Höhenflug bei Nickel vorerst gestoppt. Einfluss der Elektromobilität auf die Metallmärkte liegt doch noch sehr weit in der Zukunft. Auch China bremst mit Schuldenabbau und Umweltschutz.

Dennoch sind die Marktaussichten auch für 2018 positiv. Der Welthandel wächst wieder. Die Endnachfrage nach Edelstahl ist gut. Angebotsdefizite reduzieren sukzessive die LME-Bestände.

China investiert mehr in Elektrolichtbogenöfen. Diese sind prädestiniert für den Einsatz von Schrott. Schrott ist emissionsarm und attraktiv. Das ist gut für Umwelt und Ökonomie.

Glencore gründet mit den Lehrern von Ontario eine Minenlizenzgesellschaft. Die pensionierten Lehrer hoffen auf Renditen. Glencore kann sein Minenportfolio ausbauen und profitiert von der Vermarktung.

Die Nickelpreise an der London Metal Exchange (LME) konnten den begonnenen Höhenflug vorerst nicht fortsetzen. Ursächlich für die Euphorie im Markt war der hochgerechnete Zusatzbedarf durch die Elektromobilität. Es wurde aber schnell offenbar, dass der tatsächliche Mehrverbrauch noch würde auf sich warten lassen. Zudem ist die derzeitige Versorgungssituation mit Primärnickel noch hinreichend, insbesondere auch durch üppige, sichtbare Bestände in den Börsenlägern. Aber auch die zunehmenden Bemühungen der chinesischen Regierung die hohe Verschuldung der Unternehmen, insbesondere im Immobiliensektor, zu regulieren und zu reduzieren sowie dem Umweltschutz einen deutlich größeren Stellenwert einzuräumen, notfalls auch zu Lasten des Wachstums, haben vor allem die investiven Marktteilnehmer hellhörig werden lassen.

Dennoch fielen die Nickelkurse, die an einem Tag sogar kurz über USD 13.000,00/mt geklettert waren, nicht ins Bodenlose. Bei rund USD 11.000,00/mt war die Korrektur erst einmal zu Ende. Der Markt hat auf diesem Niveau anscheinend eine gute Unterstützung, da Anläufe tiefer zu gehen, jeweils immer wieder in einer Aufwärtsbewegung in Richtung USD 11.000,00/mt und höher mündeten. Das ist auch nicht verwunderlich, denn nicht nur die Endnachfrage nach Edelstahl ist nach wie vor robust. Auch die Prognosen für das Weltwirtschaftswachstum in 2018, einschließlich der seit der Finanzkrise lange unterdurchschnittlichen Emerging Markets-Länder, geben zu Hoffnung Anlass.

Ebenso zeigt die Entwicklung des Welthandels nach einer langen Phase von Schrumpfung und Siechtum (endlich) wieder nach oben und das allen Diskussionen bezüglich Protektionismus zum Trotz. Und dass China’s Wachstumsraten sich schrittweise im Nachkommabereich reduzieren ist auch kein wirkliches Problem, sondern vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit des Wachstums sogar eher zu begrüßen. Was nicht wenige Kommentatoren vergessen ist, dass ein graduell niedrigeres Wachstum auf einer höheren Basis immer noch absolut zu einer größeren Nachfrage führt. Und wenn das Angebot dann nicht entsprechend Schritt hält, kommt es in der Tendenz zu einer Reduzierung des bestehenden Angebotsüberschusses und ab einem gewissen Wendepunkt dann sogar zum Aufbau eines Nachfrageüberhangs.

Dazu passend hatte die Nachrichtenagentur Reuters zuletzt im November ihre traditionelle Umfrage bezüglich Preiserwartungen und Angebots-/Nachfragebilanz abgehalten. Für 2017 erwartet der Konsensus, was soviel heißt, wie der arithmetisch ermittelte Durchschnitt der Prognosen der Marktteilnehmer, im Nickelmarkt ein Angebotsdefizit von immerhin 49.350 Tonnen. Für 2018 soll dieses dann, wenn die Auguren Recht behalten, mit 43.000 Tonnen in etwa auf dem gleichen Niveau liegen. Das würde dann immerhin eine Reduzierung der bestehenden Nickellagerbestände von über 90.000 Tonnen bedeuten. Zum Vergleich: Bei Kupfer erwarten die Teilnehmer der Reuters-Erhebung für 2018 alleine einen Überschuss von 93.000 Tonnen. Dies zeigt auch, wie unterschiedlich die Fundamentaldaten der verschiedenen Basismetallmärkte sind.

