktrin hält vollkommen unproduktiv die Märkte in Bewegung. Während Volatilität manchmal das Geschäft beleben kann, ist Bewegung, die durch Unsicherheit erzeugt wird, aber eher ungesund. Denn das führt bei den Marktteilnehmern zu einem „risk on-risk off“-Verhalten, welches fundamentale Aktivitäten eher lähmt, als beflügelt. Dass die USA in kürzester Zeit, als einstmals vehementer und unermüdlicher Streiter für den Freihandel, zu einer Gallionsfigur des Protektionismus mutieren würden, ist auch jetzt noch kaum zu glauben. Aber die Menschen sägen wohl vornehmlich gerne an dem Ast, auf dem sie selber sitzen. Das gilt auch bei dem Blick nach Großbritannien und der Massenflucht der Brexiteers aus der Regierung.
In diesem Umfeld konnten sich die Basismetalle natürlich nicht behaupten, sondern traten in ganzer Breite den Rückzug an. Sicher spielt auch eine etwas gedämpfte Nachfrageaktivität in den Sommermonaten eine Rolle, aber ganz wesentlich beeinflussten Nachrichten zum Handelskonflikt „USA gegen den Rest der Welt“ den Nerv der Händler und Analysten. Gerade gab die US-Regierung bekannt, auf Produkte aus China in einem Wert von 200 Milliarden US-Dollar Strafzölle erheben zu wollen. Dabei geht es um Waren wie elektronische Geräte, Textilien, Lebensmittel, Metalle und Chemikalien. Kürzlich waren erst Strafzölle in Höhe von 25% auf Güter im Wert von 34 Milliarden Dollar in Kraft getreten.
So ist der Kupferkurs an der Leitbörse London Metal Exchange (LME) seit Juni von USD 7.300,00/mt auf knapp über USD USD 6.000,00/mt gefallen, der 3-Monats-Nickelkurs von USD 15.600,00/mt auf USD 13.700,00/mt abgerutscht und Aluminium fiel von USD 2.350,00/mt auf USD 2.000,00/mt. Und gerade die US-Aluminiumindustrie wollte Präsident Trump doch im Interesse der nationalen Sicherheit schützen. Das schafft man aber sicherlich nicht dadurch, dass man einen Preisverfall vorsätzlich forciert. Der Nickelmarkt zeigte in der Abwärtsbewegung durchaus auch Tendenzen zur Stabilisierung, aber just in diesen Momenten wurde durch die US-Administration wieder eine neue drakonische Maßnahme in den Medien bekannt gegeben.
Die Analysten der US-amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs sind grundsätzlich der Ansicht, dass das Thema „Handelskrieg“ durch die Finanzmärkte hinsichtlich des Einflusses auf die Rohstoffpreise – mit der Ausnahme von Sojabohnen – überbewertet wird: Daher empfiehlt die Bank den Investoren daher die Rohstoffe zum Kauf. Dies sehen aber nicht alle Finanzinstitute gleichermaßen so. Morgan Stanley ist beispielsweise vorsichtiger und sieht Risiken durch eine zurückgehende Nachfrage und durch eine Abschwächung in China. Goldman Sachs hat aber, zumindest was Nickel angeht, kurzfristig Recht behalten. Die Nickelpreise an der LME notieren heute schon wieder bei USD 14.300,00/mt und damit USD 600,00/mt höher als der Tiefststand am Vortag.
Auch ist bei der US-amerikanischen Politik jenseits von Donald Trump ein zunehmendes Unwohlsein hinsichtlich des Agierens des Präsidenten in der Handelsarena (und vermutlich auch sonst) festzustellen. So hat der US-Senat mit überragender Mehrheit von 88 zu 11 Stimmen eine Resolution verabschiedet, die den Missbrauch der Entscheidungshoheit zur Festsetzung von Zöllen im Namen der nationalen Sicherheit überprüfen soll. Und auch heute ist man in den USA doch hörbar peinlich berührt über den intellektuellen Tiefflug des ersten Mannes im Staate auf dem Nato-Gipfel in Brüssel.
