Nickel stabil auf niedrigerem Niveau. Abschwächung des US-Dollars. Null- und Negativzinsen sorgen für Anreize. Nickel hinkt Entwicklung bei Kupfer und Aluminium hinterher oder hat Korrektur vorweggenommen.

Nickel Armageddon. Erklärungsversuche. Chat Dienst WeChat soll mitverantwortlich sein. Mittelfristige Versorgungssituation im Fokus. Tsingshan erwartet 2023 eine um 300.000 Tonnen höhere Nickelproduktion.

Indonesien könnte einen Anteil an der Weltnickelproduktion von 56% erreichen. Wird sich die Elektromobilität durchsetzen? Derweil möchte das Europäische Parlament einen CO2-Grenzausgleich einführen.

Das Virus macht auch was es will. Hypothesen gelten in der Wissenschaft nur solange bis diese falsifiziert werden. Mehr Datengranularität wäre zum besseren Verständnis ein großer Fortschritt.

Nickel stabil auf niedrigerem Niveau
Der Kupferpreis an der London Metal Exchange (LME) bewegt sich in Sphären, die man seit beinahe einer Dekade nicht gesehen hat. Auch der Aluminium-Future befindet sich auf einem Höhenflug. Sicher spielt die zunehmende Erholung der Weltwirtschaft während der fortschreitenden Pandemie eine Rolle, aber man darf auch das spekulative Interesse in diesen umsatzstarken Industriemetallen nicht unterschätzen.

Auch die derzeitige Abschwächung des US-Dollars gegenüber den anderen Leitwährungen spielt hier sicher eine Rolle, macht diese doch die in US-Dollar notierten Rohstoffe relativ günstiger. Die Zentralbanken pumpen nach wie vor Unmengen billigen Geldes in die Märkte und setzen damit Anreize bzw. sorgen für Marktverzerrungen. Bei Negativ- und Nullzinsen sind lukrative Anlagemöglichkeiten nur schwer zu finden und so finden durchaus erhebliche Geldströme ihren Weg in die Aktien- und auch Rohstoffmärkte.

Das gilt aber, wie schon die letzte Kurskorrektur zeigt, nicht analog auch für Nickel. Höchststände von einstmals USD 50.000,00/mt und mehr liegen trotz der Elektromobilitätsphantasien in weiter Ferne und wären auch sicher nicht gesund. Der tendenziell, relativ enge Futures-Markt ist weder etwas für schwache Nerven und schon gar nichts für Greenhorns und Juniorspekulanten. Jedoch konnte sich die Nickelnotierung, wie schon in dieser Publikation erwartet, auf dem niedrigeren Niveau klar stabilisieren. Die Unterstützung des Marktes bei rund USD 16.000,00/mt blieb in Kraft. Ausbrüche nach unten blieben daher aus. Aktuell handelt das Legierungs- und Batteriemetall bei rund USD 16.200,00/mt.

Erklärungsversuche für die Korrektur
Was nachträgliche Erklärungsversuche für den Nickelpreisrückgang angeht, melden sich nun natürlich insbesondere diejenigen, die die vorherige Kursrally nicht haben kommen sehen. Diese proklamieren nun für sich, die fehlende Nachhaltigkeit der Aufwärtsbewegung bereits Monate im Voraus erkannt zu haben. Unter dem schönen Titel „Nickel Armageddon – assessing the impact“ macht sich die Investment- und Rohstoffbank Macquarie Gedanken, was die Ursache des Kursrückgangs um fast 20% von der Spitze gewesen sein könnte.

Nicht unwahrscheinlich könnte, neben den bereits hier vorgetragenen Einflüssen der erheblichen und plötzlichen Bestandszunahmen der Börsenlagerbestände bei Nickel im Zusammenhang mit der Greensill-Pleite, eine Enthüllung auf dem in China verbreiteten Smartphone Chat-Dienst WeChat gewesen sein. Es wurde verbreitet, dass der chinesisch-indonesische Nickelproduzent Tsingshan einen Vertrag mit der chinesischen Batterieindustrie zur Lieferung ab Oktober dieses Jahres abgeschlossen hätte. Was aber daran entscheidend war, ist, dass eine weitere Nachricht, die für 2023 erwartete Nickelproduktion von Tsingshan auf 1,1 Millionen Tonnen bezifferte und damit satte 300.000 Tonnen höher, als von den meisten Analysten erwartet.

