Makrorisiken steigen. Despoten lassen sich instrumentalisieren. Das ist aber keine Lebensversicherung. Auch die Inflation bleibt hoch. Die USA liegen mit 6,2% an der Spitze. Nickel in Back(wardation).

Chinesische Analysten sehen Nickel in 2022 schwächer. Reuters-Umfrage sieht moderates Plus bei Schwenk in einen Angebotsüberschuss. Und Goldman Sachs proklamiert den Superzyklus. Nichts ist unmöglich.

Ein innovativer und unbestechlicher, neuer Arbeitsmarktindikator. Glücksspiel kann süchtig machen. Vermögensverwalter hebelt dank Fortuna die amtliche Statistik aus.

Handelsstreit EU und USA über Stahl und Aluminium beigelegt. Keine Sonderzölle mehr auf Harley-Davidson, Whiskey und Jeans. Protektionismus-Swap: Kontingente ersetzen Zölle. Scharf, schärfer, Holz.

Nickel an der LME weiter fest, aber Makro-Risiken steigen
Die Kurse für Nickel an der London Metal Exchange (LME) sind weiter gut unterstützt und wenn es ausschließlich nach den Parametern des Nickelmarkts ginge, wäre eine Fortsetzung in das neue Jahr alles andere als ausgeschlossen. Die Nickelnachfrage, sowohl aus dem (noch) dominierenden Edelstahl- und Legierungsbereich sowie aus dem Segment der Batterieproduktion ist hoch und das Angebot je nach Produkt eher beschränkt, was auch mit den bestehenden, logistischen Engpässen zu tun hat. Zum Jahresende wird auch Edelstahlschrott deutlich knapper, da die weitgehend kleinen und mittelständischen Unternehmen wie in beinahe jedem Jahr das Geschäft bereits gemacht haben und den Fiskus mit weiteren steuerbaren Erträgen gerne auf das kommende Wirtschaftsjahr vertrösten.

Bei allem Optimismus darf nicht übersehen werden, dass in Nordeuropa mit der kalten Jahreszeit (für die Politik offensichtlich völlig überraschend) das Coronavirus wieder in den Fokus rückt, Chinas Wirtschaft augenblicklich stottert und die ungewohnt hohen Inflationsraten durchaus die ein oder andere Sorge bereiten. Was aber leider noch mehr geeignet ist, als Stimmungskiller der Wirtschaft zu dienen, sind die geopolitischen Entwicklungen, die sich gerade an der weißrussisch-polnischen und weißrussisch-litauischen Grenze abspielen.

Der weißrussische Präsident Lukaschenko ist dort unter Einsatz menschlicher Schicksale dabei, die EU-Außengrenze und Migrationspolitik nicht mit Nadelstichen, sondern inzwischen schon mit Hammerschlägen zu traktieren. Und das mit Billigung seines scheinbaren Beschützers Putin. Und die EU fällt vor allem dadurch auf, dass eine schlagkräftige, gemeinsame Reaktion, die über reine Lippenbekenntnisse hinausgeht, ausbleibt. Allerdings handelt es sich zugegeben auch um eine sehr komplexe Materie. Dabei steht einiges auf dem Spiel. Die Bilder aus 2015 auf dem Balkan und am Mittelmeer, beziehungsweise der deutschen Grenze sind noch in bester Erinnerung, sorgen aber bei der breiten Bevölkerung heute kaum noch für romantische Willkommensgefühle.

Was überrascht, ist, dass sich Despoten immer wieder in der Annahme versteigen, sie hätten mit den neuen und alten Supermächten – seien es jetzt die USA, Russland oder China – echte Partner im Geiste an der Seite. Tatsächlich ist es aber so, dass diese Diktatorenregime nur so lange unterstützt werden, wie diese in ihrer militärischen oder politischen Stellvertreterrolle von Bedeutung sind. Fällt dieser Grund weg, wie zum Beispiel manche nordafrikanischen Regimes erlebt haben, werden diese zum Abschuss freigegeben und die Köpfe enden nicht selten am Strang.

