US-Sanktionen führen bei Aluminium und Nickel zu einer „Burj Khalifa-Formation“. Explosion und Luftablassen innerhalb nur eines Tages. Gegenwärtig handelt Nickel auf dem vorherigen Niveau.
Die Sanktionspolitik der Vereinigten Staaten zeitigt zunehmend extraterritoriale Folgen. Die Wiedereinsetzung von Sanktionen gegen den Iran ist nur ein weiteres Kapitel.
Die Standardisierung von organisatorischen Prozessen in der Arbeitswelt hat viel mit Artificial Intelligence (AI) zu tun. Im Guten wie im Schlechten. Lernen kann man von den Erfahrungen allemal.
Tesla will den Kobalt-Anteil in seinen Batterien reduzieren. Die INSG erwartet nach 2017 auch für 2018 ein Angebotsdefizit bei Nickel. LME verlegt testweise die Schlusskursermittlung aus dem Ring.
Wie in der letzten Ausgabe bereits erwartet, hat sich die Verschärfung der US-Sanktionen gegen Russland nach dem Aluminiumpreis nun auch deutlich auf die Nickelnotierung an der London Metal Exchange (LME) ausgewirkt. Im Zentrum der Befürchtungen stand dabei der russische Nickelproduzent Norilsk Nickel, der für rund 10% der Weltnickelproduktion steht. Wirft man einen Blick auf die Nickelchart (grafische Darstellung der Nickelpreisentwicklung) dieses Jahres, fühlt man sich an die Skyline von Dubai erinnert. Dabei sind zunächst natürlich die zahlreichen Wolkenkratzer in dieser Science Fiction-Stadt faszinierend. Aber unter allen diesen mehrere hundert Meter hohen Gebäuden sticht der Burj Khalifa mit seinen beinahe 830 Metern, als höchstes Gebäude der Welt, gleichsam wie eine riesige Nadel hervor.
Und ebenso verhält es sich mit der Chart für Nickel (und übrigens nicht überraschend auch für Aluminium). Am 19. April 2018 schoss der Nickelpreis auf ein Hoch von USD 16.690,00/mt. Das ist gegenüber der Börseneröffnung zum Jahresanfang, die bei USD 12.700,00/mt lag, ein Plus von USD 3.990,00/mt oder 31,4%. An den Burj Khalifa erinnert der Kursverlauf allerdings vor allem deswegen, weil sich die im Zuge der US-Sanktionen entstandene Panik nach entsprechenden Statements und Pressemeldungen von Norilsk Nickel und aus den USA wieder beruhigte.
Dadurch wurde die spekulative Luft aus der Notierung wieder abgelassen und noch am gleichen Tag ging Nickel mit einem Kurs von USD 15.025,00/mt aus dem Markt. Wenige Tage später waren Angst und Euphorie gleichermaßen vollständig wieder verflogen und die Preise pendelten sich auf einem fundamental nachvollziehbaren Niveau von knapp unter USD 14.000,00/mt ein. Immerhin zeigt dieser Höhenflug, was an den Rohstoffmärkten innerhalb von kurzer Zeit in die eine und in die andere Richtung möglich ist. Und die Gefahr für Wiederholungen ist mitnichten gebannt, sondern bei aller Unberechenbarkeit der Politik im Augenblick ein steter Begleiter.
Überhaupt treibt das Thema Sanktionen inzwischen merkwürdige Blüten. Die Vereinigten Staaten von Amerika treiben die anderen Länder und deren Unternehmen mit ihrer Sanktionspolitik vor sich her. Denn bestraft wird auch jeder, der mit den von den USA sanktionierten Ländern Handel treibt. Damit stellt die USA extraterritoriale Ansprüche und nimmt massiven Einfluss auf andere Hoheitsgebiete und deren Wirtschaftssubjekte. Die gerade erfolgte Aufkündigung des Atomdeals mit dem Iran und die Ankündigung der Wiedereinsetzung von Sanktionen sind ein gutes Beispiel.
Wie sollen sich die Europäische Union und ihre Unternehmen nun verhalten? Schon die Russlandsanktionen haben deutlich gezeigt, was dann passiert. Hektisch müssen in London und in der Schweiz Aktienpakete verkauft werden, um nicht die Einstellung des Börsenhandels für bestimmte Unternehmen zu riskieren, an denen Russen mehrheitlich beteiligt sind. Die Finanzindustrie hat sich längst und relativ widerstandslos dem Regime der US-Sanktionen unterworfen. Kaum ein größerer Kreditvertrag, der nicht neben der Einhaltung von EU- und UN-Sanktionen mittlerweile auch die Einhaltung von US- und sonstigen Sanktionen fordert. Grund ist, dass die Finanzinstitute Angst haben, als Strafe für eine Nichtbeachtung von US-Sanktionen, das Recht zur Teilnahme am US-Dollarhandel entzogen zu bekommen.
