China will mit Öffnung der Staatsreserven die Metallpreise dämpfen. Grundsätzlich ist das Land Verfechter einer opportunistischen Rohstoffpolitik. Handelsrestriktionen und Auslandsinvestitionen als Instrumente.

Nickel zunächst etwas leichter, aber gut unterstützt. Für 2023 angekündigte Zinsschritte der Federal Reserve der USA sorgen bei allen Basismetallen für Korrektur. Verfügbarkeit der Rohstoffe und Schrotte gering.

Goldman Sachs und andere träumen von neuem Superzyklus. Die Energie- und Verkehrswende macht es möglich. Dennoch dürften die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Schritt für Schritt ist gesünder.

LME öffnet den Ring und antwortet auf die Kommentare zum Strategiepapier. USA wollen Allianzen um Batterierohstoffe zu sichern. Studie bescheinigt Nickel eine bedeutende Zukunft.

China will Staatsreserven freigeben
China beeinflusst die Rohstoffmärkte nicht nur durch das enorme Wirtschaftswachstum der letzten Dekaden und die damit verbundene Rohstoffnachfrage, sondern das Schwergewicht versucht auch über marktwirtschaftliche Abläufe hinaus Rohstoffpreispolitik zu betreiben. Einstmals gelang es nur dem Präsidenten und Urgestein der US-Notenbank Fed, Alan Greenspan, lediglich durch ein Hüsteln den US-Dollarkurs zu bewegen. Heute will es ihm die chinesische Regierung gleichtun, was die für die weitere Entwicklung der Volkswirtschaft wichtigen Rohstoffpreise angeht. Denn Rohstoffpreissteigerungen können nicht nur Inflation auslösen, sondern auch geplantes Wachstum bremsen.

Aus diesem Grund hatte die chinesische Regierung angekündigt, die Märkte eng zu beobachten und Preise notfalls zu regulieren, sollte sich die Situation nicht beruhigen. Zuletzt wurde in diesem Zusammenhang durch die chinesische National Food and Strategic Reserves Administration bekannt gegeben, dass geplant sei, strategische Reservebestände einschließlich Kupfer, Aluminium und Zink, im Rahmen von Bieterverfahren an heimische Nicht-Eisenmetall-Produzenten und -Verarbeiter abzugeben.

Bereits in der Vergangenheit war China im Rohstoffbereich stets opportunistisch unterwegs, wenn es um die Rohstoffversorgung des Landes ging. Sei es durch Protektionismus und entsprechende Handelshemmnisse, um wichtige Rohstoffe im Land zu halten, sei es durch globale Netzwerke, Investitionen und Abhängigkeiten, die wichtige Rohstoffe zum Beispiel in den afrikanischen Ländern, aber auch Nickelerze und Nickel Pig Iron in Indonesien sichern sollten. Aber wer will das einem Land mit einer Bevölkerung von 1,4 Milliarden Menschen auch verdenken.

Und das kommunistische China hat auch nie von sich behauptet, eine Demokratie und liberale Marktwirtschaft oder gar ein Verfechter des Freihandels (mit der Ausnahme, wenn es um die eigenen Exporte geht) zu sein. „China first“ ist also ein Fakt. Und so ist es bei einem Weltmarktanteil von 50% und mehr am Verbrauch nahezu der meisten Rohstoffe nicht verwunderlich, dass sich nach den Ankündigungen nicht nur eine höhere Volatilität einstellte, sondern sich auch die meisten Basismetalle einschließlich Kupfer, Aluminium und Nickel ein wenig moderater zeigten.

Höhenflug erst einmal gebremst
Der Durchmarsch der Notierungen wurde erst einmal gestoppt und um es klar zu sagen, das ist auch gesund so. Zwar ist es nur logisch, dass die Rohstoffpreise als Folge des Ausgleichs von Angebot und Nachfrage, ganz klassisch und der volkswirtschaftlichen Lehre folgend, gestiegen sind. Allerdings erinnerten Geschwindigkeit und Höhe der Anstiege mancher nicht börsengehandelter Rohstoffe manchmal eher an das konzertierte Handeln der Reddit-Trader bei der GameStop-Aktie. Und analog sei auch gewarnt, dass sich viele Rohstoffmärkte aus verschiedenen Gründen (Kompensation durch aufgeschobene Nachfrage, Parallelität der Erholung, Logistikeinschränkungen, etc.) aktuell in einer Flaschenhals-Situation befinden, wo das Angebot stottert.