Daher Diktator bedenke, vor wessen Karren Du Dich spannen lässt. Die Medien nennen das Ganze dann freundlich „Frühling“, obwohl das Chaos hinterher größer ist als vorher. Vor allem leidet immer auch die Zivilbevölkerung. Ein besonders trauriges Beispiel ist das Land Afghanistan bzw. deren Menschen, an dem sich mit Ausnahme der Asiaten beinahe die ganze Welt versündigt hat. Die sehr empfehlenswerte, vierteilige Serie beim deutsch-französischen Fernsehsender Arte, unter dem sehr treffenden Titel „Das verwundete Land“, erklärt mit vielen Stimmen von Zeitzeugen, wozu Stellvertreterkriege führen. Schade, dass die Menschen neben ihrer friedlichen und mitmenschlichen Ader, immer auch den Wolf in sich tragen.

Was die allgegenwärtige Inflation angeht, sind inzwischen doch nicht mehr alle volkswirtschaftlichen Experten unisono davon überzeugt, dass es sich bei der stark gestiegenen Teuerung nur um ein vorübergehendes Phänomen handeln muss. Der nachfolgende Absatz zum Rohstoffsuperzyklus könnte eine von mehreren Erklärungen für weiter steigende Inflationsraten sein. Im Oktober liegt in den USA die Steigerung der Verbraucherpreise bei 6,2%. Das ist ein Niveau, bei dem nicht einfach zur Tagesordnung übergegangen werden kann. Die renommierte deutsche Wirtschaftszeitung Handelsblatt fordert daher in einem Kommentar zur Inflation in Europa: „Es braucht eine Ansage für einen Plan B. Die Europäische Zentralbank und die EU-Kommission wolle keine Panik schüren, doch ihre Beschwichtigungsversuche helfen nicht.“ Denn die Gefahr besteht, dass die EU-Bürger das Vertrauen verlieren.

Doch zurück zur Nickelbörse in London. Nickelkurse von gegenwärtig USD 19.700,00/mt und höher, sollten nicht den Eindruck entstehen lassen, es gäbe keine kurz- und mittelfristigen Abwärtsrisiken. Auch bedarf die derzeitige Backwardation-Situation im Nickelmarkt der Aufmerksamkeit, bei der insbesondere Nickelprodukte mit einer besonderen Marktenge, bei der sofortigen Lieferung (also Cash) einen höheren Preis haben als in drei Monaten. Üblicherweise ist der Kurs des 3-Monats-Futures höher, weil die Ware durch den Verkäufer über diesen Zeitraum noch finanziert, versichert und gelagert werden muss. Diese „normale“ Marktstruktur wird auch Contango genannt.

Die kurz „Back“ genannte Situation ist sodann auch Folge der niedrigen und vermutlich weiter abnehmenden LME-Börsenbestände, denn die Backwardation ist sowohl Ausdruck physischer Knappheit, als auch ganz entscheidend eine technische Marktenge zum Ausgleich von LME-Kontrakten zu bestimmten Fälligkeitsdaten. Diese können bei Fälligkeit auch mit einer entsprechenden Lieferung oder Abnahme von LME zugelassenen Rohstoffmarken bedient werden. Diese haben in einem LME-Lagerhaus zu erfolgen.

Rohstoff-Superzyklus steht möglicherweise bevor
Die Rohstoffexperten sind sich nicht einig darüber, wohin sich die Nickelpreisen im kommenden Jahr bewegen werden. Das staatseigene Pekinger Forschungsinstitut Antaike rechnet mit fallenden Notierungen, sobald sich die Weltwirtschaft von der Pandemie erholt hat. So erwarten die chinesischen Rohstoffexperten, dass das Nickelangebot im kommenden Jahr um 12% wachsen wird, während die Nachfrage nur eine zehnprozentige Zunahme verzeichnen wird. Daher prognostiziert Antaike ein Überangebot von 45.000 mt Nickel. Bei ihrer Schätzung berücksichtigten die Rohstoffexperten bereits einen weiteren Rückgang der chinesischen NPI Produktion, die aufgrund ihrer Energieintensivität bereits dieses Jahr gedrosselt werden musste.

Die US-Investmentbank Goldman Sachs hingegen bekräftigte Anfang November ihre Prognose, dass der Rohstoffmarkt vor einem Superzyklus steht. Die Erholung von der COVID-19-Pandemie sowie weltweite Konjunkturmaßnahmen werden die Nachfrage ankurbeln. Die Nachfrage wird zudem getrieben über die weltweite Dekarbonisierung, die Rivalität von USA und China um die Beherrschung neuer Technologien und US-Infrastrukturprojekte zur Verbesserung der Lebensqualität, so Jeffrey Currie, Global Head of Commodities Research.

