LME-Maßnahmen wirken, Nickelpreis lustlos
Der Futuresmarkt für Nickel an der London Metal Exchange (LME) kommt weiterhin nicht richtig auf die Beine. Und das liegt nicht etwa an einer fortgesetzt schlechten Verfassung nach den Verwerfungen im März 2022. Im Gegenteil konnte die LME gute Fortschritte erzielen. Marktteilnehmer kehren als Ausdruck eines wieder wachsenden Vertrauens in die Funktionsfähigkeit der Institution LME zurück und gehandelte Volumen steigen. Allerdings macht die schwächelnde Weltwirtschaft und hier insbesondere Europa einschließlich dem Schwergewicht Deutschland sowie auch China weiter Sorgen. Das lässt auch die Märkte für Basismetall nicht unbeeindruckt.
Auch schiebt der US-Dollar, je nach dem, ob Wirtschaftsdaten eher auf eine Zinssenkung oder besser gesagt auf eine frühere Zinssenkung hinweisen oder gerade das Gegenteil, die Rohstoffpreise entweder in die eine oder die andere Richtung. So hat der Nickelpreis seit der letzten Ausgabe zunächst einen Anstieg in Richtung USD 16.800,00/mt unternommen, um dann wieder etwas unter oder bei USD 16.000,00/mt zu handeln. Es ist allerdings nicht von der Hand zu weisen, dass neben einer eher schwachen Stahl- und Edelstahlkonjunktur, auch die Nickelnachfrage aus dem Bereich der Batterien für die Elektromobilität etwas harzig daher kommt.
Nicht nur in Deutschland stockt der Autoabsatz für Elektrofahrzeuge, da sich neben der Streichung von Subventionen private und geschäftliche Interessenten und Eigentümer solcher fortschrittlichen Mobile nun doch tatsächlich Gedanken über Wiederverkaufs- und Restwerte der Fahrzeuge machen. Weniger Nickelnachfrage für Akkus bedeutet tendenziell natürlich auch mehr Preisdruck. Das wird aber teilweise aufgefangen durch zunehmende Einschränkungen eines doch eher üppigen Primärnickelangebots, welches diametral zur geringen Schrottverfügbarkeit ist.
So haben erste Nickelhersteller Produktionsküzungen angekündigt. Die BHP Group schickt ab Juni 2024 einige Teile der Kambalda-Fabrik wegen der niedrigen Nickelpreise in eine Pause und ebenso wird der australische Nickelproduzent Wyloo Metals Pty Ltd. Minen schließen. Für die wirtschaftliche Auskömmlichkeit der Nickelproduktion in Indonesien sind die gegenwärtigen Preise wohl noch ausreichend, da dort – auch aufgrund eher geringer Umweltsensibilität – die variablen Kosten mit am Niedrigsten sind. Was in diesem Kontext den inzwischen berühmt-berüchtigten “Big Shot” angeht, gibt es auch schon wieder Gerüchte im Markt. Dieser soll erneut aktiv versuchen, die Nickelpreise an der LME durch entsprechende Positionsnahmen zu drücken.
Eigentlich ist nicht einleuchtend, warum ein Nickelhersteller so etwas tut. Die Erklärungsversuche für ein solches Verhalten reichen von einer Fehde mit Nickelherstellern aus dem Squeeze im März 2020, denen man es jetzt heimzahlen möchte, über das Interesse, Marktteilnehmer mit höheren Kosten zu verdrängen und last, but not least durch niedrigere Erzpreise und folgende Exporte von Halbzeug oder Produkten nach China mehr Wertschöpfung einer Besteuerung in China statt in Indonesien zu unterwerfen. Schon einigermaßen krude, aber nicht komplett unrealistisch, vermuten doch manche Branchenexperten, dass regelmäßig Privatunternehmen auch staatlich gelenkt oder zumindest unterstützt werden.
Immerhin soll der Tycoon seine Positionen an der Börse, dem Vernehmen nach, nicht bei den seinerzeit “nervösen” westlichen, sondern chinesischen Banken finanziert haben, so dass das Risiko einer erneuten Verwerfung, auch durch die stringenten Preislimits der LME, sehr unwahrscheinlich erscheint. Auf der anderen Seite sorgt der chinesisch-/indonesische Hersteller schon seit einer Dekade durch seine nahezu ungebremst steigende Nickelproduktion für ein reiches Angebot, was ebenfalls die Preisentwicklung wesentlich in Schach hält. Im Jahr 2023 wuchs der Output, wie Reuters berichtet, um 23% auf 1,12 Millionen Tonnen Nickel, während auf der anderen Seite die Nickelpreise an der LME um 45% sanken, dem größten Rückgang seit 2008.