Auf der Preisseite förderte die Umfrage folgende Erkenntnisse zutage. Für 2017 erwartet man, Stand November, einen Kassakursdurchschnitt von USD 10.245,00/mt (an und für sich kein großes Risiko für den Analysten, denn der Durchschnittskurs betrug per und mit Ende Oktober USD 10.148,10/mt). Für 2018 entfernt sich das Analystenkollektiv auch nur vorsichtig von der diesjährigen Entwicklung und erwartet dann einen LME-Cash-Preis von durchschnittlich USD 10.904,00/mt. Und es ist schon heute mehr als sicher, dass auch in 2018 der Kurs am Ende anders aussehen wird, als vorhergesagt. Vermutlich höher, aber das richtige Vertrauen in die Dynamik der Weltwirtschaft, wie es vor der Finanzkrise Common Sense war, ist noch nicht wieder zurückgekehrt. Die Hausse an den Aktienmärkten ist eher eine schematische Reaktion der Lemminge an den Finanzmärkten aufgrund der lockeren Geldpolitik und der Niedrig- bis Negativzinsen, als das Ergebnis einer Fundamentalanalyse oder Wette auf die positive Zukunft, weshalb viele der Anleger auch so eine höllische Angst vor einer Zinswende haben.

Im Nickelkontext scheint interessant, dass Indonesien und die Philippinen, die lange Zeit die Nachrichten dominierten, vorübergehend mehr oder weniger aus den Schlagzeilen verschwunden sind. Die Wahrnehmung beziehungsweise das Agenda-Setting der Medien scheint auch in diesem Fall recht selektiv zu sein. Denn während eine sich wiederholende Saisonalität bei Restaurants im Allgemeinen gut funktioniert, wie zum Beispiel Gans zu Weihnachten und Erdbeerbowle im Frühsommer, scheint diese dem gemeinen Rohstoffjournalisten zu profan. Man möchte eben nicht immer dieselbe Sau durch das Dorf beziehungsweise durch die Gazetten treiben. So liest man im Augenblick wenig über das sich reduzierende Nickelerzangebot sowie die geringeren Verschiffungen aufgrund der im Dezember einsetzenden Regenzeit auf den Philippinen. Auch das ist natürlich weiterhin ein Grund für die grundsätzlich gute Unterstützung des Nickelpreises.

In der vergangenen Ausgabe wurde über die zunehmende Umweltorientierung der chinesischen Politik berichtet und auch eine Erwartung geäußert, wie sich dieser Paradigmenwechsel auf die Technologieentwicklung bei der Stahlproduktion einschließlich der Schrottnachfrage auswirken könnte. Diese Einschätzung unterstützt nur zu deutlich ein Artikel der internationalen Fachpresse, der berichtet, dass der italienische Stahlwerksbauer Tenova nach eigenen Angaben innerhalb der letzten acht Monate Verträge zum Bau von sechs Elektrolichtbogenöfen (EAF = Electric Arc Furnace) in China abgeschlossen hat. Tenova merkt hierzu an, dass sich die Stahlproduktion in China in Übereinstimmung mit der Forderung der Regierung nach Reduzierung der CO2-Emissionen in Richtung von mehr Elektrostahlwerken verschiebt. Elektrolichtbogenöfen eignen sich insbesondere auch für den Einsatz von emissionsarmen Schrott- und Edelstahlschrotten als Basisrohstoff. Dazu passt nach wie vor nicht, dass China unlängst den Import von Schrotten erschwert hat. Aber was soll es, auch in der westlichen Politik und Verwaltungspraxis gibt es nicht gerade wenige Inkonsistenzen und Ungereimtheiten.

Der internationale Rohstoffgigant Glencore mit Firmensitz in Zug in der Schweiz steht kurz vor dem Abschluss einer relativ innovativen Form der Minenfinanzierung. Wie man dem Nachrichtendienst Bloomberg entnehmen kann, soll die Transaktion mit einem Volumen von USD 700 Millionen wie folgt aussehen. Glencore bringt Lizenzverträge in einem Wert von USD 350 Millionen aus 10 Minen in eine Gesellschaft ein, während die Pensionskasse der Lehrer Ontario‘s weitere USD 350 Millionen beisteuert, mit denen zusätzliche Bezugsrechte auf Lizenzgebühren aus anderen Minenprojekten erworben werden sollen. Steht für die Lehrer Ontario’s die Rendite zur Sicherung späterer Pensionsansprüche im Vordergrund, ist das Modell für Glencore gleich in mehrfacher Hinsicht attraktiv.