Das gilt im Übrigen auch für Stahl- und Edelstahlschrott, wo der stets hohe Bedarf auf eine nur ungenügende Verfügbarkeit trifft. Signifikante Mengen lassen sich nur durch hohe Preise sichern, denen aber aktuell noch das Äquivalent auf der Abnehmerseite fehlt. Und an der gegenwärtigen Rückkehr der Verkäufermärkte kann es keinen Zweifel geben, auch wenn die Käufer ihre Zweifel gerne zur Schau stellen. Hier spricht mancher Dichter auch gerne davon, dass der Wunsch Vater des Gedankens war. Aber das ist sicher auch kein Grund abzuheben, denn die Situation, insbesondere bei den Primärrohstoffen, wird sich auch wieder normalisieren. Dann kommt einer und haut von hinten auf die Ketchup-Flasche und von heute auf morgen sind die Preise wieder im Sinkflug. Die Blase entleert sich.

Rohstoffnachfrage ist längerfristigen Änderungen unterworfen
Allerdings darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in der Tat gewisse Anzeichen für einen längerfristigen Rohstoffzyklus gibt. Manche, wie zum Beispiel Goldman Sachs sprechen gar von einem neuen Superzyklus, aber so weit muss man vielleicht gar nicht gehen. Die globale Energiewende sorgt, nicht nur vor dem Hintergrund des Klimawandels, für eine erhebliche Zusatznachfrage nach Basismetallen und anderen Rohstoffen für die technische Ausstattung und erforderlichen Infrastrukturinvestitionen. Dieser Technologiesprung wird längerfristig und im Durchschnitt für eine solide Unterstützung und einen Aufwärtstrend bei den Rohstoffpreisen sorgen.

Tägliche Kursspitzen eignen sich natürlich nicht zum Nachweis und werden auch zukünftig die Preisentwicklung begleiten, die ebenso auch weiterhin Preiskorrekturen beinhalten wird. Denn die Preise, insbesondere der börsengehandelten Rohstoffe, werden in der kürzeren Frist auch noch von anderen, teilweise sogar rohstoffmarktunabhängigen Faktoren beeinflusst. So handelt Nickel an der London Metal Exchange (LME) derzeit zwar stabil auf einem höheren Niveau, zuletzt aber vermutlich vor dem Hintergrund der chinesischen Verlautbarungen etwas leichter mit Notierungen um USD 17.500,00/mt und damit im Einklang mit dem ebenfalls leichteren Kupfer und nicht ganz so ausgeprägten Aluminium.

Wenn die Preise steigen, ist Jim Rogers nicht weit
Was einen möglichen neuen Superzyklus angeht, erwartet Goldman Sachs durchweg steigende Rohstoffpreise und zwar kurzfristig ebenso wie im weiteren Verlauf. Bereits Ende April wurde eine entsprechende Prognose abgegeben und wenn man sich die Entwicklung der Öl- und Gas- sowie Edel- und Industriemetallpreise anschaut, scheint diese Erwartung nicht völlig abwegig gewesen zu sein. Bei dem hier im Fokus stehenden Legierungsmetall Nickel erwartet die Investmentbank für 2021 einen durchschnittlichen Preis von USD 19.437,50/mt und für 2022 sogar noch etwas mehr mit glatt USD 20.000,00/mt. Die Kurse sind also gut unterstützt und aufwärtsgerichtet, aber wachsen auch nicht vollkommen in den Himmel.

Wenn es um einen Commodity-Superzyklus geht, darf einer nicht fehlen und zwar Jim Rogers, mittlerweile beinahe 80 Jahre alt. Dieser Augur des letzten Rohstoffbooms sowie Ex-Partner von George Soros ist „back on stage“ und verkündet, dass die Rohstoffe gegenwärtig die weltweit günstigste Asset-/Anlageklasse sind. Damit legt er Investoren indirekt den Einstieg nahe. Rogers hatte bereits im Jahr 1998 den Rogers International Commodity Index geschaffen und einen eigenen Rohstofffonds aufgelegt, der sich über die 2000er Jahre sehr gut entwickelt hatte.