IWF rechnet mit Soft Landing
Perspektivisch gibt es aber für die Gesamtwirtschaft nach wie vor größere Hoffnung einer mindestens international deutlichen Erholung. So hat der Internationale Währungsfonds (IWF) in seinem Ende Januar veröffentlichten Ausblick die Erwartungen für die USA und China deutlich erhöht, auch durch den schneller als erwarteten Rückgang der Inflation. So sieht der Chefvolkswirt des IWF, Pierre-Olivier Gourinchas die Chance für ein sogenanntes Soft Landing als gestiegen an. Die Europäische Zentralbank (EZB) ist hingegen weniger optimistisch, vielleicht auch kein Wunder bei einer Juristin an deren Spitze. Optimismus ist ja nicht gerade das Markenzeichnen der Jurisprudenz.
Jedenfalls hat eine Umfrage der EZB unter professionellen Analysten eine wenig überraschende Abschwächung des für 2024 erwarteten Wirtschaftswachstums ergeben, welches inzwischen nur noch mit 0,6% p.a. erwartet wird. Immerhin schwächt sich die Inflation auch in Europa dadurch schneller ab. Zu viele Probleme behindern aber aktuell die Wachstumsdynamik und – aussichten. Gerade in Ländern wie Deutschland haben sich die regierenden Politiker wohl doch etwas zu sehr auf dem scheinbar nicht enden wollenden Wohlstand ausgeruht, statt die richtigen Weichen in Richtung Zukunft zu stellen. Vielleicht hat man sich sogar nicht nur ausgeruht, sondern, was viel schlimmer ist, auch noch ein paar Weichen eher in die falsche Richtung gestellt.
Vor dem Hintergrund bevorstehender Wahlen und einer unüberhörbaren Unruhe und Unzufriedenheit in der Bürger- und Unternehmerschaft scheint aber nun endlich eine hoffentlich auch nachhaltige Aktivität bezüglich dringend notwendiger Korrekturen in Gang gekommen zu sein. Richtig so, denn es kann eigentlich nur besser werden. Hoffentlich!
Der Psychologe Stephan Grünewald kritisiert in diesem Zusammenhang, dass die Stimmung der Menschen in weiten Teilen resignativ sei und die Meinung vorherrsche, man könne an den Zuständen doch nichts ändern. Anstelle der Bereitschaft gesellschaftlich anzupacken, wird eine Selbstwirksamkeit vor allem im privaten Umfeld erlebt, so Grünewald. “Früher musste man durch Krisen einfach durch. Heute sind sie wie Zombies nicht totzukriegen.” Wir meinen: das muss sich dringend ändern und dazu bedarf es auch hörbarer Politiker, die motivieren und eine klare Perspektive geben, dass sich das kollektive Anpacken für die Gesellschaft, aber auch den Einzelnen tatsächlich lohnt.
Traditionelle Reuters-Umfrage verhalten
Die von Reuters regelmäßig durchgeführte Umfrage unter den führenden Rohstoffanalysten ist, was die Parameter für das Basismetall Nickel angeht, eher verhalten. Gefragt wurde unter den rund 25 Analysten nach den Preiserwartungen für die vier Quartale in 2024 sowie für das Jahr 2025. Ebenso wollte Reuters wissen, wie die Experten die Angebots-/Nachfragebilanz für die Jahre 2024 und 2025 einschätzen.
Für das erste Quartal des neuen Jahres geht man im Konsensus von einem LME-Nickel-Kasse-Preis von durchschnittlich USD 16.459,50/mt aus. Im Jahresverlauf steigt die Erwartung kontinuierlich, aber nicht übermäßig an, um für das Schlussquartal einen Durchschnitt von USD 17.237,00/mt zu erreichen. Für das Gesamtjahr 2024 liegt der Mittelwert bei lediglich USD 16.856,20/mt, bei einem genannten Höchstwert von USD 20.000,00/mt. Der niedrigste erwartete Preis für 2024 liegt bei USD 15.200,00/mt. Für 2025 sieht es dann etwas fester aus. Reuters ermittelt für diesen Zeitraum einen Wert von USD 17.837,40/mt. Insgesamt ist also wenig Phantasie vorhanden.
Was die Marktbilanz für Nickel angeht, kommt die Befragung für 2024 zu dem Ergebnis, dass das Angebot die Nachfrage um 241.000 Tonnen überschreitet. Für das Folgejahr 2025 baut sich dann der Angebotsüberschuss etwas um 37.000 Tonnen auf dann 204.000 Tonnen ab, so zumindest die Erwartung der Analysten zahlreicher renommierter Banken und Broker.
LME bald mit Lagerstandort in Hongkong?