Zum einen kann in neue Minenprojekte investiert werden, ohne dass man dafür bei Glencore neue Schulden aufnehmen muss. Das ist insofern wichtig, da während der Rohstoffkrise im Jahr 2015 Zweifel an der Schuldentragfähigkeit des Konzerns zu erheblichen Aktienkursverlusten geführt hatten. Daraufhin hatte man die Verschuldung um rund 60% oder in Summe USD 13,9 Milliarden seit Mitte 2014 zurückgeführt. Attraktiv ist aber für Glencore auch, dass sich das Unternehmen über das Vehikel die Vermarktung der entsprechenden Rohstoffproduktion sichern kann und das ebenfalls, ohne die eigene Bilanz damit zu belasten. Häufig gerät in Vergessenheit, dass es sich bei Glencore nicht nur um einen sehr großen Rohstoffproduzenten, sondern auch um eine sehr schlagkräftige Handels- und Marketingorganisation handelt.

Was aber die Meldung darüber hinaus beachtlich macht, ist, dass der Lizenzdeal zu einem Zeitpunkt an den Markt kommt, wo sich nach Angaben von Banken und Brokern inzwischen nicht wenige große Investoren darüber Gedanken machen, ob diese an die Industriemetallmärkte zurückkehren sollen. Über Jahre hatte man diese nur vom Rand aus betrachtet. Was sich nun schon über einen gewissen Zeitraum leise ankündigt, wird zunehmend Gewissheit. Die Trendwende bei den Rohstoffmärkten im Allgemeinen und den Metallmärkten in Besonderen ist erfolgt und die Mutigen und Vorausschauenden suchen nun nach Einstiegsmöglichkeiten.

Was in George Orwells Buch „1984“ noch literarische Vorausschau und Phantasie war, ist inzwischen zur Realität geworden. “Big Brother is watching you“ und zwar in allen Lebensbereichen. So ist man beispielsweise in China seit 2014 dabei, ein sogenanntes Social Credit System zu entwerfen. Dieses soll bis zum Jahr 2020 eingeführt werden. Dabei wird jedem Bürger auf Basis von Regierungsdaten ein Rating oder mit anderen Worten eine Bewertung des individuellen, sozialen und ökonomischen Status und Verhaltens zugeordnet. Es handelt sich damit um ein Werkzeug zur Clusterung und Überwachung unter Verwendung der Big Data-Technologie. Entsprechend der bisherigen Planung zur Einführung dieses Systems geht es im Wesentlichen um vier Bereiche: die Ehrlichkeit in Verwaltungsangelegenheiten, die kommerzielle und soziale Integrität sowie die juristische Zuverlässigkeit.

Wenn man diese Gedanken weiterführt, wird man sich bald in China vergeblich zum Beispiel um einen Kredit oder eine bestimmte Anstellung bemühen, wenn man zuvor über eine rote Ampel gelaufen ist oder einen Verwaltungsbeamten unfreundlich behandelt hat oder bei einem Antrag die einzureichenden Dokumente in einem ersten Schritt nur unvollständig vorgelegt hat. So schlimm und vielleicht auch fern sich diese Vorstellung anhört, so nah ist diese auch für unseren eigenen Lebensraum. Denn die Daten über die Anfertigung eines solchen Social Credit Ratings liegen auch und gerade in den westlichen Ländern an allen Ecken vor und werden zunehmend für die verschiedensten Anwendungen vernetzt. Die Bürgerinnen und Bürger sollten hier wachsam sein, auch „wenn Sie nichts zu verbergen haben.“

Allen unseren Leserinnen und Lesern und Ihren Familien wünschen wir ein Frohes Weihnachtsfest und einen guten Jahreswechsel. Wir hoffen, Sie hatten Freude an der Lektüre dieses regelmäßigen Berichts und wären umso mehr motiviert, wenn Sie uns auch in 2018 die Treue halten würden.

LME (London Metal Exchange)

LME Official Close (3 Monate)
08. Dezember 2017
Nickel (Ni) Kupfer (Cu) Aluminium (Al)
Official Close
3 Mon.Ask
12.335,00
USD/mt
6.863,00
USD/mt
2.105,50
USD/mt
LME Bestände in mt
14. November 2017 08. Dezember 2017 Delta in mt Delta in %
Nickel (Ni) 379.590 376.938 – 2.652 – 0,70%
Kupfer (Cu) 258.800 195.150 – 63.650 – 24,59%
Aluminium (Al) 1.161.275 1.094.525 – 66.750 – 5,75%

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