Schon zu Beginn des Jahres schrieben mehrere Medien über die Prognose der US-Investmentbank zum bevorstehenden Rohstoff-Superzyklus. Seinerzeit nannte Goldman Sachs, neben den vorhergenannten Gründen, auch Chinas Bekenntnis zur Kohlenstoffneutralität bis 2060 und die Rückkehr der USA unter der neuen Führung von Joe Biden zu dem Pariser Abkommen, als Gründe für einen bevorstehenden Rohstoff-Superzyklus.

Reuters-Umfrage für 2022 verhalten
Die regelmäßige Umfrage des Finanznachrichtendienstes Reuters zur erwarteten Rohstoffpreisentwicklung hat wieder einmal stattgefunden und die Ergebnisse wurden am 27. Oktober 2021 veröffentlicht. Wird der prognostizierte Superzyklus schon sichtbar? Bei dieser unter den Analysten der führenden Rohstoffbroker und – banken hat sich für Nickel folgendes Ergebnis als Durchschnitt der Prognosen ergeben. Für 2021 erwarten die Teilnehmer einen durchschnittlichen Nickel-Kasse-Kurs von USD 18.195,00/mt (gegenüber USD 13.772,00/mt in 2020), was eine ziemlich phänomenale Vorhersage ist, da der tatsächliche Cash-Durchschnitt in 2021 bis zum 31. Oktober 2021 rund USD 18.170,00/mt beträgt.

Interessanter wird es hingegen beim Jahr 2022: hier gehen die Analysten von einer nur noch leichten Fortsetzung des Anstiegs aus. Der Grund liegt in einer Verschiebung der Angebots-/Nachfragebilanz. Geht man für 2021 noch von einem Angebotsdefizit in Höhe von 62.000 Tonnen aus, wird für 2022 mit einem Angebotsüberhang von 72.000 Tonnen (vgl. hierzu vorstehend auch die Prognose von 45.000 Tonnen von Antaike) gerechnet.

Völlig abwegig ist das nicht, denn nach den Olympischen Winterspielen, die vom 4. bis 20. Februar 2022 in Peking stattfinden, wird erwartet, dass die chinesische Nickel Pig Iron (NPI)-Produktion – gleichbleibend hohe Notierungen vorausgesetzt – wieder deutlich zunehmen wird. Das liegt, neben weiteren Ausweitungen in Indonesien, daran, dass China seinen Gästen blauen Himmel ohne Smog präsentieren möchte. Und um das zu erreichen, wurde vorsorglich schon einmal die emissionsstarke Industrieproduktion zurückgefahren. Kein neues Vorgehen. Auch in der ehemaligen Sowjetunion und in Russland werden heute zu Militärparaden und Jahrestagen nicht selten unpassend dichte Wolken mit Chemikalienduschen (häufig Silberjodid) aus dem Flugzeug aufgelöst, um den blauen Himmel wenigstens zeitweise durchblitzen zu lassen. Da haben wir es in unseren Demokratien nicht so gut. Wir müssen das Wetter so nehmen wie es kommt. Aber vielleicht gibt es ja bald auch eine Sonnenscheinpartei, wenn die Altparteien so weiter machen wie bisher.

Glücksspielumsätze als Arbeitsmarktindikator
Nicht wenige Menschen träumen davon, möglichst ohne Arbeit zu einem stattlichen Vermögen zu kommen. Leider ist das im realen Leben aber nicht die Regel. Natürlich gehört zu jedem außerordentlichen wirtschaftlichen Erfolg, neben harter Arbeit und dem richtigen Geschäftsmodell, immer auch ein Quäntchen Glück und natürlich das richtige Timing. Sonst heißt es am Ende zur falschen Zeit am falschen Ort und die Taschen bleiben leer. Deshalb nehmen nicht wenige Menschen weltweit an der Lotterie teil, auch in China, wo das Glücksspiel eine ganz besondere Tradition hat.

Allerdings kann einem das Glücksspiel auch einiges über die Lage am Arbeitsmarkt erzählen, wie Bloomberg berichtet. Die chinesischen Lotterieumsätze sind im September gegenüber August um 13% auf USD 4,9 Mrd. gesunken und das parallel zu einem Anstieg der (tatsächlichen) Arbeitslosenrate. Und das ist kein Zufall. Denn Lotto wird vor allem von eher niedrigen Einkommensgruppen gespielt, die dank der Glücksgöttin Fortuna ihre finanzielle Situation verbessern möchten.