Mit der Abkühlung des Booms 2007/2008 war auch von Jim Rogers nicht mehr allzu viel zu hören, aber nun, da die Vorzeichen wieder auf Anstieg stehen, ist er wieder da. Todgesagte leben länger und derzeit geben die Daten dem Rohstoff-Guru Recht. Dennoch ist es im Grunde tragisch, wenn Repräsentanten einer bestimmten Anlageklasse beinahe unverrückbar mit einem bestimmten Preistrend verbunden werden. Bei der naturgegebenen Zyklizität der Märkte, werden diese immer nur in bestimmten, „passenden“ Phasen gerufen, finden daher aber (leider) nicht wirklich durchgehend Gehör.

Ähnlich geht es dem Finanzmathematiker Nassim Nicholas Taleb, der die Theorie der Schwarzen Schwäne begründet hat. In der Folge war es ihm unmöglich, überhaupt noch positive Prognosen abzugeben, weil ihm das Publikum beziehungsweise die Öffentlichkeit diese schlichtweg nicht mehr geglaubt hat. Er war also quasi der Spezialist für die negativen Entwicklungen. Dann lieber Jim Rogers, wobei nun aber klar sein dürfte, dass Jim Rogers da ist, weil die Rohstoffpreise steigen und nicht umgekehrt die Rohstoffpreise steigen, weil Jim Rogers da ist.

LME öffnet wieder den Parketthandel und doch stirbt der offene Handel einen langsamen Tod
Anfang des Monats gab die LME bekannt, ab dem 6. September den Präsenzhandel im offenen Ring wieder aufzunehmen. Wie hier bereits mehrfach berichtet, ist der LME Parketthandel der letzte seiner Art, bei dem Händler in einem Ring, bestehend aus roten Sofas, sich gegenseitig Mengen und Preise zurufen. Zwar ist die Wiedereröffnung des Rings ein Zugeständnis der LME. Dennoch deutete LME CEO Matthew Chamberlain an, dass die LME mittelfristig darauf hören muss, was der Markt tatsächlich möchte, womit er offenbar meinte, die Zukunft gehört dem elektronischen Handel und der Ring ist ein Relikt der Vergangenheit.

Seitdem der elektronische Handel an der LME in den frühen 2000er Jahren begann, wurde die Zukunftsfähigkeit des Rings in Frage gestellt. Seit der Handel an den weltweiten Börsen überwiegend elektronisch abgewickelt wird, spielen die ikonischen Handelsräume nur noch eine untergeordnete Rolle. Den Börsenjargon, unterstützt durch Gestiken, sieht man heutzutage nur noch in alten Kinofilmen. Kritiker ätzen, dass das Börsenparkett der New York Stock Exchange nur noch ein Hollywoodstudio ist. Die eigentlich Preisfindung findet im Rechenzentrum der NYSE in New Jersey statt. So beendete die New York Mercantile Exchange den analogen Handel schon vor Jahren, während die Chicago Mercantile Exchange Group erst kürzlich bekannt gab, dass der persönliche Handel für landwirtschaftliche Finanzprodukte nicht wieder aufgenommen wird.

LME CEO Matthew Chamberlain antwortet auf LME Diskussionspapier zur Marktstruktur
In der Märzausgabe wurde über ein Diskussionspapier der LME berichtet, das auf breiten Widerstand im Markt stieß. Dabei ging es unter anderem um die Umstellung der Berechnungsmethode für das Clearing, was zur Folge gehabt hätte, dass die LME für die Realwirtschaft an Charme einbüßt. LME CEO Matthew Chamberlain bat den Markt um dessen Meinung. Es ließen sich nicht wenige Experten und Expertinnen nehmen, dazu Stellung zu nehmen.

Vor einigen Tagen bedankte sich der CEO per E-Mail für das Feedback bei allen Teilnehmenden und nahm offiziell Stellung zum weiteren Vorgehen: Die LME rudert zurück und stellt das Clearing nicht um. Dennoch möchte die LME eine Studie durchführen, ob es möglich wäre, Kunden eine Wahlmöglichkeit zwischen den verschiedenen Berechnungsmethoden für das Clearing zu bieten. Wie oben bereits berichtet, wird der Ringhandel wieder aufgenommen. Dennoch schrieb der CEO, dass die Tagesschlusspreise weiterhin elektronisch bestimmt werden, so wie es seit der Covid-19 bedingten Schließung im März 2020 gemacht wurde. In der Zeit vor Corona wurden die Tagesschlusskurse im Ring determiniert. Lediglich die in der Industrie beliebten Referenzkurse werden weiterhin und wieder im Ring festgelegt.