Eine solch bedeutende Nickelmenge hat natürlich einen Einfluss auf die mittelfristige Versorgungssituation und damit auch auf die Preiserwartungen. Längst ist in diesem Zusammenhang in der betriebswirtschaftlichen Lehre und Forschung bekannt, so Macquarie, dass echte Marktführer durchaus einen gewissen Preissetzungsspielraum haben. Durch ihr Handeln sind diese in der Lage Preise in die eine oder andere Richtung und die Wettbewerber damit in die Verzweiflung zu treiben. Die Beurteilung, ob ein möglicherweise von Tsingshan in dieser Richtung ausgelöster Preiskollaps im ureigenen Interesse eines Nickelproduzenten liegt, überlässt der Autor dabei gerne den Lesern und Leserinnen.

Indonesien baut seine Position weiter aus
Sicher ist aber richtig, dass man folgende Entwicklungen im Auge behalten muss: Indonesien könnte bis 2025 durch offensichtlich schier unerschöpfliche Erz-Reserven, so die Analyse von Macquarie, einen Anteil am globalen (Primär-)Nickelangebot von 56% erreichen. Aus den damit verbundenen Mengen lassen sich, trotz optimistischer Schätzungen bezüglich Edelstahlproduktion sowie Elektromobilität und Batterienachfrage, keine wirklich akuten Versorgungsengpässe herleiten. Neben Tsingshan haben auch Produzenten wie Delong und Ningbo Lygend die Startphase längst hinter sich gelassen. Andererseits sind chinesische Zahlen immer auch mit einer gewissen Vorsicht zu genießen und dienen selten ausschließlich statistischen Motiven. Daten aus manchen Quellen sind immer auch Instrumente, um etwas zu erreichen.

Ebenfalls ist zu beachten, dass zu ambitionierte Nickelnotierungen, auch einen bremsenden Einfluss auf die Verwendung dieses Metalls in der Batterieproduktion haben könnten. Zusätzlich muss es sich, trotz aller gegenwärtiger Euphorie, langfristig erst noch beweisen, inwieweit eine reine Elektromobilität tatsächlich die unumstrittene Antriebstechnologie der Zukunft ist oder doch nur eine Brückentechnologie zu einem anderen längerfristigen Antriebszeitalter. Und, die bei der Herstellung von Roh- und Werkstoffen entstehenden Emissionen und weiteren negativen externen Effekte stehen immer mehr im Fokus der Regierungen, auch in Asien. Am 19. April 2021 teilte das chinesische Industrieministerium mit, dass es in diesem Jahr Berichte über die Energieverbräuche in energieintensiven Branchen erstellen will, um Energieeinsparungen und Energieeffizienz zu fördern. Eine Verantwortung und Verantwortlichkeit für den Klimawandel sind hier deutlich spürbar.

Dieser Diskussion wird man auf Sicht auch in Indonesien nicht aus dem Weg gehen können und auch nicht nachstehen wollen, es sei denn man wollte sich dafür entscheiden, als die Dreckschleuder der Region zu gelten. Die bisherige Strategie zur Erhöhung von Wertschöpfung und Umweltschutz lassen anderes erwarten. Bei einer echten Internalisierung der externen Kosten in den Preismechanismus würden die Karten wiederum neu gemischt. Heute vielleicht noch Zukunftsmusik, aber vermutlich nicht in so weiter Ferne wie manche denken. Vor zehn Jahren hat sicher auch noch keiner glauben können, dass die Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ in Deutschland einmal eine Kanzlerkandidatin nominieren würde.

Europäisches Parlament möchte einen CO2-Grenzausgleich einführen
Die EU möchte Importe von Produkten verteuern, die unter klimaschädlichen Bedingungen hergestellt werden. Am 10. März 2021 unterstützte das Europäische Parlament diese Idee für einen CO2-Grenzausgleich, dennoch gibt es einige offene Punkte. Der Mechanismus mit der Bezeichnung „Carbon Border Adjustment Mechanism“ zur Besteuerung klimaschädlicher Importe entstand vor dem Hintergrund des Green Deals und dient gleichzeitig zum Schutz des Klimas und der europäischen Wirtschaft.

