Erwartungen nicht bestätigt. Nickel und auch andere Rohstoffe leichter. Finanzinvestoren liquidieren Positionen. China, die Philippinen und Gerüchte rund um den Brexit als Erklärungsangebote.

Wahlen in Nordrhein-Westfalen. Bildungspolitik als zentrale Kompetenz der Bundesländer in Deutschland. Flickenteppich als Status quo. Schulabschlüsse inflationiert und abgewertet.

China setzt sich Ziele hinsichtlich Schrotteinsatz in der Stahlproduktion. 220 kg pro Tonne sollen es bis 2020 sein. 2015 stand man bei 104 kg. Das sollte eine Menge Schrottnachfrage erzeugen.

Die Analyse der Analyse zeigt: der Schrotteinsatz ist im Wesentlichen vom Schrottangebot abhängig. Zusätzlich gibt es mitunter technische Restriktionen. Auch die Rohstoffpreise machen den Markt.

Manchmal kommt es anders und zweitens als man denkt. So ist das Eis nun geschmolzen, da der Verfasser mit seiner Erwartung falsch lag, dass die Nickelpreise gut unterstützt sind (vgl. die vorherige Ausgabe). Was bleibt sind klebrige Finger und: „Neue Prognose, neues Glück“. Entgegen der allgemeinen Erwartungen machten die Rohstoffpreise auf breiter Front einen spürbaren Satz nach unten. Die Nickelnotierungen an der London Metal Exchange (LME) tauchten sogar kurz unter die USD 9.000-Marke, um sich dann aber wieder in Richtung USD 9.300,00/mt zu befestigen. Grund hierfür soll ein Rückzug von Finanzinvestoren gewesen sein, die den Bedarf an Rohstoffen in China nach der Veröffentlichung der zuletzt eher enttäuschenden Einkaufsmanagerindizes skeptischer sehen.

Außerdem soll die Ablehnung der designierten Umweltministerin Regina Lopez auf den Philippinen Ausdruck für ein nun wieder steigendes Nickelerz-Angebot sein. Da aber merkwürdigerweise analog, unter anderen, auch die Aluminium- und Kupferpreise sowie der Ölpreis auf Sinkflug gingen, mit ebenso parallelen Erholungsbewegungen, scheint diese konkrete Begründung eher an den Haaren herbeigezogen. Die Rohstoffe und die Realwirtschaft befinden sich (leider) weiterhin im Würgegriff marktferner Kräfte. Und wo man schon bei einer verschwörungstheoretischen Terminologie angelangt ist, welche sich eher nach Star Wars, als nach Finanz- und Rohstoffmärkten anhört, darf eine weitere alternative Begründung für den Kursverfall nicht fehlen.

Vom Finanzplatz London wird berichtet, dass es dort, nach dem nun auch förmlich beantragten Brexit und der damit verbundenen Rhetorik, bei den Groß- und Investmentbanken zur konsequenten Umsetzung von deren Exit-Strategien kommt. Hierzu soll auch gehören, wenn man unbestätigten Gerüchten Glauben schenken mag, dass die Banken in durchaus spürbarem Umfang aus Rohstoffpositionen aussteigen, um diese in Einheiten außerhalb von Großbritannien gegebenenfalls wieder aufzubauen. Es erscheint in diesem Kontext aber nicht unbedingt plausibel, dass die Liquidierung von Positionen über den Markt zur Übertragung von Positionen notwendig sein soll. Allerdings ist durchaus belegt, dass einzelne Großbanken und andere Financial Player in den ohnehin engen Rohstoffmärkten und bei bestehenden Konzentrationen durchaus die Märkte gehörig in Bewegung versetzen können.

Auf jeden Fall wird den entsprechenden Hinweisen weiter nachgegangen, denn sollten sich diese verdichten, würde dies bedeuten, dass es bei dem Wiedereinstieg der Finanzinvestoren analog zu einer entsprechend starken Aufwärtsbewegung kommen könnte. Allerdings scheint die Situation in China nach zunächst verheißungsvollen Export- und Wachstumszahlen für das erste Quartal aktuell doch eher etwa mau. Auch schwelt die Situation an den überhitzten Immobilienmärkten weiter vor sich hin, ohne das eine Lösung in Sicht ist. Bei einem solch fundamentalen Schwergewicht wie China, mit einem Marktanteil von rund 55% an der weltweiten Edelstahlproduktion, wäre es allerdings ebenso wenig verwunderlich, dass lokale konjunkturelle Einflüsse auch global spürbare Wirkungen zeigen. Denn mit einer derartigen Produktionsmenge gehört China weltweit auch zu den größten Nickelnachfragern und -verbrauchern.