Insgesamt zeigt sich, dass die LME mit ihren Vorstößen hinsichtlich des elektronischen Handels und der neuen Margenmethodik einen progressiven Kurs fährt. Jedoch bevorzugen offenbar die meisten Marktteilnehmer einen weniger investororientierten Kurs. Durch die Wiedereröffnung des Präsenzhandels und des Beibehaltens der alten Margenmethodik macht die LME Zugeständnisse an den Markt. Es zeigt sich jedoch, dass in diesem Zusammenhang langfristig noch nicht das letzte Wort gesprochen wurde.

Die Vereinigten Staaten möchten strategische Allianzen für Batterierohstoffe bilden
Die Vereinigten Staaten möchten sich mit Partnern verbünden, um die Rohstoffe zu sichern, die für die Herstellung von Batterien für Elektrofahrzeuge wichtig sind. Damit diese Strategie umgesetzt werden kann, plant die Regierung von Präsident Joe Biden Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, um internationale Projekte zur Förderung von Metallvorkommen voranzutreiben. Gleichzeitig soll das Metallangebot durch das Recycling von Altbatterien erhöht werden. Eine von der amerikanischen Regierung ins Leben gerufene Arbeitsgruppe prüft zudem, ob Metalle, die in Elektrofahrzeugbatterien und anderen zukunftsweisenden Technologien verbaut werden, auch innerhalb der Vereinigten Staaten gefördert und verarbeitet werden können.

Derzeit sieht sich die amerikanische Regierung in einer Abhängigkeit von China hinsichtlich dieser Rohstoffe. Ziel ist nicht die vollständige Autonomie von China, dem weltgrößten Produzenten von diesen knappen Rohstoffen. Jedoch möchte die amerikanische Regierung, die Abhängigkeit gegenüber China verringern.

Diese Rohstoffstrategie steht auch im Zusammenhang mit den ambitionierten Klimazielen der USA, dass bis 2030 die Mehrheit der in den USA hergestellten Autos elektrisch betrieben werden sollen und bis 2040 jedes Auto auf der Straße elektrisch fahren soll.

Studie bescheinigt Nickel eine bedeutende Zukunft bei der Weiterentwicklung von Batterien
In einer kürzlich veröffentlichten Studie in der Zeitschrift „Mining Review Africa“ wird Nickel als Hauptprofiteur bei der Einführung von Elektrofahrzeugen genannt. Die Studie wurde von Fitch Solutions, einer Einheit der bekannten Ratingagentur Fitch, durchgeführt und befasst sich mit den Chancen und Risiken für Nickel in der Batterieentwickelung, aber auch die Rolle Afrikas bei der zukünftigen Gewinnung des Rohstoffs Nickel.

Afrika verfügt noch über Nickelvorkommen, die bisher ungenutzt blieben. Da in den kommenden Jahren aufgrund eines Angebotsdefizits die Nickelpreise tendenziell steigen werden, könnte Afrika von diesem Preistrend profitieren. Die afrikanische Nickelproduktion wird in den kommenden Jahren voraussichtlich steigen. Daran werden die Länder Südafrika und Tansania am meisten partizipieren.

Nickel besticht gegenüber anderen Metallen mit einer hohen Energiedichte, dessen Einsatz einen klaren Vorteil in Bezug auf die Reichweite und Ladekapazität von Elektrofahrzeugen bringt. Daher wird der Nickelanteil sich weiter erhöhen, während der Anteil an Kobalt sich hingegen verringern wird, resümierten die Experten von Fitch Solutions.

LME (London Metal Exchange)

LME Official Close (3 Monate)
17. Juni 2021
  Nickel (Ni) Kupfer (Cu) Aluminium (Al)  
Official Close
3 Mon.Ask
17.316,00
USD/mt
9.456,50
USD/mt
2.407,00
USD/mt
 
LME Bestände in mt
  19. Mai 2021 17. Juni 2021 Delta in mt Delta in %
Nickel (Ni) 252.072 238.602 – 13.470 – 5,34%
Kupfer (Cu) 117.075 143.750 + 26.675 + 22,79%
Aluminium (Al) 1.759.675 1.628.800 – 130.875 – 7,44%

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