LME-Nickelnotierung wieder über USD 15.500 pro Tonne. Edelstahlproduktion und Konjunktur insbesondere in China deutlich erholt. Anteil der 300er Serie zuletzt deutlich gestiegen. Das führt zu höherem Nickelbedarf.

ISSF veröffentlicht Statistik für das 2. Quartal 2020. Covid-19 bedingt bleibt der Output für das 1. Halbjahr hinter den Erwartungen zurück. Wie INSG berichtet, hat sich das Defizit in einen Überschuss gedreht.

Erneut Roll-over beim Ferrochrom-Benchmark-Preis für das Q4 2020. Der gemeinhin erwartete, leichte Anstieg erfolgte nicht. Aussichten für Q1 2021 unklar, insbesondere nach erneut steigenden Infektionszahlen.

China setzt mehr Edelstahlschrott ein. Technische Restriktionen und Verfügbarkeit setzen Limits für den Schrotteinsatz. Regulierung in China soll dem hohen Bedarf angepasst werden.

„Nickelpreise im Gleichgewicht“
Nach der Konsolidierung der Nickelpreise an der London Metal Exchange (LME), fast über den gesamten September, bis hin zu einem Tief von knapp über USD 14.000,00/mt, ist seit Oktober wieder eine deutliche Erholung festzustellen. Die Preise befestigten sich mit rund USD 15.700,00/mt wieder bis auf ein Kursniveau, welches schon Ende August/Anfang September erreicht wurde. Offensichtlich überrascht eine weiterhin im Lichte der Covid-19-Pandemie robuste, globale Edelstahlproduktion, insbesondere in China (und Indonesien).

Auf diesen Nickelpreislevels wird die Luft aber langsam dünn. Auch wenn am LME-Nickelmarkt grundsätzlich immer alles passieren kann, ist angesichts der gegenwärtigen makroökonomischen Aussichten ein Durchmarsch auf USD 20.000,00/mt und höher jedoch eher unwahrscheinlich. So sind die Analysten der Macquarie Bank der Ansicht, dass sich der Nickelmarkt und damit die Preise gegenwärtig in einem gewissen Gleichgewicht befinden. Wie in deren Publikation auch zutreffend geschrieben wird, darf bei der Betrachtung und Analyse der Edelstahlproduktion, als wichtigstem Nachfrager nach Nickel, auch nicht vernachlässigt werden, dass gerade die höher nickelhaltige 300er Serie in China und Indonesien im September um 28% im Jahresvergleich gewachsen ist.

Selbst wenn die gesamte Edelstahlproduktion in diesen beiden Ländern für das Gesamtjahr bis heute in etwa unverändert geblieben ist, ist die 300er Serie in China und Indonesien immerhin um 5% gestiegen. Bei den Mengen, die dort produziert werden, ergibt sich rein durch die unterschiedliche Entwicklung der verschiedenen Qualitäten pro Jahr schnell ein zusätzlicher Nickelbedarf im höheren 5-stelligen Tonnenbereich, ohne dass sich die Gesamttonnage der Edelstahlproduktion insgesamt geändert hätte. Hinzu kommt die jeweilige Verfügbarkeit an Edelstahlschrott, die auch im Zeitverlauf nicht konstant ist, so dass bei geringer Verfügbarkeit mehr Primärnickelträger eingesetzt werden müssen.

Mit dem Virus leben
Auch ohne auf die täglich veröffentlichten Infektionszahlen zu schauen, gibt es auch noch andere Frühindikatoren, wie die Aktienmärkte oder die Klopapierverkäufe bei den Discountern, die dem sensiblen Beobachter sagen, dass sich die Covid-19-Pandemie in Deutschland und den anderen EU-Ländern gerade einmal wieder in die falsche Richtung bewegt. Die von allen Seiten erhoffte, sichere und wirksame Impfung scheint auch noch in weitere Ferne gerückt, insbesondere nachdem bekannt wurde, dass die klinischen Tests von Johnson & Johnson sowie Eli Lilly in den letzten Tagen wegen Sicherheitsbedenken hinsichtlich der Probanden unterbrochen wurden.