In einer Präsentation vor dem LME-Lagerhauskomitee im Dezember wurde die Ausweitung des weltweiten Lagernetzwerks auf Hongkong diskutiert, verbunden mit der Hoffnung, den chinesischen Markt zu erschließen. Die Registrierung von Lagerhäusern in China, dem weltweit größten Verbraucher von Industriemetallen, ist seit der Übernahme der LME durch die Hong Kong Exchanges and Clearing (HKEX) im Jahr 2012 ein strategisches Ziel. Obwohl die LME hierin einen potenziellen Zugang zu China sieht, stellten der politische Einfluss Chinas auf Hongkong und der Widerstand lokaler Wettbewerber in der Vergangenheit zu hohe Markteintrittsbarrieren dar.
Aufgrund des Innovations- und Expansionsdrucks auf die chinesischen Börsen ändert sich die Dynamik jedoch etwas. So plant die LME neue Metallkontrakte, die sich an den Preisen der Shanghai Futures Exchange (SHFE) orientieren. Was die politische Einflussnahme Chinas auf Hongkong betrifft, so wird sich in naher Zukunft am Beispiel des Immobilienriesen Evergrande zeigen, wie groß der Einfluss tatsächlich ist. Das chinesische Unternehmen wurde aufgrund seiner enormen wirtschaftlichen Schieflage von einem Hongkonger Gericht zur Liquidation verurteilt.
Ein weiteres Hindernis könnten zu hohe Lagerkosten in Hongkong sein. Diese seien bis zu viermal höher als die maximale Mietgebühr, die Lagerhäuser an der LME verlangen dürfen. Um wirtschaftlich tragfähig zu sein, müssten die Lagermieten daher von der Regierung Hongkongs subventioniert werden. Ob die Pläne für ein LME-Lagerhaus in Hongkong umgesetzt werden, bleibt daher angesichts der zahlreichen Herausforderungen und Unsicherheiten abzuwarten.
Russland-Sanktionen mit unklarem Einfluss auf den Rohstoffhandel
Die neuen britischen Sanktionen verbieten britischen Unternehmen und Einzelpersonen den Handel mit einer Reihe von russischen Metallen. So können „UK-Personen“ keine Lieferung von russischen Metallen von der Börse verlangen, wenn diese nach dem 15. Dezember 2023 gekauft wurden. Zukünftige internationalere Maßnahmen wurden ebenfalls angedeutet.
Es kam unmittelbar zu Verwirrung darüber, welche Unternehmen und Personen von den Regeln betroffen sind. Obwohl die meisten großen Metallhändler und Banken außerhalb Großbritanniens ansässig sind, haben viele von ihnen britische Führungskräfte und fast alle haben eine Präsenz in London. Diese Situation stellt auch die LME vor Herausforderungen, da russisches Aluminium mittlerweile mehr als 90 % der aktuellen Börsenlagerbestände ausmacht und die Diskussion über ein Verbot russischer Lieferungen erneut entfacht hat.
Entsprechend der Verwirrung reagierten auch die wichtigsten Akteure an den Metallmärkten bisher unterschiedlich. Während JPMorgan Chase & Co. russisches Aluminium über Nicht-UK-Einheiten kaufte, zog sich die Citigroup aus dem Handel zurück. IXM, das drittgrößte Metallhandelshaus, kaufte ebenfalls russisches Aluminium an der LME und forderte Lieferungen an. Das britische Management von IXM hat sich jedoch aus dem Handel mit russischem Metall zurückgezogen. Die Trafigura-Gruppe, die früher auf dem russischen Metallmarkt sehr aktiv war, ist vorsichtiger geworden und hat den bestehenden großen Vertrag mit United Co. RUSAL International PJSC nicht erneuert.
Die Diskrepanz zwischen einigen der größten Akteure auf den Metallmärkten verdeutlicht, wie sich die immer breiter werdende Palette von Sanktionen auf den russischen Warenhandel auswirkt.
Auf der Jagd nach dem Kohlenstoffdioxid
Auf dem Weg hin zur Netto-Null-Emission steht man automatisch vor dem Dilemma, dass eine Reduzierung der durch die Menschheit generierten Kohlenstoffdioxid- und Treibhausgase allein nicht ausreichen wird, um das in der Pariser Klimakonferenz von 2015 gesetzte globale Ziel, die Erderwärmung bei 1,5°C zu halten, zu erreichen. Es bedarf zusätzlich „negativer“ Emissionen. Der Umwelt müssen also die schädlichen Klimagase entzogen werden. Bewaldung und Wiederaufforstung wären zum Beispiel ein natürlicher Weg, aber es gibt selbstredend auch technische Lösungen. Hinter dem Oberbegriff „Carbon Capture and Storage“ oder kurz CCS verbergen sich verschiedene Ansätze mittels Technologie, Kohlenstoffdioxid zu sammeln und zu speichern, und es damit langfristig der Atmosphäre zu entziehen.