Das ist ein scharfes Schwert, denn die meisten internationalen Zahlungen werden in US-Dollar abgewickelt und laufen zum Clearing alle, man sollte es kaum glauben, über die USA. Und die Lobby der Finanzindustrie ist nach den Verfehlungen während der Finanzkrise noch relativ schwach und die Politik kaum zu einer Unterstützung des europäischen Bankensektors bereit. Sollte sie aber sein, denn auch so funktioniert der Wirtschaftskrieg der USA gegenüber Europa und dem Rest der Welt. Nun ist die Regierung im Iran kein Waisenknabe und auch in der Politik Russlands gibt es manch Kritikwürdige. Ob das aber eine solch eruptive Sanktionsstrategie rechtfertigt, steht auf einem anderen Blatt. Und, ob man damit mehr erreicht, als auf anderem Wege.
Donald Trump würde sagen ja, aber solange diese Entscheidungen nur die USA betreffen, meinetwegen „America First“ mit allen Konsequenzen. Wenn aber andere Nationen zwangsweise in etwas hineingezogen werden, was sie eigentlich nicht für richtig halten, dann muss auch einmal Schluss sein. Die USA stellen sich damit auf lange Sicht einmal mehr ins Abseits. Was, wenn Trump Belgien nicht mehr für eine einstmals schöne Stadt hält, sondern für ein „shithole country“. Dann muss er vielleicht auch zu Sanktionen greifen. Und was dann?
Das Thema Artificial Intelligence (AI) wurde an dieser Stelle schon des Öfteren thematisiert. Dabei wurde auch festgestellt, dass es so etwas wie künstliche Intelligenz im engeren Sinne noch gar nicht gibt. Vielmehr handelt es sich um die effiziente und äußerst komplexe Verarbeitung von Transaktionen unter Berücksichtigung einer Vielzahl von Daten und Dimensionen, die über menschgemachte (durch Menschen programmierte) Software und Abläufe unterstützt oder sogar weitgehend autark durch IT-Systeme durchgeführt wird. Vor den möglichen Folgen einer zu weitgehenden Digitalisierung wurde gewarnt. Die Diskussion hierzu ist in der Öffentlichkeit in vollem Gange.
Dabei könnte ein Blick auf bereits seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten etablierte Abläufe und deren Ergebnisse in der Beurteilung helfen. So bemühen sich insbesondere Großkonzerne, aber auch andere Großorganisationen, wie zum Beispiel Behörden, mit tatkräftiger Unterstützung durch sogenannte Unternehmensberater, in ihren jeweiligen Geschäften Prozesse zu identifizieren, die über eine genaue Beschreibung und Standardisierung effizienter und weniger anfällig für Fehler werden sollen. Aus eigenen Erfahrungen mit Callcentern von Banken, Telekommunikationsunternehmen und Energieversorgern sind uns allen diese Prozesse und ihre mitunter fragwürdigen Resultate bestens bekannt.
Doch nicht nur an solchen sichtbaren Stellen gibt es klar definierte Prozesse. Diese haben mittlerweile fast überall Einzug gehalten. Und einen großen „Vorteil“ gibt es. Bei derartig detailliert und genau beschriebenen Abläufen benötigt man eigentlich kaum mehr qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um diese auszuführen, denn es ist ja alles exakt beschrieben. Und einstmals zu eigenem Denken und Handeln befähigte Personen verlieren diese Fähigkeit mit der Zeit, denn das eigene Denken und Entscheiden ist aufgrund der klaren Vorgaben nicht mehr gefragt.
Nun sind die Gefahren dieser Human Intelligence eigentlich die Gleichen wie bei der AI, denn das Prinzip ist auch das Gleiche. Kaum gibt es Abweichungen vom Standard, stockt der Prozess und es kommt noch schlechter, denn es gibt ja keinen mehr der sich traut, eine Entscheidung zu fällen, weil diese ja nicht Bestandteil der bestehenden festgelegten Optionen ist. Auch ist das Risiko bei einer falschen Entscheidung in Verantwortung gezogen zu werden groß. In der Theorie muss es daher Eskalationsmechanismen geben, die die Entscheidung in solchen Fällen auf dazu autorisierte Ebenen schleusen soll.