Bis zum Jahr 2030 sollen die europäischen Staaten den Ausstoß von CO2 und anderen schädlichen Gasen um 55% im Vergleich zu 1990 senken. Mit dem Maßnahmenpaket für die europäischen Unternehmen, das im Juni 2021 vorgestellt wird, läuft die Europäische Kommission Gefahr, dass klimaschädliche Produkte zukünftig außerhalb der EU in Drittländern produziert und dann importiert werden.

Im schlimmsten Fall könnten gleichzeitig internationale Produzenten die hohen Standards der EU unterlaufen, Jobs in der EU verloren gehen und dennoch der Ausstoß schädlicher Gase nicht verringert werden. Über die genaue Funktionsweise des komplizierten Mechanismus wird derzeit noch diskutiert. Das Europäische Parlament beschloss allerdings, dass dieser spätestens 2023 in Kraft treten soll.

Auch der europäische Stahlverband EUROFER befürwortet den CO2-Grenzausgleich. Nach Ansicht des Verbands können nur über eine solche Maßnahme faire Wettbewerbsbedingungen auf dem europäischen Stahlmarkt erreicht werden. Darüber hinaus bietet eine längere Übergangszeit Möglichkeiten für Verhandlungen, wie andere Regionen dem Weg Europas bei der Dekarbonisierung folgen können, so ein Sprecher des Verbands.

Fairer Handel ist notwendig und wünschenswert
Die statistischen Daten des Jahres 2020 zeigen, dass Covid-19 bedingt sowie durch Maßnahmen der Europäischen Union (Safeguard Measures und Anti-Dumping) die Importe für zum Beispiel indonesischen Edelstahl zurückgegangen sind. Die ergriffenen Maßnahmen erzielen offenkundig die beabsichtigte Wirkung, einen fairen weltweiten Handel zu gewährleisten. Auch aus diesem Grund sehen sich die europäischen Edelstahlproduzenten nach langen Jahren endlich wieder einer stärkeren, heimischen Nachfrage nach rostfreiem Edelstahl gegenüber.

Mehr als fragwürdig mutet dabei ein Beitrag für das Online-Magazin marketSTEEL an, der von einer Stahlversorgungskrise spricht und zur Linderung einen möglichst freien und flexiblen Zugang zu Importen fordert. Diese Forderung kommt nicht zufällig, denn zum 30.06.2021 steht eine Überprüfung der Verlängerung der von der EU eingeleiteten protektionistischen Maßnahmen an. So fabuliert der Autor von einer offensichtlichen Mangelwirtschaft in einem von Überkapazitäten geprägten Markt, ohne jedoch zu erwähnen, dass massive Überkapazitäten in den letzten zwanzig Jahren in Asien und insbesondere China geschaffen wurden. Der folgende ruinöse Wettbewerb führte zu einem dramatischen Preisverfall. Man kann es daher nur als erfreulich bezeichnen, dass die Edelstahlpreise nach langen Jahren der Entbehrung endlich einmal wieder auf ein faires Niveau gestiegen sind.

Was dieser opportunistische Vertreter ebenfalls verschweigt, ist, dass die mit ihm befreundeten Stahlverarbeiter die europäische Edelstahlindustrie, in den Jahren vor Einführung der notwendigen Schutzmaßnahmen, zu Gunsten der Wettbewerber aus China, Taiwan und Indonesien regelmäßig nicht berücksichtigt haben. Denn die Preise der hochsubventionierten und nicht selten unter klima- und umweltschädlichen Bedingungen erzeugten Stähle waren artifiziell niedriger und davon wollte man nur zu gerne profitieren. Dass man damit mittelfristig die Interessen des eigenen Wirtschaftsraums unterlief, spielte keine Rolle. Kaum waren aber die Lieferketten durch die Pandemie und exorbitante Frachtraten unterbrochen, stand man gerne wieder bei den europäischen Herstellern auf der Matte. Jetzt waren diese plötzlich wieder gut genug, um die Löcher zu stopfen.