Gerade sind in Nordrhein-Westfalen (NRW), einem sehr bevölkerungsreichen, aber leider wirtschaftlich nicht mehr ebenso erfolgreichen, großen Bundesland der Bundesrepublik Deutschland die Wahlen zum Landesparlament über die Bühne gegangen. Die alte Regierung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und der Koalition von SPD und den Grünen wurde abgelöst. Unabhängig vom Ergebnis bekäme aber auch in NRW kein Politiker, auch nicht aus dem Siegerlager solche Sätze wie: „Das haben wir falsch gemacht“ oder „Da ist mir das Eis geschmolzen“ über die Lippen. Eine gewisse Unfehlbarkeit scheint ein weit verbreitetes Persönlichkeitsmerkmal. Das ist schade, denn auch wenn heute die meisten wichtigen politischen Entscheidungen in Brüssel oder Berlin getroffen werden, ist der Landespolitik, aus welchen Gründen auch immer, eine für die Zukunft der Volkswirtschaft extrem wichtige Domäne verblieben: die Bildungspolitik. Diese war vielleicht sogar wahlentscheidend in NRW.

Und die Zuständigkeit der Bundesländer rächt sich mit einem Flickenteppich von verschiedensten, nicht aufeinander abgestimmten bundeslandspezifischen Eigenheiten, so dass schon ein Umzug von einem Bundesland in ein anderes Lehrer oder auch Familien mit schulpflichtigen Kindern vor große Herausforderungen stellt. Die Unterschiede sind meistens ideologisch bedingt und umso mehr regiert in diesen Bereichen ein Dogma und nicht die Vernunft. Durch eine zufällige Begegnung kam es jetzt zu einer Bestätigung der bisher in der Öffentlichkeit nur hinter vorgehaltener Hand geäußerten Befürchtungen. Es gibt eine extrem hohe Quote an Studienabbrechern. Breitere wissenschaftliche Untersuchungen über die Gründe scheint es aber nicht zu geben, wären diese auch nicht besonders schmeichelhaft für die seinerzeitigen Motoren hinter der Bewegung „Abitur und Studium für alle“.

Nun steht man vor dem Scherbenhaufen. Frustrierte Studienabbrecher auf der einen Seite und fehlende qualifizierte Bewerber für Lehrstellen auf der anderen Seite sind die Folge einer Bildungspolitik, die alle gleichmachen möchte, obwohl diese Gleichheit nicht besteht. Nun soll es die sogenannte duale Ausbildung richten, die Studium und Lehre quasi vereint. Man könnte auch sagen ein gesichtswahrender Kompromiss. Wieso ist es so schwer anzuerkennen, dass Menschen unterschiedliche Stärken haben und daher auch in unterschiedlichen Laufbahnen besser aufgehoben sind, und zwar unabhängig von der gesellschaftlichen Herkunft. Und so gehört ein grenzdebiler Bonzenlümmel vielleicht auch im eigenen Interesse besser nicht auf ein Gymnasium, wie ein Begabter aus einer bildungsfernen Schicht unbedingt auf ein Gymnasium gehen sollte.

Beides muss ein adäquates Bildungssystem sicherstellen, wenn man in einer Bildungsgesellschaft in der Zukunft keine Ressourcen verschwenden oder falsch zuteilen möchte. Durch die Parole „Abitur für alle“, wurde vielleicht manchem Menschen geschmeichelt, einen Gefallen getan hat man diesem aber, wie die hohe Anzahl der Abbrecher zeigt, nicht. Gleichzeitig wurden aber alle anderen etablierten Bildungseinrichtungen neben Gymnasium und Hochschulen abgewertet. Es ist zu wünschen, dass sich die Regierungen, nicht nur in NRW oder Deutschland, dieses Themas annehmen, denn so platt es sich anhört, so richtig ist, dass Bildung Zukunft bedeutet. Und gerade in einer Zeit in der so viel von Digitalisierung gesprochen wird, braucht es auch ganz neue Konzepte in der Bildung und Gesellschaftspolitik, damit die Menschen, die durch die zunehmende Roboterisierung redundant werden, auch in Zukunft ein finanzielles Auskommen, aber auch eine erfüllte Beschäftigung haben. Das tolle ist, dass die Infrastruktur und Verwaltung in Deutschland für eine konzentrierte und schnelle Umsetzung vorhanden wäre, es mangelt aber an der Richtung und sicher an der Priorisierung, auch im Hinblick auf Mittel und Personen.

Bei der Recherche zu dieser Publikation stößt man immer wieder auf Beiträge in durchaus renommierten Fachmedien, die offenbaren, dass es häufig wohl eher um die Produktion von Wörtern geht, als um brauchbare Inhalte. Die Leser werden zwar mit Daten und Informationen überflutet, ohne dass aber ein Erkenntnisgewinn geschaffen wird. Oder mit anderen Worten: die Lektüre bringt den Leser auch nicht weiter. Leider scheint das ein Zeichen der Zeit beziehungsweise der modernen Informationsgesellschaft zu sein. Das sinnvolle Filtern von Informationen und Daten wird daher immer wichtiger, aber wegen der schieren Masse auch immer schwerer.