Doch ist bei den Bearbeitern der ersten Stufe häufig eine erhebliche Zurückhaltung der Eskalation festzustellen, denn zum Beispiel jeder unzufriedene Anrufer oder Kunde, bei dem etwas nicht klappt, fragt nach dem Vorgesetzten und Abteilungsleiter. Daher wird zur Sicherheit im Zweifel zu wenig eskaliert, es sei denn es meldet sich ein Anwalt oder die Polizei. Jeder wird diese Erfahrungen gemacht haben. Und was ist die Schlussfolgerung: Bei allen Prozessen, ob nun durch Menschen oder durch die IT, darf der Mensch als Entscheidungsträger nicht neutralisiert werden. Und natürlich, die vorstehenden Darstellungen sind auf die Spitze getrieben.
Wie das Metal Bulletin den Chairman und Chief Executive Officer Elon Musk aus einer Telefonkonferenz des Elektromobilherstellers Tesla zitiert, arbeitet man dort schon seit einigen Jahren an der Reduzierung des Kobaltanteils in Batterien. Musk ist zuversichtlich, dass eine erhebliche Reduzierung möglich ist, so dass man auf Kobalt wird bald beinahe ganz verzichten können. Schon heute sei der Kobaltanteil in den Batteriekathoden bei Tesla niedriger als bei den Wettbewerbern. Der Nickelanteil auch bei den Tesla-Batterien wird hingegen steigen, um die notwendige Energiedichte zu gewährleisten oder sogar zu erhöhen. Natürlich hat das Unternehmen Tesla auch ein Eigeninteresse aktuell mit positiven Nachrichten aufzuwarten, da es in letzter Zeit eine Menge Kritik und Gegenwind hinsichtlich der fehlenden Performance gab. Diese Meldung steht aber auch in Einklang mit vorherigen Berichten in dieser Publikation hinsichtlich des sukzessiven Ersatzes von Kobalt durch Nickel in Batterien.
Die International Nickel Study Group (INSG) berichtet in einer Pressemitteilung von der Ende April ausgerichteten Frühjahrstagung der nickelproduzierenden, nickelverbrauchenden und Nickel handelnden Mitgliedsstaaten in Lissabon, Portugal. Dort ist zu lesen, dass die Nickel Pig Iron (NPI)-Produktion in China, die 2016 noch gesunken war, in 2017 wieder deutlich zugenommen hat. Auch für 2018 wird mit einem weiteren Anstieg gerechnet. Grund ist die wieder gestiegene Verfügbarkeit von Nickelerzen aus Indonesien.
Die Weltprimärnickelproduktion, die in 2016 noch 1,989 Millionen Tonnen betrug, ist in 2017 um 4,37% auf 2,076 Millionen Tonnen gestiegen. Für 2018 rechnet man mit einem Anstieg um 7,27% auf 2,227 Millionen Tonnen. Auf der Verbrauchsseite lauten die Werte von 2016 bis 2018 wie folgt: 2,033 Millionen Tonnen in 2016 und 2,192 Millionen Tonnen in 2017. Die Vorhersage der INSG für 2018 beträgt 2,344 Millionen Tonnen. Für die Jahre 2017 und 2018 ergeben sich damit wesentliche Angebotsdefizite beziehungsweise Nachfrageüberschüsse von jeweils über 100 Tausend Tonnen. Damit sollten die Nickelnotierungen von fundamentaler Seite gut unterstützt sein.
Die LME plant die Ermittlung der Tagesschlusskurse für den 3-Monats-Nickelkontrakt vorübergehend von der Präsenzbörse auf die börseneigene, elektronische Handelsplattform zu verlegen, so eine Mitteilung von Matt Chamberlain, dem Chief Executive der Metallbörse. Alle anderen Preise und Fälligkeiten, auch die von Nickel, werden weiterhin auf die herkömmliche Art und Weise erhoben. Der Schritt soll Anfang kommenden Jahres erfolgen und für drei Monate gelten. Dabei handelt es sich um einen Test, um festzustellen, inwieweit dieses machbar ist und funktioniert, nachdem einige Börsenmitglieder den Vorschlag für eine Einstellung des Präsenzhandels im Ring hin zu einer vollelektronischen Börse eingebracht hatten. Parallel wurde bekanntgegeben, dass die LME auch nach einem Brexit ihren Sitz in London behalten möchte.
LME (London Metal Exchange)
LME Official Close (3 Monate) | ||||
11. Mai 2018 | ||||
Nickel (Ni) | Kupfer (Cu) | Aluminium (Al) | ||
Official Close 3 Mon.Ask |
13.975,00 USD/mt |
6.907,00 USD/mt |
2.275,00 USD/mt |
LME Bestände in mt | ||||
16. April 2018 | 11. Mai 2018 | Delta in mt | Delta in % | |
Nickel (Ni) | 311.988 | 311.604 | – 384 | – 0,12% |
Kupfer (Cu) | 352.000 | 281.075 | – 70.925 | – 20,15% |
Aluminium (Al) | 1.360.275 | 1.264.250 | – 96.025 | – 7,06% |