Das Virus gibt weiterhin Rätsel auf
Getreu dem deutschen Sprichwort „April, April, der macht was er will“ hält sich auch das Coronavirus nicht an einschlägige Erwartungen oder Regeln. War man davon ausgegangen, das Frühjahr und die höheren Temperaturen würden die Infektionszahlen reduzieren, muss man in Deutschland gerade das Gegenteil feststellen. Trotz des seit November 2020 bestehenden Lockdowns, befinden sich die Inzidenzen in Deutschland nach wie vor auf hohen bis steigenden Niveaus, bei einem nur kurzen Zwischentief. Zaghafte Öffnungsschritte werden derzeit sukzessive wieder zurückgedreht.

Auf der anderen Seite gehen die Infektionen im amerikanischen Bundestaat Texas entgegen aller Warnungen und trotz Öffnungen und Aufhebung der Maskenpflicht zurück, während zur gleichen Zeit in Chile, einem Land mit einer Impfquote von über 40 Prozent, die Infektionen wieder in die Höhe schnellen. Die nach zunächst bestehenden Vermutungen als tödlicher befürchtete, sogenannte Britische Mutation – auch heute versucht man offenbar, wie schon zu Zeiten der Spanischen Grippe, einzelne Länder in Verruf zu bringen – stellte sich nach Veröffentlichungen von wissenschaftlichen Studien wohl als ansteckender, aber eben nicht gefährlicher heraus. Nicht einmal kann die von der WHO durchgeführte Mission in Wuhan in China ausschließen, dass das Virus nicht vielleicht doch aus einem Labor stammt. Nichts Genaues weiß man nicht.

Daten fehlen, Hypothesen dominieren
Wenn man also ehrlich ist, dominieren nach wie vor Hypothesen die Diskussion und nicht Fakten. Nichts scheint ausgeschlossen. Von daher muss man sich weiterhin darüber im Klaren sein, dass sich die Menschheit, wie hier bereits diskutiert, auf einem Langstreckenlauf befindet. Und selbst der Chef des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler machte in einem Vortrag anlässlich des 127. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin in Stuttgart deutlich, dass sich das neue Coronavirus nicht ausrotten lässt. Insofern würde man lernen müssen, mit diesem Virus zu leben, wird er in den Medien zitiert. In der Tat ist es auch nicht völlig abwegig, dass dies so ist und auch gelingen kann, denn die Menschen leben ja auch heute schon mit anderen Coronaviren zusammen.

Allerdings ist das neue Coronavirus augenscheinlich eines für das menschliche Immunsystem neues und für bestimmte Bevölkerungs- und Altersgruppen besonderes gefährliches noch dazu. Ein Schlüssel zu einem besseren Verständnis wären verlässliche und hinlänglich detaillierte Daten. Diese sind aber, auch nach über einem Jahr Pandemie in Deutschland, noch immer nicht verfügbar, weil diese nicht strukturiert erhoben werden. Dabei könnten diese helfen, die Dinge wesentlich besser zu verstehen.

Damit könnte man vielleicht auch die in weiten Teilen der Bevölkerung bestehenden, tiefen Urängste vor der unsichtbaren Bedrohung zumindest etwas relativieren. Impfungen, so scheint es inzwischen, werden nicht allein zum Erfolg führen. Auch fordert eine immer größere Zahl an Wissenschaftlern neben den Inzidenzen der positiven Testergebnisse und den Todeszahlen auch noch weitere aussagekräftige und valide Daten systematisch und in Verbindung mit weiteren sozio-demographischen Merkmalen zu erheben, wie zum Beispiel die Zahl und Charakteristika der wegen Covid-19 ins Krankenhaus eingelieferten Patienten.

LME (London Metal Exchange)

LME Official Close (3 Monate)
22. April 2021
  Nickel (Ni) Kupfer (Cu) Aluminium (Al)  
Official Close
3 Mon.Ask
16.054,00
USD/mt
9.448,00
USD/mt
2.368,50
USD/mt
 
LME Bestände in mt
  22. März 2021 22. April 2021 Delta in mt Delta in %
Nickel (Ni) 259.308 264.246 + 4.938 + 1,90%
Kupfer (Cu) 113.900 158.975 + 45.075 + 39,57%
Aluminium (Al) 1.964.025 1.802.450 – 161.575 – 8,23%

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