Unter dem Titel: „Wird in China das angestrebte Schrottnachfrageziel endlich doch erreicht?“ berichtet ein Magazin, dass ein höherer Schrotteinsatz bei den „grünen“ Entwicklungszielen in China eine hohe Priorität habe. Eine grundsätzlich erfreuliche Feststellung würde man meinen. Das Ziel läge zwar im internationalen Vergleich mit angestrebten 220 kg oder 22% pro produzierter Tonne niedrig, aber dies entspräche immerhin einer Verdoppelung gegenüber dem Schrotteinsatz von 104 kg im Jahr 2015, welcher durch die China Association of Metal Scrap Utilization (CAMU) berechnet wurde. Der Autor weist darauf hin, dass der Schrotteinsatz zehn Jahre vorher höher, nämlich bei 176 kg gelegen hätte. Sollte das Ziel von 22% Schrotteinsatzquote bis 2020 umgesetzt werden, würde dies einer absoluten Schrottnachfrage von 187 Millionen Tonnen entsprechen, was bezogen auf die Weltschrottnachfrage eine Mehrmenge von 20% gegenüber heute bedeuten würde. Weiter wird berichtet, dass die bisherige Zurückhaltung China’s bezüglich Schrotteinsatz vor allem ökonomische Gründe gehabt hätte. Erst zuletzt wäre Schrott preislich deutlich attraktiver als die komplementär und überwiegend eingesetzten Primärrohstoffe gewesen. Und damit endet dann auch die „Analyse“.

Die Kritik ist hier nicht, dass falsche Angaben gemacht wurden, sondern dass die sogenannte Analyse allenfalls an der Oberfläche kratzt, ohne die eigentlich wesentlichen Aspekte zu beleuchten. Das soll hier nachgeholt werden. Erstens darf man grundsätzliche Betrachtungen über den Schrotteinsatz eher nicht von der Nachfrageseite her beginnen. Schrott ist ein in der kurzen Frist ebenso knappes Gut, wie die Primärrohstoffe. Daher kann die Nachfrage so hoch sein, wie sie will. Es kann nicht mehr eingesetzt werden, als vorhanden ist. Und es gibt auch keine Halden, aus der eine größere Nachfrage bedient werden könnte. Vielmehr werden die Möglichkeiten durch das knappe Angebot determiniert, welches wiederum abhängig ist von der gegenwärtigen Metallverarbeitung und deren Produktionsresten, dem Ausmaß des historischen Verbrauchs von Metallen und der Lebensdauer bis Metallprodukte entsorgt werden sowie dem Rohstoffpreisniveau. Denn je höher die Rohstoffpreise, desto mehr Schrott wird in der Regel angeboten.

Bei der unglaublich großen Stahlproduktion in China und der verglichen mit Europa verhältnismäßig kurzen Periode eines extensiven und flächendeckenden Stahlgebrauchs, muss einem ein Ziel von 220 kg daher eher ambitioniert vorkommen. Ziele müssen daher, sollen diese realistisch sein, im Einklang mit der Schrottverfügbarkeit stehen. Selbst wenn man es wollte, wäre es im weltweiten Durchschnitt kaum möglich, mehr als 50% zu erreichen. Kurzfristig ist einfach nicht mehr Schrott verfügbar. Trotzdem wird aber der absolute Schrotteinsatz natürlich deutlich steigen. Zweitens wird die Quote auch durch die technischen Gegebenheiten determiniert. Hierzu muss man wissen, dass China zu den Ländern mit dem geringsten Anteil an Elektrostahlerzeugung gehört. Gerade diese ist für einen maximalen Schrotteinsatz bis zu 100% entwickelt worden und prädestiniert. In China wird Stahl im Wesentlichen über die Hochofenroute produziert und hier liegt technisch bedingt der maximale Schrotteinsatz eher bei 20-30%. Auch das ist bei der Analyse von tatsächlichen und angestrebten Schrotteinsatzquoten zu berücksichtigen. Drittens dürfen bei einer ökomischen Betrachtung die qualitativen Aspekte nicht außer Acht gelassen werden.

Bei einer näheren Untersuchung wird klar, dass die in China lange Zeit bestehenden Kostenvorteile der Primärrohstoffe über den Schrott vor allem auch auf Marktverzerrungen zurückzuführen sind. Auf Kosten von Arbeitsbedingungen, Umweltverschmutzung und Ausbeutung der Erzlieferländer sowie flankiert durch protektionistische Außenhandelsbeschränkungen hinsichtlich Rohstoffausfuhren wurden Primärrohstoffpreise in China systematisch und künstlich zur Subvention der heimischen Stahlindustrie verbilligt.

LME (London Metal Exchange)

LME Official Close (3 Monate)
15. Mai 2017
Nickel (Ni) Kupfer (Cu) Aluminium (Al)
Official Close
3 Mon.Ask
9.345,00
USD/mt
5.612,00
USD/mt
1.905,00
USD/mt
LME Bestände in mt
18. April 2017 15. Mai 2017 Delta in mt Delta in %
Nickel (Ni) 369.354 379.638 + 10.284 + 2,78%
Kupfer (Cu) 255.425 325.150 + 69.725 + 27,30%
Aluminium (Al) 1.745.750 1.545.025 – 200.725 – 11,50%

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