Unter dem Pseudonym „Lord Copper“ nimmt das Metal Bulletin in einer regelmäßigen Kolumne pointiert zu aktuellen Themen in der Welt der Metalle Stellung. In einer der letzten Ausgaben ging es, um eine Entwicklung, die künftig für weitere Volatilität bis hin zur Instabilität in den Märkten sorgen könnte. Und wie sollte es anders sein, ein gutbekannter Herr namens Donald Trump spielt neben den Herren Dodd und Frank sowie Herrn Volcker eine entscheidende Rolle. Doch zunächst zu den drei letzteren, vielleicht dem ein oder anderen sogar bekannten Gestalten.
Nach der Kernschmelze der Finanzkrise im Jahr 2008 hatten sich die US-amerikanischen Politiker auf die Fahne geschrieben, dass es nie wieder zu einer solchen Situation kommen dürfe, die das globale Finanzsystem – nicht zum ersten und leider vermutlich auch nicht zum letzten Mal – an den Rand des Abgrunds führen würde. Zu diesem Zweck wurden mit dem Dodd-Frank Act sehr wesentliche, regulatorische Änderungen erlassen. Benannt ist das Gesetz nach dem seinerzeitigen Ausschussvorsitzenden für Banken, Wohnungs- und Städtebau des Senats, Chris Dodd, sowie dem Vorsitzenden des Ausschusses für Finanzdienstleistungen des Repräsentantenhauses, Barney Frank.
Diese Regulierung hatte, kurz gesagt, das Ziel, die Stabilität des Finanzmarkts der Vereinigten Staaten von Amerika sicherzustellen. Eine Erhöhung von Verantwortlichkeit und Transparenz im Finanzsystem waren dabei die wichtigen Stellschrauben. Der faktisch und praktisch bestehende Zwang zur staatlichen Rettung von Finanzdienstleistungsunternehmen („too big to fail“) sollte neutralisiert werden. Die sogenannte Volcker-Regel dieses Gesetzes, benannt nach einem ehemaligen Präsidenten der amerikanischen Zentralbank Federal Reserve, beinhaltete ganz wesentliche Beschränkungen des Eigenhandels für Banken, welcher in seiner damaligen Unverhältnismäßigkeit eine nicht unwesentliche Ursache für die Krise war.
Wir erinnern uns in diesem Zusammenhang gerne an den einstmals stolzen Broker MF Global. Unter der legendären Führung von Jon Corzine, einem ehemaligen CEO von Goldman Sachs, Gouverneur von New Jersey sowie US Senator ging MF Global, beinahe passend, an Halloween, dem 31. Oktober 2011 in den Bankrott. Es wird in diesem Zusammenhang kolportiert, dass Jon Corzine aufgrund der „Langeweile des Brokergeschäfts“ den Eigenhandel mit Staatsanleihen stark forciert hatte.
Der Kolumnist des Metal Bulletin, Lord Copper berichtet nun darüber, dass Donald Trump nicht nur in seiner Kampagne angekündigt hatte, er werde die Regulierungen durch Dodd-Frank zurückfahren, sondern das auch teilweise schon in die Tat umgesetzt hat. Inzwischen wurden unter anderem die Schwellenwerte, bis zu denen sich Finanzinstitute intensivsten Überprüfungen stellen müssen, deutlich angehoben. Aber auch die Volcker-Regel soll aufgeweicht werden, die es dann auch Finanzinstituten mit geringerer Kapitalausstattung wieder in größerem Umfang erlauben soll am spekulativen Eigenhandel teilzunehmen.
Dies äußert sich nach Aussagen von Lord Copper inzwischen auch schon darin, dass gewisse Banken damit begonnen haben, Teams von Tradern zu kontaktieren, um diese von ihren bisherigen Arbeitgebern abzuwerben. Und täglich grüßt das Murmeltier. Leider lernt man nichts hinzu. Immerhin inspirierte diese traurige Erkenntnis zum fast prosaischen Einstieg der Kolumne in das Thema mit der Zeile aus dem allseits beliebten Mittmachtanz Hokey Cokey: „In out, in out, shake it all about“.