Den Regierungen und der unermüdlich und auf Hochtouren forschenden Wissenschaft kommt nicht leicht über die Lippen, dass man seit dem Frühjahr zwar schon einiges dazugelernt hat, aber immer noch wesentliche Teile des Verhaltens des Virus im Dunkeln liegen. Das ist keine Kritik, sondern eine Feststellung und ergibt sich aus der Natur der Sache. Die derzeit von der Politik an den Tag gelegte Regelungswut erscheint hingegen zunehmend widersprüchlich und soll wohl die bestehende Hilflosigkeit überdecken. „Bis 23 Uhr darf man sich ins Koma saufen, ab 23 Uhr 30 gibt’s nichts mehr“, mokierte sich zum Beispiel der Chef der deutschen Kassenärztlichen Bundesvereinigung Dr. Andreas Gassen.

Was die deutsche Regierung verständlicherweise unter allen Umständen vermeiden möchte, ist, dass seit der Flüchtlingskrise nun schon der zweite Kontrollverlust drohen könnte. Das könnten die Wählerinnen und Wähler übel nehmen. So wie die Auswirkungen des Klimawandels global sind, gilt das Gleiche für die Folgen der Coronakrise und besonders auch der damit verbundenen (Schutz-)Maßnahmen. Es handelt sich also um globale Probleme, die auch einer globalen Betrachtung bedürfen und keiner rein nationalstaatlichen Perspektive, auch wenn sich wie immer jeder selbst der Nächste ist. Aber wie will man beim Klimawandel auf eine Kompromissfähigkeit zum Beispiel der afrikanischen und asiatischen Staaten hoffen, wenn nun bedingt durch die Corona-Maßnahmen dort Millionen Menschen an Hunger oder nicht nur an Corona, sondern auch noch an vielen anderen Krankheiten aufgrund eingestellter oder erschwerter Behandlungen sterben. Die letzten Zahlen werden allerdings nicht auf täglicher Basis veröffentlicht und können daher auch nicht so schockieren.

Vielleicht wäre es an der Zeit, der Bevölkerung gegenüber das derzeit noch immer sehr beschränkte Verständnis einzuräumen und sich zu überlegen, wie wir in den nächsten Jahren mit dem Virus leben können. Denn es ist zunehmend unwahrscheinlich, dass eine Ausrottung möglich ist, es sei denn es ergäbe sich als glücklicher Umstand eine spontane Mutation der Natur.

Wenn zum Beispiel ein führender und sicher nicht dem Lager der Corona-Leugner zuzurechnender Wissenschaftler, wie Gérard Krause, seit 2011 Leiter der Abteilung Epidemiologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig in einem Interview im Deutschlandfunk auf die Frage zum Grenzwert der 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche antwortet: „Ich habe sowieso nie verstanden, wo der herkommt. Es wäre auch mal interessant zu erfahren, wie man auf den Wert gekommen ist.“, dann bringt das die gegenwärtige Situation auf den Punkt.

Edelstahlproduktion im 2. Quartal leicht erholt, allerdings nur in China
Das International Stainless Steel Forum (ISSF) hat die Edelstahlproduktionszahlen für das 1. Halbjahr 2020 bekannt gegeben. Wie erwartet ist die Produktion im 2. Quartal 2020 mit der Ausnahme von China in allen Regionen zurückgegangen. In China konnte sich der Edelstahloutput deutlich von 6,08 Mio. Tonnen im 1. Quartal auf 7,88 Mio. Tonnen erholen. Dennoch bleibt unter dem Strich kumuliert auch für China noch ein Minus von 2,7% für das Halbjahr gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Hingegen sind die sonstigen asiatischen Produzenten (allerdings ohne die gewichtigen Edelstahlnationen Südkorea und Indonesien) mit minus 23,9% und die USA mit minus 20,3% am stärksten getroffen, aber auch die Europäer stehen diesen mit einem Minus von 16,3% kaum nach. Weltweit bleibt in diesem, von Covid-19 geprägten Jahr die Edelstahlproduktion mit 23,67 Mio. Tonnen weit hinter den Erwartungen zurück.

Die Zahlen für das 3. Quartal sollten sich insgesamt etwas besser darstellen, für das 4. Quartal muss man schon wieder etwas vorsichtiger sein, denn weltweit steigen die Fälle der positiv auf das Coronavirus Getesteten wieder an. Damit sind weitere Friktionen für das Rohstoffangebot sowie Produktion und Nachfrage nicht ausgeschlossen. Die allgemeine Stimmung der privaten und unternehmerischen Konsumenten könnte schon bald wieder sinken. In diesen Zusammenhang passt, dass die International Nickel Study Group (INSG) berichtet, dass sich der Primär-Nickel Marktüberschuss im Juli 2020 zuletzt mit 8.900 Tonnen gegenüber 14.700 Tonnen im Vormonat etwas verkleinert hat. Für die ersten 7 Monate des Jahres 2020 stellt die INSG aber weiterhin einen Angebotsüberschuss von rund 90.000 Tonnen fest. Im vergangenen Jahr 2019 hatte zum gleichen Zeitpunkt noch ein Defizit von rund 35.000 Tonnen Nickel bestanden, aber da gab es ja auch kein Covid-19.