Dem Lottospiel stehen allerdings steigende Arbeitslosenquoten entgegen, denn dann ist es häufig nicht einmal mehr möglich, aus dem Haushaltseinkommen einen Lottoschein zur Teilnahme an der Lotterie zu bezahlen. Interessanterweise betrifft dies insbesondere die großen Städte und Agglomerationen, die neben höheren Kosten auch eine Anziehungskraft auf Migranten haben. Während sich bei einer abkühlenden, chinesischen Wirtschaft die offizielle urbane Arbeitslosenrate von 5,1% auf 4,9% verbessert haben soll, empfehlen die chinesischen Vermögensverwalter von Soochow Securities Co., Ltd. mindestens als Frühindikator einen Blick auf die Entwicklung der Lotterieumsätze.

EU und USA einigen sich im Handelsstreit um Stahlimporte
Die von Ex-Präsident Donald Trump eingeführten Strafzölle auf Aluminium und Stahl aus der EU haben vorerst ein Ende. Beide Seiten einigten sich kürzlich auf eine Beilegung des Streits. Am Rande des G20-Gipfeltreffens in Rom nannte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Einigung einen „Meilenstein“. Auch US-Präsident Joe Biden gab sich erleichtert und sprach von einem „wichtigen Durchbruch“.

Die Übereinkunft sieht vor, dass die EU-Staaten künftig Kontingente an Stahl und Aluminium zollfrei in die USA importieren dürfen. Im Gegenzug streicht die EU die Sonderzölle auf Harley-Davidson-Motorräder, Whiskey und Jeans. Diese waren ohnehin nur als Vergeltungsmaßnahmen, für die von Donald Trump eingeführten Zölle erlassen worden. Zusätzlich soll der Import an den CO2-Ausstoß bei der Stahlproduktion gekoppelt werden. Beide Parteien sind davon überzeugt, sauberer als China produzieren zu können.

Die Einigung hat am Ende einen leichten Beigeschmack für die EU. Laut Verhandlungskreisen darf die EU zukünftig nicht mehr als 4,4 Millionen Tonnen Stahl zollfrei in die USA exportieren. Das Volumen entspricht in etwa der Größenordnung unter den von Donald Trump erlassenen Strafzöllen. Innenpolitisch steht Präsident Joe Biden unter Druck. Durch den Kompromiss möchte Biden erreichen, dass ihm seine Unterstützer bei den US-Gewerkschaften gewogen bleiben.

Ist das Holzmesser ein Alternative zur Edelstahlklinge?
Der Newsletter kommt nicht umhin, regelmäßig die überragenden Eigenschaften von Edelstahl zu betonen. Dennoch werden auch neuste Erkenntnisse der Werkstoffwissenschaft zu anderen Materialien gewürdigt. Kürzlich berichtete das Nachrichtenportal CNET über eine Veröffentlichung US-amerikanischer Wissenschaftler im Journal of Matter. Forschenden der University of Maryland gelang es offenbar Holzmesser so zu härten, dass sie dreimal schärfer als Edelstahlmesser wurden. Normalerweise besteht Holz zu 50% aus Zellulose, das für die strukturelle Festigkeit sorgt. Der Rest sind schwächere Bestandteile. Mit einem zweistufigen Verfahren konnten die schwächeren Komponenten aus dem Holz entfernt werden, sodass nur Zellulose erhalten blieb. Durch die richtige Pflege, z.B. regelmäßiges Ölen und Schärfen, konnte auch eine gewisse Langlebigkeit der Messer sichergestellt werden. Mit dem gleichen Verfahren ließen sich so auch Holznägel herstellen. In ihrer Veröffentlichung resümieren die Forscher, dass diese gehärteten Holzmesser eine nachhaltige und kostengünstige Alternative zu Plastikbesteck sein können. Für den direkten Vergleich zu Edelstahl hat es dann wohl doch noch nicht gereicht.

LME (London Metal Exchange)

LME Official Close (3 Monate)
12. November 2021
  Nickel (Ni) Kupfer (Cu) Aluminium (Al)  
Official Close
3 Mon.Ask
19.750,00
USD/mt
9.617,00
USD/mt
2.679,00
USD/mt
 
LME Bestände in mt
  15. Oktober 2021 12. November 2021 Delta in mt Delta in %
Nickel (Ni) 146.022 130.278 – 15.744 – 10,78%
Kupfer (Cu) 181.400 100.300 – 81.100 – 44,71%
Aluminium (Al) 1.118.325 974.700 – 143.625 – 12,84%

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