Zu der an dieser Stelle bisweilen geführten Nachhaltigkeitsdiskussion passt eine Meldung in der Financial Times, im The Guardian und vielen weiteren Medien. Diese berichten, dass Anfang Juli bekannt wurde, dass der anglo-schweizerische Rohstoffproduzent und -händler Glencore vom US-Justizministerium eine Aufforderung erhalten hat, Dokumente und weitere Aufzeichnungen im Zusammenhang mit Geldwäscheermittlungen vorzulegen. Auch wenn es wohl nicht konkret um von der US-Administration erlassene Strafmaßnahmen geht, können die genannten Länder durchaus als Schwerpunkte des Sanktionsregimes bezeichnet werden: die Demokratische Republik Kongo, Nigeria und Venezuela. Allesamt nicht gerade lupenreine Demokratien, um ein mittlerweile fast geflügeltes Wort des deutschen Altkanzlers Gerhard Schröder zu bemühen.
Nun ist es vermutlich reine Statistik oder liegt in der Natur der Sache, das Unternehmen, die Minenaktivitäten unterhalten, bisweilen bezüglich ihrer Aktivitäten in bestimmten Ländern befragt wurden und werden. Allerdings hat sich auch die Einstellung von Gesellschaft und Politik in diesem Bereich in den letzten Jahren grundlegend geändert. Die Maßstäbe für verantwortungsvolles Handeln wurden, nicht zuletzt durch den Druck von Aufsichtsbehörden, erheblich präzisiert. Auch die Durchsetzung der Einhaltung dieser Werte, mit neudeutschen Worten die Compliance, ist inzwischen ein klares Anliegen. Parallel dazu agieren die Geschäftsbanken, auf erheblichen Druck, vor allem auch der Vereinigten Staaten von Amerika, als verlängerter Arm der Exekutive.
Die Reaktion der Investoren auf die vorstehende Nachricht zeigt überdeutlich, dass es sich bei der Nachhaltigkeitsdebatte nicht nur um eine Vision von Gutmenschen handelt. Der Aktienkurs von Glencore hat sich über die letzten Wochen um mehr als 20% verbilligt. Das hat allerdings die geschäftsführenden Gesellschafter dazu veranlasst, über einen Aktienrückkauf nachzudenken, da man die Kursbewegung dort wohl für etwas überzogen hält. Natürlich gilt wie immer die Unschuldsvermutung bis zum Beweis des Gegenteils.
Die London Metal Exchange (LME) gab bekannt, dass die Börse für Januar 2019 die Einführung von 15 neuen Börsenkontrakten plant. So soll es einen neuen Kobalt-Future geben sowie einen Kontrakt für heißgewalzten Stahl. Auch sieht man, aufgrund des zunehmenden Protektionismus und der Einführung von Zöllen zum Beispiel auf Stahl- und Aluminiumprodukte durch die USA, die Notwendigkeit zu einer größeren, regionalen Differenzierung. Das macht zwangsläufig regional Prämien-Kontrakte erforderlich, um die zu erwartenden Marktpreisunterschiede abzubilden.
Auch geht der Trend von physischen Verträgen, die auch mit zugelassenen Qualitäten beliefert werden können, zu solchen, die lediglich in Geld abgewickelt werden. Neben Kobalt sind so auch andere Metalle in den Fokus der LME gekommen, die mit der Elektromobilität in Zusammenhang stehen, zum Beispiel Lithium. Da es sich jeweils um sehr kleine Märkte handelt, ist es schwierig einen wirklichen physischen Markt zu etablieren. Daher will man sich bei der LME für diese Metalle verstärkt auf Preisreferenzen von dritter Seite stützen. Dies ist zum Beispiel schon für den LME-Stahlschrottkontrakt der Fall, welcher sich auf den Monthly Average Index Price TSI HMS 1/2 80:20 CFR Turkey des Preis-Informationsdienstes Platts bezieht.
LME (London Metal Exchange)
LME Official Close (3 Monate) | ||||
12. Juli 2018 | ||||
Nickel (Ni) | Kupfer (Cu) | Aluminium (Al) | ||
Official Close 3 Mon.Ask |
14.175,00 USD/mt |
6.192,00 USD/mt |
2.057,00 USD/mt |
LME Bestände in mt | ||||
18. Juni 2018 | 12. Juli 2018 | Delta in mt | Delta in % | |
Nickel (Ni) | 275.712 | 263.730 | – 11.982 | – 4,35% |
Kupfer (Cu) | 294.275 | 262.750 | – 31.525 | – 10,71% |
Aluminium (Al) | 1.139.575 | 1.134.600 | – 4.975 | – 0,44% |