London Metal Exchange kann aufatmen
Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, konnten sich die Zentralbank von England und die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) darauf einigen, dass Banken in der Europäischen Union von Januar 2021 bis Juni 2022, also für weitere 18 Monate, Clearinghäuser in London zur Abwicklung von Derivatentransaktionen, wie zum Beispiel LME-Nickel-Futures und -Optionen, nutzen können. Bereits zuvor hatte die EU umgekehrt den UK-Clearinghäusern Zugang zur EU für weitere eineinhalb Jahre gestattet. Das ist auch für die London Metal Exchange (LME) von Bedeutung, da das Clearinghaus LME Clear wesentlich für die Abrechnung der Handelstransaktionen an der LME ist.
Das Clearinghaus nimmt aufgrund eines Vertrages mit den Clearingmitgliedern durch Saldierung den Ausgleich der gegenseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten vor und trägt dadurch wesentlich zum Funktionieren des Marktes der LME bei. Der wirtschaftliche Vorteil ist, dass sich Kreditinstitute und Broker nicht mehr mit dem Ausfallrisiko einer Vielzahl von Gegenparteien befassen müssen, sondern lediglich mit dem Ausfallrisiko weniger Clearinghäuser. LME Clear gehört neben LCH und ICE Clear Europe zu den drei Clearingunternehmen in Großbritannien, welchen dieser vorrübergehende Zugang in die EU erlaubt wurde.
Durch den Brexit endet mit dem Jahresende 2020 die Mitgliedschaft in der EU und damit der freie Zugang unwiderruflich. Brüssel hat aber klar gemacht, dass die Banken in der verkleinerten EU die 18 Monate dazu nutzen sollen, ihre Abhängigkeit von den Clearinghäusern in Großbritannien zu reduzieren. Das sieht die britische Seite logischerweise anders und versucht nach eigenen Angaben mit den Behörden zu einer langfristigen Regelung hinsichtlich eines permanenten Zugangs zu kommen.

FeCr-Benchmarkpreis bleibt auch für Q4 stabil
Der europäische Referenzpreis für high-carbon und charge chrome Qualitäten bleibt zum dritten Mal in Folge in diesem Jahr unverändert bei USD 1,14 per lb. Bei dieser zukunftsgerichteten Indikation für südafrikanisches Ferrochrom zum Verbrauch in den Stahlwerken in Europa scheint sich in den letzten Verhandlungen die Erkenntnis und Erwartung durchgesetzt zu haben, dass es auch für das letzte Quartal des Jahres, weder eine wesentliche Veränderung in die eine, wie in die andere Richtung geben wird. Die Spotpreise für Ferrochrom liegen in der Regel niedriger, weil zwischen Lieferanten und Verbrauchern individuelle Abschläge auf den Referenzpreis verhandelt werden. Marktbeobachter und -analysten hatten in der Tendenz eher mit einem leichten Anstieg gerechnet, der sich aber nicht materialisiert hat.

China setzt mehr Edelstahlschrott ein
Korrespondenten des Metal Bulletin beziehungsweise Fastmarkets, wie die Publikation inzwischen heißt, berichten aus China, dass die dortigen Edelstahlproduzenten in den vergangenen zwei Monaten den Einsatz von Edelstahlschrott erhöht hätten, um ihre Rohstoffkosten in einem Umfeld steigender Ferrolegierungspreise zu optimieren. Insbesondere hatten sich die Kosten für die Primärnickelträger vor dem Hintergrund steigender Nickelpreise an der LME zeitweise deutlich erhöht. Betrug der Anteil bislang um 15%, soll der Anteil zuletzt auf 20 bis 30%, für einzelne Werke teilweise sogar noch höher angestiegen sein. Zum Vergleich, in der EU werden aktuell bis zu 90% Edelstahlschrott eingesetzt.