Hierbei wird nochmals unterschieden zwischen „Direct Air Capture“ (DAC) und dem eigentlichen CCS. Im ersteren Falle wird Kohlenstoffdioxid über entsprechende Filter direkt der Atmosphäre entzogen. CCS hingegen setzt direkt an den vom Menschen verursachten, anthropogenen Quellen für Kohlenstoffdioxid an: am entsprechend von Kraftwerken, Chemie- oder Industrieanlagen generierten Ausstoß. Ist die CO2-Abscheidung erfolgt, geht es um die unschädliche Lagerung. Hier bieten sich auf der einen Seite bestimmte geologische Formationen an, wie zum Beispiel ausgeförderte Kohle-, Erdöl- oder Erdgaslagerstätten. Oder auch die Weltmeere.
Einem Bericht des Think Tanks „Global CCS Institute“ zur Folge – dieser Think Tank wurde ursprünglich von der Australischen Regierung gegründet – ist die Nordsee der bevorzugte Endlagerort für das eingefangene Kohlenstoffdioxid. In der Europäischen Union werden entsprechende Anlagen bereits betrieben, anderswo sind CCS Projekte angedacht. Um das Klimagas dorthin zu bringen, braucht es auch eine entsprechende Infrastruktur: ein Projekt ist der sogenannte „Delta Rhine Corridor“. Betrieben von dem deutschen Chemieriesen BASF, dem niederländischen Gas Unternehmen Gasunie, dem Fernleitungsnetzbetreiber OGE und dem Energieriesen Shell besteht die Vision eine Kohlenstoffdioxid- und eine Wasserstoffleitung von Ludwigshafen über Köln bis hin zur Nordsee zu verlegen.
In Summe zählt das Global CCS Institute gut 119 verschiedene CCS Projekte in Europa. Das Thema wird politisch sowohl von der Europäischen Union (EU) als auch durch einzelne europäische Staaten unterstützt: Großbritannien, Frankreich, Dänemark, oder auch Norwegen haben bereits eine nationale CCS Roadmap veröffentlicht. In Deutschland wird ebenfalls an einer sogenannten Carbon Management Strategie gearbeitet.
Antrieb ist das von der EU selbst gesteckte Ziel, bis 2030 eine jährliche Kohlenstoffdioxid-Speicherung von 50 Millionen Tonnen zu erreichen. Zur Unterstützung dieses Ziels haben die EU-Mitgliedsstaaten im Dezember 2023 Fördermittel von bis zu EUR 480 Millionen zur Unterstützung von vier CO2 Transport- und Lagerungsprojekten freigegeben, darunter auch ein Projekt im Hafen von Rotterdam. Noch im ersten Quartal 2024 plant die Europäische Kommission die Veröffentlichung einer Industrial Carbon Management Strategie.
Ist CCS „die Lösung“? Sicher nicht. Laut Schätzungen von S&P Global würde selbst ein optimistischer Ausbau entsprechender Kapazitäten im Jahr 2050 nur 4% der „negativen“ Emissionen ausmachen, die benötigt würden, das 1,5°C Scenario einzuhalten. Auch hier spielt das Thema Kosten (und langfristige Kostendegression) eine wichtige Rolle: S&P Global schätzt den aktuellen monetären Aufwand mittels DAC der Atmosphäre Kohlenstoffdioxid zu entziehen auf USD 400 bis 700 pro Tonne CO2. Im Falle des CCS liegen die Schätzungen bei USD 50 bis 250 pro Tonne CO2.
Auf der jüngsten COP28 – die Abkürzung steht für die 28. UN-Weltklimakonferenz – ist die an sich interessante Technologie etwas in Verruf geraten, und von Klimaschützern als Ablenkung, gar als „Freibrief für die fossile Industrie“ bezeichnet worden. Die obigen Schätzungen machen jedoch deutlich, dass es, wie so häufig, nur die Summe aller Teile sein kann, die zum Ziel führt.
LME (London Metal Exchange)
| LME Official Close (3 Monate) | ||||
| 9. Februar 2024 | ||||
| Nickel (Ni) | Kupfer (Cu) | Aluminium (Al) | ||
| Official Close 3 Mon. Ask |
16.000,00 USD/mt |
8.199,00 USD/mt |
2.213,00 USD/mt |
|
| LME Bestände in mt | ||||
| 15. Januar 2024 | 9. Februar 2024 | Delta in mt | Delta in % | |
| Nickel (Ni) | 69.012 | 72.120 | + 3.108 | + 4,5% |
| Kupfer (Cu) | 155.025 | 136.825 | – 18.200 | – 11,74% |
| Aluminium (Al) | 558.550 | 527.350 | – 31.200 | – 5,59% |




