Letztlich setzen weltweit nur die beschränkte Verfügbarkeit und technische Restriktionen, vor allem in China und Indonesien, dem Schrotteinsatz ein Limit. Aber schon ein Anstieg von „nur“ 5% in China hat wesentliche Auswirkungen auf die Mengenströme des Edelstahlschrotts sowie die äußerst positive Umwelt- und Energiebilanz, denn China steht für rund 30 Millionen Tonnen Edelstahlproduktion im Jahr. Sollten dort nachhaltig 5% mehr eingesetzt werden, entspricht das einer Menge von 1,5 Millionen Tonnen Edelstahlschrott und die sind nicht mal eben so in der erforderlichen Qualität verfügbar.

Die europäischen Edelstahlrecycler verfügen über das größte Know-how in der Aufbereitung, denn schließlich wurde der nichtrostende Edelstahl in Europa erfunden und es besteht auch die längste Historie und Erfahrung im Einsatz dieses nachhaltigen Rohstoffs. Den höheren Schrottanteil bekommt nach Recherchen der Korrespondenten von Fastmarkets auch die Nickel Pig Iron (NPI)-Produktion zu spüren, nachdem die NPI-Preise in diesem Jahr neue Höchststände erklommen hatten. Der Edelstahlschrott erfüllt in China offensichtlich eine ausgleichende Funktion, denn die Volatilität soll deutlich geringer sein, als die des NPI, berichten zumindest einzelne Edelstahlproduzenten.

Mit der deutlichen Erholung der zunächst Covid-19 bedingten, reduzierten Edelstahlverarbeitung steht nun in China wohl auch wieder mehr Edelstahlschrott zur Verfügung, was in Europa so noch nicht uneingeschränkt der Fall ist. Aber selbstverständlich ist nicht für jeden Produzenten in China eine Erhöhung des Schrotteinsatzes ohne weiteres möglich, sei es wegen der oben beschriebenen technischen Restriktionen der eingesetzten Ofeninfrastruktur, sei es wegen des fehlenden Zugangs zu ausreichenden Mengen an Edelstahlschrott.

Die bisherige Regulierung der Schrottimporte durch Kontingente ist ein weiterer Grund für die geringe Verfügbarkeit, doch das wird sich mit den von den chinesischen Behörden geplanten Anpassungen in der Regulierung bald ändern. Professionell aufbereitete Sekundärrohstoffe, wie diese zum Beispiel in Europa Einsatz finden, sollen die Grenze ungehindert passieren dürfen. Auch könnte das Aufbereitungs-Know-how zu einer insgesamt höheren Verfügbarkeit führen, denn bislang werden die Schrotte noch nicht hinreichend effizient eingesetzt. Und auch das Umweltbewusstsein der chinesischen Mittel- und Oberklasse steigt, so dass die Internalisierung negativer Klimakosten aus der energieintensiven Produktion von Primärrohstoffen wie in der Europäischen Union nur eine Frage der Zeit ist.

Insofern sollte der Trend steigender Einsatzraten von Edelstahlschrott in China anhalten, denn bislang sind die Quoten im Vergleich mit anderen entwickelten Wirtschaftsregionen wesentlich geringer und auch deutlich niedriger als der weltweite Durchschnitt.

Die Automobilindustrie setzt auf Nickel
Der Unternehmer Elon Musk sorgt weiterhin für Fantasien im Nickelmarkt. So versprach der Tesla-Gründer Ende September in drei Jahren würden die eigenen Herstellungskosten von Batterien um 56% günstiger sein, während sich die Leistung um 16% erhöht, verglichen mit dem aktuellen Niveau. Dies soll durch einen höheren Nickelanteil im Verhältnis zu Kobalt, erreicht werden. Dazu plant das Unternehmen Nickel in pulverisierter Form zu verwenden anstelle von Sulfat. Nickel ist das günstigste und zugleich energiereichste Material, so Musk. Einige Wochen später berichtete Glencore CEO Ivan Glasenberg während des Financial Times Mining Summit von Gesprächen mit Automobilherstellern, ohne ein konkretes Unternehmen zu nennen.

LME (London Metal Exchange)

LME Official Close (3 Monate)
19. Oktober 2020
  Nickel (Ni) Kupfer (Cu) Aluminium (Al)  
Official Close
3 Mon.Ask
15.704,00
USD/mt
6.773,50
USD/mt
1.859,00
USD/mt
 
LME Bestände in mt
  21. September 2020 19. Oktober 2020 Delta in mt Delta in %
Nickel (Ni) 236.502 237.342 + 840 + 0,36%
Kupfer (Cu) 78.425 183.900 + 105.475 + 134,49%
Aluminium (Al) 1.499.100 1.406.550 – 92.550 – 6,17%

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